1725 - Hängt die Hexe höher
nicht kannte. Ich sah einen geschlossenen Mund. Um sicher zu sein, musste ich ihn öffnen, was kein Problem war.
Zwei Vampirzähne sah ich nicht. Das hatte nichts zu sagen, denn es existierte noch eine Untergruppe dieser Wesen, und die nannten sich Halbvampire.
Ich setzte zum Test mit meinem Kreuz an. Als sich meine Hand dem Gesicht näherte, riss der Mann die Augen auf. Er sah das Kreuz, ich aber sah die Panik in seinen Augen, denn er hatte in diesem Moment begriffen.
Zu einem letzten Schrei kam es nicht mehr, als ich ihm das Kreuz gegen das Gesicht drückte.
Er blieb liegen. Er strampelte, er schlug auch mit den Armen um sich, was mich nicht störte. Ich wollte seine Vernichtung, denn dann konnte er nicht mehr unterwegs sein, um Menschen zu verletzen und dann deren Blut zu trinken, das aus der Schnittwunde quoll.
Sein Gesicht sah halb verbrannt aus, als ich das Kreuz wieder zurücknahm. Die linke Seite war geschwärzt. Man hätte die Haut abziehen können.
Ich ertastete weder einen Herz- noch einen Pulsschlag. Dieser Halbvampir würde nicht mehr aufstehen. Ich schleifte ihn von der Straße und ließ ihn im Graben liegen.
Danach machte ich mich auf den Weg zu Jane Collins, die auf mich gewartet hatte. Sie stand neben einem umgekippten Baum und schaute auf die Gestalt, die am Boden lag.
»Ich habe ihn mit einem Ast niederschlagen können. Er hielt nicht mal eine Waffe in der Hand.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Eine Frau schien für ihn keine Gegnerin zu sein«, sagte Jane.
»Gut gemacht«, lobte ich sie.
»Und was ist mit deinem Gegner?«
»Er wird kein Laut mehr sagen.«
»He.« Jane zeigte sich überrascht. »Hast du einen Vampir erwischt?«
»Nein, einen Halbvampir. Die hat man losgeschickt.«
»Und wer könnte das gewesen sein?«, fragte Jane. Sie gab sich selbst die Antwort. »Die Cavallo könnte ich mir schon vorstellen. Oder was meinst du?«
»Ja, das ist so. Kein Widerspruch. Es ist durchaus möglich, dass sie ihre Hände im Spiel hat. Du weißt doch, dass Vampire und Hexen nicht eben die besten Freunde sind.«
»Wobei es bei den Hexen auch Unterschiede gibt. Grace Golding ist für mich eine moderne Frau.«
»Stimmt alles, aber erst will ich sehen, ob wir es hier auch mit einem Werdenden zu tun haben.«
Ich wollte ihm den Mund öffnen, was ich nicht brauchte, denn er kam wieder zu sich. Er riss die Augen auf und wollte auf die Beine kommen, als er auf mein Kreuz starrte.
Innerhalb weniger Augenblicke sprang ihn das Gefühl der Panik an. Er wusste, dass er dieser Waffe nicht entkommen konnte, streckte mir zwar die Hände entgegen – und fasste genau in das Kreuz hinein.
Diesmal ließen wir ihn schreien. Seine Arme fielen nach unten, die Hände landeten auf seinem Körper, und jeder von uns sah die verbrannte Haut.
In meinem Kreuz steckte eine Kraft, die darauf geeicht war, das Böse zu vernichten. Und das geschah auch hier. Der Rothaarige richtete sich noch einmal halb auf, dann sackte er zusammen und blieb liegen, ohne dass noch ein Funken Leben in seinem Körper gesteckt hätte.
Jane und ich nickten uns zu. Dann meinte die Detektivin: »Ich habe ja damit gerechnet, dass es kein Spaziergang werden wird. Dass es aber so dick kommen würde, das ist auch für mich überraschend.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Damit habe ich auch nicht gerechnet. Jetzt steht fest, dass deine Freundinnen in Gefahr sind.«
»Hör auf, John.« Sie schüttelte den Kopf. »Es sind nicht meine Freundinnen. Ich habe nun mal das Pech, einmal eine Hexe gewesen zu sein und dass immer noch etwas davon in mir steckt. Das ist alles, denn ich fühle mich zu den Hexen nicht hingezogen, das kann ich dir schwören.«
»Alles klar.«
»Aber ich lasse sie auch nicht allein, wenn ihnen Gefahr droht.« Jane war noch nicht fertig mit ihrer Erklärung. »Dabei weiß ich den Unterschied genau einzuschätzen. Ich habe nichts gegen moderne Frauen, die sich Hexen nennen und keinem Menschen etwas Böses tun. Aber auch bei ihnen gibt es Licht und Schatten, wobei ich den Schatten nicht akzeptieren kann.«
»Und wie verhältst du dich, wenn sich beides mischt?«
Die Antwort wusste sie nicht sofort. Dann sagte sie doch etwas und wich aus.
»Ich entscheide mich dann je nach der Situation. Mehr kann ich nicht sagen.«
»Finde ich gut.«
Jane Collins grinste nur schief. Sie ging dann zu einem anderen Thema über. »Was machen wir mit den beiden?«
»Wir lassen sie liegen. Wir werden sie abholen lassen, wenn alles vorbei
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