172,3 (German Edition)
zumindest seine Boxershorts und seine Socken anzubehalten. Beate ging zum Schrank, öffnete ihn und holte eine Flasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit heraus. Sie öffnete den Schraubverschluss und stellte sie auf den Tisch.
»Beeil dich, Viktor. Ich spüre, dass er kommen will«, forderte sie ihn auf. Viktor schlüpfte aus seiner Hose, faltete sie eilig zusammen und schmiss sie auf die Bank. Sein T-Shirt folgte zuallerletzt. Er stellte sich in die Mitte des Raumes, Beate hatte sich einen cremefarbenen Überwurf angezogen und eine Halskette mit einer Vogelkralle schmückte – oder wie Viktor fand: verunzierte – ihre Person.
»Schließ die Augen und entspann dich. Ich will nun die Natur des Geistes kennenlernen.«
Viktor kam der Aufforderung so weit es ging nach. Trotz seiner geschlossenen Augen spürte er Beate vor sich, ihre Bewegungen.
»Dämonion! Höret!«
Viktor roch den beißenden Rauch der Zigarette und spürte Beates Atem.
»Orishas! Höret! Asuras! Höret! Dämonen des Lemegeton! Höret! Ihr Nephelim! Höret!«
Ihm schien es, als würde mit jedem Ausruf die Zimmertemperatur merklich sinken. Er fröstelte.
»Chuh-ttie!«
Viktor spürte einen Windzug auf seinem Rücken. Kurz überlegte er, die Augen zu öffnen, doch besann er sich eines Besseren.
»Chuh-ttie!«
Er hörte Beate ausspucken. Kurz darauf rollte etwas Hartes über seinen linken Arm und hinterließ jene Kühle, die man empfand, wenn man mit nasser Haut in der Kälte stand. Viktor schlussfolgerte daraus, dass Beate ein Ei angespuckt und es über seinen Arm gerollt hatte. Seine Neugier war zu groß, er öffnete blinzelnd die Augen. Beate schlug das Ei auf und ließ die zähflüssige Masse in eine Schüssel fallen. Sie nahm ein weiteres Ei.
»Chuh-ttie!«, bespuckte sie es und kam wieder auf Viktor zu, der schnell seine Augen schloss und gegen eine Übelkeit ankämpfte. Beate nahm seinen rechten Arm und rollte das nasse Ei von der Schulter abwärts bis zu den Fingerspitzen. Sie schnaufte und spuckte währenddessen ein weiteres Mal auf das Ei.
»Incubus, Succubus, Azazel, Akephalos!« Sie schlug das Ei in der Schüssel auf und griff nach einem dritten. Viktor spürte etwas Kaltes, Nasses an seinem linken Oberschenkel hinabwandern. »Eshu! Eshu! Shango! Oshun!«
Wieder spuckte Beate auf das Ei und rollte es unterhalb seines Knies seinem Fuß entgegen.
»Babalú Ayé! Babalú Ayé!«, rief sie und ein tiefes, knurrendes »Chuh-ttie!“«folgte, ehe sie auch das dritte Ei aufschlug.
Sein rechtes Bein wurde auf gleichem Weg behandelt. Als Viktor einmal hinabschielte, hob Beate ihren Kopf, um einen ›Maskim‹ zu rufen. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt, ihre Augen waren weit geöffnet und nur das Weiße war darin zu sehen. Mit einem Schaudern kniff Viktor die Augen zu.
»Ihr Holden! Höret! Ihr Holden unter Stein gebannt! Höret!«
Dicht neben seinem Ohr zog Beate Wasser in ihrem Hals zusammen, bespuckte ein Ei und legte es Viktor an die Stirn. Auf die Augen, auf die Nase, auf den Mund. Ihr warmer Speichel erkaltete schnell und brannte auf Viktors Augenlidern.
»Chuh-ttie!«, spie sie und entsorgte das Ei. Ein weiteres folgte und wurde auf seinen Rumpf gedrückt, vornehmlich dort, wo sein Herz schlug. Viktor hatte mitgezählt. Eines fehlte noch und ehe er, der Frage nachgebend, die Augen öffnen konnte, um sich zu vergewissern, spürte er einen sanften Druck auf seinen Geschlechtsteilen.
»Baal Zebub! Höre! Baal Zebub!«
Viktor spürte, wie der Druck auf seinen Hoden emporstieg und sich in seiner Bauchgegend ausweitete. Ein anfangs schönes Gefühl, so, wie er sich fühlte, wenn er im Traum fliegen konnte, welches sich in seiner Lust und Schönheit so sehr steigerte, dass es quälend wurde. Ihm schwindelte einen Moment.
»Chuh-ttie!«, gurgelte Beate.
Er hörte, wie das Ei zerschlug und augenblicklich ließ das Gefühl nach.
»Du kannst die Augen wieder öffnen, Viktor«, sagte Beate mit rauer Stimme, zündete eine Zigarette an und räucherte die in der Schüssel aufgeschlagenen Eier. Die Schalen trieben wie kleine Schiffchen auf dem Meer aus Dotter und Eiweiß. Beate trug die Schüssel in die leer stehende Ecke des Raumes, stellte sie dort ab, ging zum Schrank und kehrte mit einem vertrockneten Strauch Pflanzen zurück.
»Es kommt, Viktor. Ich spüre es. Es ziert sich noch, aber es wird kommen!«, schnaufte Beate und schlug sich mit dem Strauch auf die Arme und ins Gesicht.
»Schließ wieder die Augen«, forderte sie ihn auf und schlug
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