1712 - Verflucht bis in den Tod
betrete diese neue Welt …«
Chandra hatte genug gesprochen. Jetzt musste sich beweisen, ob sie Erfolg hatte.
Wladimir Golenkow saß in seinem Rollstuhl, ohne sich zu bewegen. Er ließ sich sonst nicht von irgendeinem Hokuspokus fesseln. In diesem Fall war jedoch alles anders, denn das Geschehen war real.
Zwar schaffte er es aus seiner Position nicht, die Gestalt genau zu erkennen, die in diesem Steinaltar lag, aber er bekam mit, dass sich dort etwas bewegte.
Sekunden später erschien eine bleiche Hand, die sich auf den Altarrand legte …
***
Für uns stand fest, dass der Weg zur Kapelle nicht mehr weit war, auch wenn wir den Bau noch nicht entdeckt hatten, der sich in diesem Wald versteckte.
Irgendwelche Bewegungen fielen uns nicht auf. Dennoch blieben wir vorsichtig. Wir hielten die Augen offen, um erkennen zu können, wenn eine Veränderung eintrat.
Bei den ersten Metern tat sich nichts. Dazu muss ich sagen, dass wir den Weg verlassen hatten und einen nahmen, der nicht so bequem war. Wir schlängelten uns durch die Lücken zwischen den verschneiten Bäumen, stießen hin und wieder an tiefere Äste und konnten nicht vermeiden, dass sich der Schnee löste und auf uns nieder fiel.
An den Wegrand traten wir erst, als wir so weit gekommen waren, dass wir den anderen Wagen sahen, der auf dem Weg parkte und dessen Front auf die kleine Kirche gerichtet war, die auf einer Lichtung im Wald stand.
Die Tür stand offen.
Von Chandra und Wladimir war nichts zu sehen, was Karina ein wenig enttäuschte. Ich hörte den brummigen Laut, den sie ausstieß. Obwohl die nicht geschlossene Tür für uns eine Einladung darstellte, waren wir vorsichtig.
»Sie halten sich in der Kapelle auf«, flüsterte mir Karina zu.
Den Beweis erhielten wir sofort danach, denn jemand, den wir trotz des flackernden Kerzenlichts im Innern der Kapelle nicht sahen, drückte die Tür von innen wieder zu.
»Was soll das denn, John?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Sie wollen unter sich bleiben. Und wenn du genau hinschaust, dann siehst du auch die Spuren, die von den Rädern des Rollstuhls stammen.«
Kurze Zeit später gab sie mir durch ihr Nicken zu verstehen, dass auch sie es gesehen hatte.
Wir mussten überlegen, wie es weitergehen sollte. So einfach kamen wir nicht in das Innere der Kapelle. Wir wussten auch nicht, wie viele Personen sich dort aufhielten. Dabei reichte uns Chandra schon als Gegnerin.
»Könnte es möglich sein, dass es einen zweiten Eingang gibt? Zum Beispiel an der Rückseite?«, flüsterte ich Karina zu.
»Möglich. Aber so gut kenne ich mich mit Kapellen auch nicht aus. Ich bin in einer Zeit groß geworden, da waren sie und die Kirchen ein Tabu.«
Noch schauten wir aus der Entfernung zu und standen dabei in Deckung. Wir sahen den Transporter, der nicht zu übersehen war, und plötzlich fiel mir etwas auf.
Der Wagen bewegte sich leicht.
Und zwar dort, wo der Fahrer seinen Sitz hatte. Da fing er an, leicht zu schaukeln.
Karina war es nicht aufgefallen, sie hatte woanders hingeschaut. Ich stieß sie an und machte sie leise auf das Geschehen aufmerksam.
»Hast du dich nicht geirrt?«
»Nein!«
Sie verdrehte die Augen und dachte nur eine Sekunde nach. »Das kann nur bedeuten, dass sich jemand im Führerhaus befindet, der wohl ein wenig Gymnastik machen will.«
»Denke ich auch.«
Sie stieß die Luft aus. »Dann haben wir wohl Glück gehabt, dass wir noch nicht näher an die Kapelle herangegangen sind.«
»Das sehe ich auch so.«
Das kleine Gebäude war für uns im Moment nicht mehr wichtig. Eine Durchsuchung mussten wir auf später verschieben. Erst mal mussten wir versuchen, herauszufinden, ob wir uns nicht geirrt hatten.
»Wie machen wir es?«, flüsterte ich.
»Es ist wohl am besten, wenn wir sie in die Zange nehmen.«
»Einverstanden.«
Wir ließen uns noch wenige Sekunden Zeit, um die Umgebung unter Kontrolle zu halten. Als alles ruhig blieb, schlichen wir los. Jetzt kam es darauf an, nicht bemerkt zu werden. Wir mussten den tiefer hängenden Zweigen ausweichen. Bei einer Berührung wäre bestimmt wieder Schnee von ihnen gefallen, das hätte durchaus gesehen werden können, wenn ein Mann hinter dem Steuer saß und ab und zu mal in die Spiegel schaute.
Ich bewegte mich auf die Fahrertür zu, Karina nahm die andere Seite. So behutsam wie möglich drückten wir unsere Füße in den Schnee, denn wir wollten die dabei nicht zu verhindernden Geräusche so schwach wie möglich halten.
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