1713 - Carlotta und die Vogelmenschen
Beine zu gelangen.
Den fand er auch.
Es war eine Hand!
Im ersten Augenblick schrie er auf, weil er damit rechnen musste, dass ihn einer der Vogelmenschen erreicht hatte. Wenig später wurde er eines Besseren belehrt, denn er hörte eine Stimme, die ihm Vertrauen einflößen sollte.
»Keine Sorge, Edwin, ich gehöre nicht zu denen.«
»Und wer bist du?«
»Sag Johnny zu mir.«
»Was willst du denn?«
»Ich versuche, uns von hier wegzubringen.«
Edwin sagte nichts. Er ließ sich auf die Beine ziehen, aber Johnny drückte ihn sofort wieder nieder, sodass beide nur eine gebückte Haltung einnahmen.
»Bleib geduckt und halte dich an meiner Hand fest. Wir werden versuchen, aus dem Wald zu fliehen. Nicht weit entfernt steht mein Auto. Das müssen wir einfach schaffen.«
»Ja, ich gehe mit dir!«
Johnny hatte nicht nur dem Blinden Mut gemacht, auch sich selbst. Denn dass sie entkommen würden, stand noch längst nicht fest. Da galt es, zahlreiche Hindernisse zu überwinden, und die Gegner, die ihnen im Nacken saßen, waren gnadenlos.
Johnny wusste nicht, ob er bereits von den Typen mit den Vogelköpfen gesehen worden war. Er hoffte nicht, denn sie warteten wohl darauf, dass ihre Helfer erscheinen würden, um das Opfer zu jagen und es letztendlich zu töten.
Die Dunkelheit gefiel Johnny nicht, sie machte ihn zwar nicht blind, aber die Hindernisse sah er oft genug recht spät und manchmal auch gar nicht.
Er konnte auch nichts dagegen tun, dass Edwin öfter hinfiel. Dann half er ihm wieder auf die Beine, auch wenn es dem Mann wehtat.
Noch hatten die Vögel die Jagd auf ihn nicht begonnen. Es konnte auch sein, dass sie damit so lange warteten, bis ihr Opfer den Waldrand erreicht hatte, wo sie dann am besten zuschlagen konnten.
Johnny hoffte, dass es noch andauerte, aber diese Hoffnung starb in den nächsten Sekunden, als er über sich nicht nur die krächzenden Vogelschreie hörte, sondern auch das Rauschen der Schwingen. Da war ihm klar, dass ein erster Angriff dicht bevorstand …
***
Carlotta hatte es geschafft und war ungesehen in die Krone eines Baums gelangt.
Dort blieb sie auch sitzen. Zwar hatte sie keinen perfekten Ausblick in den Wald, weil es dort viele Hindernisse gab, die ihr eine Sicht erschwerten, aber sie sah die helle Insel weiter vor sich und auch die Gestalten, die sich da abmalten.
Von Johnny bekam sie nichts zu sehen. Dafür hörte sie, was diese Menschen vorhatten und welch ein Motiv ihr Antrieb war.
Und sie hörte auch von Mandragoro, über den sie mit Johnny gesprochen hatte. Er hatte ihr sogar mal zur Seite gestanden, als sie gegen einen Werwolf gekämpft hatte.
Würde das heute in dieser Nacht auch so sein?
Sie wusste es nicht, und sie konnte sich auch nicht darauf verlassen. Als sie den Plan dieser verdammten Bande erfuhr, da erstarrte sie innerlich. Nicht nur, dass sie für die Blindheit des Opfers gesorgt hatten, nein, jetzt sollte er endgültig sein Leben verlieren, und zwar durch die Jäger aus der Luft.
Man ließ ihn frei. Er stolperte aus dem Kreis hervor und in einen anderen Teil des Waldes hinein.
Für Carlotta stand fest, dass er keine Chance hatte. Selbst ein Sehender hätte sich kaum große Möglichkeiten ausrechnen können. Es waren einfach zu viele, von einer anderen Kraft geleitete Vögel, die kein Erbarmen kannten.
Aber wo steckten sie?
Genau das hatte Carlotta noch nicht herausgefunden. Da half ihr selbst der erhöhte Platz nicht. Er war zwar relativ sicher, aber einen guten Blick besaß sie nicht.
Es gab hier kein Licht. Wenn sie nach unten schaute, sah sie zwar den Boden, was sie nicht viel weiter brachte. Es war nur eine hellere Schneefläche.
Und so konzentrierte sie sich auf etwas anderes. Es war ihr Vorteil, dass die Vogelmenschen zurückblieben und alles den richtigen Vögeln überlassen wollten, die von einer dämonischen Seite manipuliert waren.
Die relative Ruhe des Waldes blieb bestehen, und so war es ihr möglich, nachzuvollziehen, in welche Richtung der Mann von der Lichtung floh. Instinktiv hatte er die richtige eingeschlagen. Wenn er so weiter lief, würde er bald den Waldrand erreichen.
Ob er sich dann allerdings in Sicherheit befand, war die große Frage. Denn jenseits des Waldes hatten die großen Vögel den Platz, den sie brauchten. Da konnten sie einen Menschen jagen wie der Fuchs den Hasen.
Carlotta zuckte leicht zusammen, als sie die Männerstimme hörte. Sie dachte daran, dass sich der Flüchtling bemerkbar gemacht hatte, doch das
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