Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
172 - Der Sturm

172 - Der Sturm

Titel: 172 - Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
Vom Netzwerk:
steigen, und für den Fischfang vom Boot aus hatten die Waldmenschen kein Geschick. Irgendwann waren sie auf die Idee gekommen, ein Katapult zu bauen, das Haken an einem langen Seil verschoss. Damit konnten sie große, fette Fische ans Ufer holen. Oder auf vorbei treibende Boote schießen. Oder auf eine alte Boeing 737.
    »Was sollte das nützen?«, fragte Anh. Koo stemmte sich gegen den Wind, hielt seine flatternden Halsketten fest und sagte es ihm.
    ***
    »Verdammt! Hier muss irgendwo ein zweiter Ausgang sein!«, rief Yngve, als Aruula aus dem Frachtraum zurückkehrte und verneinend den Kopf schüttelte. Die beiden hatten das gesamte Flugzeug abgesucht. Es gab zwei Türen am Heck, zwei im Frachtraum und einen Notausgang in der Mitte. Alle waren von außen mit Blätterpilzen zugewachsen. Das zähe Wurzelgeflecht hielt sie eisern an ihrem Platz. Aruula und Yngve saßen in der Falle.
    Die Barbarin zog ihr Schwert und blickte in kurzen Abständen zum Cockpit. Keiner der Fremden hatte sich bis jetzt an den Eingang gewagt. Es war nur eine begrenzte Hilfe. Draußen herrschte feuchtschwüle Hitze, die auch der Wind nicht milderte, dafür war er zu warm.
    Das Flugzeuginnere heizte sich auf wie ein Treibhaus.
    Den Gefährten lief der Schweiß übers Gesicht, das Atmen fiel schwer in der stickigen Luft. Durst trocknete ihre Kehlen aus.
    »Was tun sie da?«, fragte Aruula stirnrunzelnd beim Blick durch eines der Fenster. Die Waldmenschen schleppten und schoben ein schweres Holzkonstrukt herbei. Es stand auf Rädern, mit einem Querbalken vorn.
    Längs dahinter war eine Abschussvorrichtung. Das Ganze erinnerte an eine Armbrust. Aruula beobachtete, wie die Männer einen Speer einlegten.
    Yngve nickte. »Der schafft es durch den Wind bis hierher! Aber was versprechen sie sich davon?«
    Jemand trug eine zugenähte Tierhaut heran, die an der Speerspitze befestigt wurde. Sie war mit Flüssigkeit gefüllt, das sah man an der schwabbelnden Bewegung.
    Aruula trat vom Fenster zurück und zog den Krieger mit sich. Zischend kam der Speer durch den Eingang und bohrte sich in die gegenüberliegende Wand. Beim Aufprall zerplatzte der Tierbalg. Klarer zäher Tran floss heraus. Es roch nach Fisch.
    Draußen legten die Männer das nächste Geschoss ein.
    Diesmal hing trockenes Gras an der Spitze. Als jemand versuchte, mit Funken sprühenden Steinen ein Feuer zu entfachen, wurde Aruula blass.
    »Sie wollen uns ausräuchern!«, stieß sie hervor und packte Yngve am Arm. »Wir müssen hier raus, hörst du? Sofort!«
    Noch einmal liefen die beiden durch das Flugzeug, auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit. Der Wind nahm zu. Er rauschte durch die Baumkronen, heulte schon gelegentlich auf. Wann immer Aruula und Yngve nach draußen blickten, sahen sie bewaffnete Männer. Nur nicht in den Fenstern über der Tragfläche. Sie ragte wie eine Rampe hoch, ihr Ende verschwand im Wald. Wenn ein Windstoß die Büsche verbog, konnte man sehen, dass es auf Felsen lag. Yngve kam eine Idee.
    Ein Feuerspeer schoss herein. Harmlos, zum Glück; die Flammen hatten den Flug durch den Wind nicht überlebt.
    Yngve lieh sich Aruulas Schwert und schlug es mit Macht an die Bordwand. Tatsächlich bildete sich ein Riss.
    Der Krieger verdoppelte seine Anstrengungen.
    Verrotteter Stahl fiel zu Boden; dann wurden Pilzhüte sichtbar, und der Wind pfiff herein. Aruula rannte zur anderen Bordseite, hielt die Männer und ihre Balliste im Auge.
    Schon lag der nächste Speer bereit. Die Waldmenschen drängten sich zusammen, als Schutzwall gegen den Wind. Es funktionierte. Der mit Gras umwickelte Speer fing Feuer.
    Sturmwolken nahten, der Himmel verdunkelte sich.
    Yngve schlug und trat gegen die Bordwand. Es hatte sich ein Loch gebildet, aber es war noch zu klein zum Durchkriechen.
    Zischend kam der Speer durch den Eingang. Diesmal gingen die Flammen nicht aus. Brennende Halme fielen in den Tran. Kleine blaue Lichter züngelten, erfassten das verwelkte Gesträuch und explodierten förmlich in loderndes Feuer. Schwarzer Rauch stieg auf.
    Aruula kam Yngve zu Hilfe. Das Schwert nutzte jetzt nicht mehr viel; die beiden traten den Rand der Öffnung weg. Dahinter lag der riesige Flügel der Boeing. Aus dem Heer seiner Pilzhüte fehlte nicht einer, obwohl der Sturm letzte Nacht so gewütet hatte. Also würden sie auch halten, wenn man nach ihnen griff.
    Der Qualm breitete sich immer mehr aus. Aruula brannten die Augen, Yngve keuchte, doch sie gaben nicht auf. Dann, endlich, war es

Weitere Kostenlose Bücher