1718 - Die Messerkatze
vor, »und nicht erst warten, bis es dunkel wird.«
»Aber dämmrig«, sagte ich.
Suko hob die Schultern. »Wir nehmen es, wie es kommt.«
Wenig später saßen wir im Rover und bekamen noch mit, wie der Verletzte in Richtung Hubschrauber transportiert wurde. Wir konnten nichts anderes tun, als ihm beide Daumen zu drücken, denn diese mörderische Messerkatze sollte sich nicht als Siegerin fühlen. Nur das zählte im Moment für uns …
***
Julie Price hatte ihr Ziel erreicht, und die Katzen waren auch da. Etwas versteckt und doch nahe genug am Tierheim hatte sie ihren Wagen abgestellt. Einen alten R4, der schon seit Jahren nicht mehr gebaut wurde, für sie aber noch immer gut genug war, denn er tat seine Pflicht. In ihm hatte sie ihren Mantel zurückgelassen, den sie jetzt wieder anzog.
Zu dem Haus, in dem sie lebte, gehörte ein Hinterhof. Man konnte ihn durch eine schmale Einfahrt erreichen, durch die ihr Auto soeben noch passte. Über das unebene Pflaster rollte sie auf den Hinterhof und stellte ihn nahe einer Tür ab. Die anderen Mieter waren den Anblick des Fahrzeugs gewohnt. Darum würde sich kein Mensch kümmern.
Zunächst blieb sie im Wagen sitzen und schaute sich so gut wie möglich um.
In der Nähe gab es nichts, was ihr hätte gefährlich werden können. Keine Zeugen, die sich für ihren Wagen interessierten. Die Fenster an den Hinterseiten der Häuser standen in der Regel bei diesem Wetter offen. Manchmal sah sie den einen oder anderen Bewohner, wie er sich aus dem Fenster lehnte. Auch ihr altes Auto wurde gesehen, und es fiel auf, als sie die Tür öffnete und ausstieg.
Bis zur hinteren Tür waren es nur wenige Schritte. Mit ein paar zischenden Lauten gab sie den Katzen zu verstehen, im Fahrzeug zu bleiben. Sie lächelte, als sie sah, dass die Tiere ihr gehorchten.
Julie Price drückte die Hintertür auf, keilte sie fest und ging noch mal zurück zum Auto. Diesmal stieß sie einen Pfiff aus, und wieder reagierten die Katzen.
Sie huschten aus dem Wagen ins Freie und nahmen sofort Kurs auf die offene Hintertür. Etwas mehr als ein halbes Dutzend der unterschiedlich aussehenden Tiere verschwanden im Haus und drängten sich dort an einer bestimmten Stelle zusammen.
Julie Price lächelte, als sie das sah. Es wirkte wie abgesprochen.
Die Dinge liefen in ihrem Sinn, und das machte sie glücklich. Gelassen schloss sie die Autotür und ging zurück ins Haus, in dem sie wohnte. Die Katzen warteten im Flur. Sie gaben keine Laute von sich und hielten sich dort auf, wo nur wenig Licht hinfiel.
Sie sah, dass die Augen ihrer vierbeinigen Freunde leuchteten. Auch draußen würde bald das letzte Licht des Tages verschwunden sein. Darüber machte sie sich keine Gedanken. Was nun folgte, würde ihre Zeit des Wechsels, des Neubeginns sein. Sie würde erleben, dass all ihr Sinnen und Trachten nicht umsonst gewesen war. Die Katzen waren es, die für sie an oberster Stelle standen.
Sie und die Göttin!
Wenn sie an die Statue dachte, bekam sie einen trockenen Mund. Sie erinnerte sich daran, wie froh sie gewesen war, als sie zum ersten Mal die Statue streicheln durfte. Schon da hatte sie gespürt, dass in ihr eine große Kraft wohnte, die nicht von dieser Welt war. Wäre sie von dieser Welt gewesen, dann hätte sie von der Kraft eines Engels gesprochen, aber bei Bastet war es etwas anderes.
Sie war kein Engel, sie war eine Göttin. Ihr zu Ehren waren immer wieder Nachbildungen geschaffen worden. Die meisten nichtssagend, aber für die Händler ein gutes Geschäft, denn die Touristen kauften alles Mögliche, was ihnen angeboten wurde.
Nicht so ihre Figur. Sie war etwas Besonderes, etwas Altes, in ihr gab es Leben, dort steckte der Geist der echten Göttin. Auch Julie hatte es zuerst nicht glauben wollen, aber sie war später davon überzeugt worden. Da musste sie nur nahe genug an der Statue sein, um etwas von dem uralten Geist zu spüren, der in ihr steckte.
Unter Lebensgefahr hatte sie die Statue aus dem Land geschmuggelt. Ein alter Mann hatte sie ihr überlassen. Er selbst fürchtete sich vor der Kraft, die in diesem Körper steckte, und fühlte sich zu alt, um sie nutzen zu können.
Nicht so Julie Price.
Sie liebte diese wunderbaren Tiere. Ihretwegen war sie nach Ägypten gereist, wo man die Katzen schon vor Tausenden von Jahren verehrt hatte. Damals hatte man ihnen Wohnungen gebaut und auch Grabstätten errichtet. Eine gewaltige Verehrung war den Tieren entgegengebracht worden, und die Verehrer der
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