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1715 - Gewächs des Grauens

1715 - Gewächs des Grauens

Titel: 1715 - Gewächs des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich.
    »Ich heiße Tobias Sobic. Ich bin Serbe.«
    »Ah ja.«
    »In dieser Gemeinde haben sich einige Volksgruppen zusammengefunden. Wir vertragen uns, denn unser Glaube eint uns.«
    »Das hört man heutzutage gern.«
    »Gut.« Er schaute auf seine Uhr. »Dann werden wir zu Bischof Makarew gehen.«
    »Er ist Russe, nicht wahr?«
    »Weißrusse.«
    »Verstehe.«
    In diesem Land war man sehr auf die genaue Herkunft bedacht. So war Russe eben nicht einfach Russe, und einen Mann aus der Ukraine durfte man nicht als Russen ansprechen.
    An Rasputins Erben dachte ich in diesen Augenblicken nicht. Der Fall hier lief auf einer anderen Schiene. Ich wunderte mich nur, dass wir nicht direkt auf die Kirche zugingen, sondern an ihrer linken Seite vorbei.
    Es war kein großes Bauwerk, das wir passierten. Entsprechend wenig hoch reckte sich auch der Turm in die Höhe, der dicht unter seinem Ende offen war. Wer hinaufschaute, der sah durch die Öffnungen die Glocke.
    Erst als wir die Kirche passiert hatten, fiel mir der kleine Anbau auf. Er hatte Ähnlichkeit mit einer Baracke. Es gab Fenster und eine Tür, die geschlossen war. Sobic besaß keinen Schlüssel, dafür zielte sein Zeigefinger auf einen Klingelknopf in der Wand.
    Ein innen erklingendes Läuten war für uns vor der Tür nicht zu hören.
    Niemand öffnete uns. Dafür hörten wir nach einer Weile ein Summen, und Sobic konnte die Tür aufdrücken.
    Gemeinsam betraten wir das Haus. Sofort stieg mir ein bestimmter Geruch in die Nase. So roch nur Weihrauch. Zum Glück war er nicht so stark, dass er sich auf meine Atemwege legte.
    Wir gelangten in einen Flur, der nur schwach beleuchtet war. Er endete vor einer Tür, die halb offen stand. Dahinter war es heller, weil Tageslicht durch die Fenster fiel.
    Wir gelangten in ein Wohn- und Arbeitszimmer. Der Raum war recht groß, und mir stach sofort ein hoher Ohrensessel in die Augen, in dem ein Mann saß und uns entgegenschaute.
    Heiligenbilder an den Wänden fielen mir auf, auch die alte Couch mit der geschwungenen Lehne, ebenso der schmale Tisch, der vor dem Mann stand, aus Eisen war und von kunstvoll gedrechselten Beinen gehalten wurde. Ein Gefäß mit Weihwasser sah ich nicht.
    Meine Blicke konzentrierten sich auf den Mann im Sessel, der Bischof Makarew sein musste.
    Der Bischof trug einen dunklen Anzug, der fast bis zum Hals geschlossen war. Der Kragen ließ trotzdem noch so viel frei, um die Kette zu erkennen, die er um den Hals trug. An ihr hing das russische Kreuz, das drei Querbalken hatte, wobei der untere schräg stand. Es bestand aus Gold. In der Mitte schimmerte eine rote Perle oder ein Edelstein, so genau sah ich das nicht.
    Der Mann selbst sah wirklich so aus, wie man sich einen Patriarchen vorstellt. Auch im Sitzen bot er noch einen beeindruckenden Anblick. Die weiße Löwenmähne fiel auf und ebenso der Bart in der gleichen Farbe. Sein Gesicht sah sehr hell aus, als hätte es lange Zeit keine Sonne mehr gesehen.
    Vom Alter her war er für mich schwer zu schätzen, mir fiel aber auf, dass er kleine Augen hatte und sein Blick nichts Verschlagenes hatte.
    »Dieser Mann wollte dich sprechen, Aldo, und ich habe ihn nicht davon abhalten können.«
    »Dann wird er gute Gründe haben.«
    »Die habe ich auch«, sagte ich und fügte meinen Namen hinzu, wobei ich den Bischof nicht aus dem Blick ließ.
    »John Sinclair«, flüsterte er und tat, als wäre ich für ihn nicht fremd.
    Ich hakte nach. »Sie kennen mich?«
    »Kennen ist zu viel gesagt. Ich habe zumindest von Ihnen gehört, Sie sind nicht ganz unbekannt.«
    »Durch Jane Collins?«
    Zum ersten Mal lächelte der Bischof. Ich musste nur genau hinschauen, um es auch zu sehen. »Ja, durch sie.«
    »Sie haben ja mit ihr telefoniert, und ich habe Jane nicht allein zur Versteigerung gehen lassen.«
    »Das ist eine sehr gute Idee gewesen. Ich weiß ja, dass Ihnen ein Erfolg beschieden war, doch meine Freude darüber hält sich in Grenzen, denn ich halte das wunderbare Bild noch nicht in meinem Händen.«
    »Jane hat es.«
    »Das hört sich gut an.«
    »Mehr auch nicht«, sagte ich, »denn es gab schon einige Probleme, die hoffentlich aus der Welt geschafft worden sind.«
    Der Patriarch nickte und deutete auf einen Stuhl. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.«
    »Danke.« Es war eine Sache zwischen dem Bischof und mir. Tobias Sobic hielt sich zurück, er hörte nur zu, und so erfuhr auch er, dass Janes Wagen in die Luft gesprengt worden war und was Jane und ich mit der Ikone erlebt

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