1726 - Die Polizistin
deinem Schicksal zu entgehen?«
»Ich denke nicht, dass es Tricks sind. Ich will etwas wissen, und das solltest du ebenfalls. Oder willst du dumm sterben? Willst du dich wie eine Marionette fühlen? Wie ein Mensch, der keine eigene Meinung mehr hat?«
»Nein.«
»Aber es läuft darauf hinaus. Du bist nicht mehr die Kollegin Angela, die angesehen ist und ihrem Job nachgeht. Du bist jemand anderes, eine Erfüllungsgehilfin der Hölle. Und das kann für einen Menschen nicht gut sein.«
»Rede, was du willst, Sinclair, aber ich will so bleiben, wie ich bin. Und deshalb werde ich dem Tier auch den Gefallen tun und dich erschießen.«
»Mit deiner Waffe?«
Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Hältst du mich für so dumm? Denkst du, dass ich die Regeln nicht kenne? Nein, nicht mit meiner Waffe. Deine liegt griffbereit auf dem Bett. Ich werde dich mit einer Silberkugel töten. Sie stecken doch im Magazin der Beretta. Oder habe ich mich verhört?«
»Nein, das hast du nicht.«
»Umso besser. Dann werde ich dich damit killen und alles ist korrekt.«
»Klar. So korrekt, dass man meine Leiche in deiner Wohnung findet. Ich bin gespannt, wie du das erklären willst. Ach ja, man weiß, wohin ich gefahren bin. Das nur nebenbei. Aus dieser Falle kommst du nicht heraus.«
»Keine Sorge. Ich werde deine Leiche verschwinden lassen und die Spuren verwischen. Wenn man mich fragt, sage ich, dass du bei mir gewesen bist. Aber du hast dich schnell wieder verabschiedet. So sehe ich die Dinge, und ich kann mir vorstellen, dass du dich jetzt weit weg wünschst.«
»Das wäre normal. Und trotzdem habe ich meine Probleme mit dir. Warum ist die Hölle gerade an dich herangetreten?«
»Keine Ahnung.«
»Sollten wir beide nicht mal darüber nachdenken und versuchen, einen Weg aus der Misere zu finden?«
»Nein, das ist nicht nötig. Ich habe mich einmal entschlossen, und dabei bleibt es.«
War sie verrückt? Nein, das auf keinen Fall. Sie stand nur unter einem fremden Einfluss. Ich sah auch an ihr nichts Ungewöhnliches, und als ich ihren Blick suchte, da sah ich, dass ich von ihr kein Pardon erwarten konnte.
Ich musste mir langsam Gedanken um meine eigene Person machen. Ihre Dienstwaffe hielt sie in der Hand. Die Beretta lag auf dem Bett. Um an sie heranzukommen, musste sie ihre Position verändern, und das war möglicherweise eine Chance für mich. Zum Glück konnte sie keine Gedanken lesen, aber sie wollte ihren Vorsatz tatsächlich in die Tat umsetzen, denn sie ging leicht in die Knie, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.
Ich schaute sie nicht an, sondern nur ihre Waffe, und wartete darauf, dass sie nicht mehr so direkt auf mich zeigte, denn das war sehr schwierig, wenn man sich bewegte.
Sie musste noch weiter in die Knie sinken. Dabei ließ sie mich nicht aus den Augen, sah aber genau, wo die Beretta lag. Zwar berührte ihre Hand sie, nur fasste sie an der falschen Stelle an, an den Lauf.
Sie musste die Pistole drehen.
Das tat sie und richtete ihren Blick nach unten. Sie hielt mich nicht mehr unter Kontrolle, und im nächsten Augenblick veränderte sich alles.
Ich ließ mich auf die Knie fallen und warf mich zugleich nach hinten und auch zur Seite. Einen Moment später lag ich im Flur am Boden und hörte den ersten Schuss…
***
Ja, sie hatte ernst gemacht. Es war also kein Bluff gewesen. Wie tief war sie in die Fänge der Hölle gelangt, dass sie sich zu so etwas hinreißen ließ!
Der Gedanke schoss mir durch den Kopf, als ich bereits auf die Wohnungstür zuhuschte. Hier war alles klein. Da musste ich nicht viele Meter zurücklegen. Ich schnellte hoch und hatte mit einem langen Schritt die Wohnungstür erreicht.
Sie war nicht abgeschlossen. Was im Moment hinter mir passierte, war mir egal, ich wollte erst mal nur weg, zerrte die Tür auf und huschte in den Flur. Mit dem Fuß trat ich sie wieder zu.
Die erste Hürde war geschafft. Ich musste erst tief Luft holen. Auch rechnete ich damit, dass die Kollegin die Verfolgung aufnahm, aber das geschah nicht.
Ich hatte mich gegen die Wand rechts der Tür gedrückt. Wenn Angela auftauchte, würde ich in die Knie gehen, um dann aus dieser Perspektive anzugreifen.
Ich wartete ab. Ich atmete durch und schaute sogar auf meine Uhr. Mehr als eine Minute war verstrichen, ohne dass sich etwas tat. Es war auch kein weiterer Schuss mehr gefallen, und hinter der Tür war es still.
Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
Ich wusste es nicht. Hätte ich einen Schlüssel gehabt,
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