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1728 - Luzifers Botin

1728 - Luzifers Botin

Titel: 1728 - Luzifers Botin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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diesen Überresten zu entdecken?«
    »Ja, damit musst du rechnen. Wer immer hier gestanden hat, es war für Jamila ein Widerstand, und den hat sie aus dem Weg geräumt, so einfach ist das.«
    Ja, so einfach war das. Aber nicht für mich. Ich konnte und wollte es nicht hinnehmen, und mir fiel noch etwas auf. Es war schon zuvor da gewesen.
    Es war die Stille!
    Okay, man kann sagen, dass sie zur Nacht dazugehört, aber diese Stille empfand ich als anders. Sie war irgendwie bedrückend und zugleich bezeichnend für etwas Schreckliches, was hier geschehen war. Der Vergleich, der mir durch den Kopf schoss, mochte verrückt sein, aber ich hatte den Eindruck, dass alles in dieser Stille den Atem anhielt.
    »Wir müssen weiter«, sagte ich leise. »Ich will wissen, was mit den Kindern passiert ist.«
    »Sie sind hier.«
    »Ach? Das weißt du genau?«
    »Ich spüre es.«
    »Dann kannst du mir auch sagen, ob sie leben oder schon tot sind?«
    »Sie sind hier.«
    Nein, mit dieser Antwort konnte ich nicht zufrieden sein, aber mir schoss noch etwas anderes durch den Kopf, und das sprach ich auch sofort aus.
    »Soviel mir bekannt ist, fahren Schüler nie allein in ein Landschulheim.«
    »Was meinst du?«
    »Es sind doch Lehrer dabei. Mindestens zwei. Und ich befürchte Schlimmes.«
    Raniel gab darauf keine Antwort. Es war ihm anzusehen, dass er daran auch schon gedacht hatte.
    »Wir müssen die Kinder finden.«
    Genau das wollte ich die ganze Zeit über. Wir mussten nicht lange suchen, um den Weg zu finden, der zu den Schlafstätten führte. Sie befanden sich hier im unteren Bereich.
    Eine Tür drückte ich auf und wunderte mich, dass in diesem vor mir liegenden Flur Licht brannte.
    Länger darüber nachdenken konnte ich nicht, aber ich hatte die Tür gesehen, die zu dem Schlafsaal führte. Und es war mir noch mehr aufgefallen, denn auf dem Boden und nicht weit von der Tür entfernt lag wieder der feine Staub.
    »Nein«, sagte ich nur und hätte am liebsten vor Wut geschrien, aber das wäre verkehrt gewesen.
    Raniel gab keinen Kommentar ab. Er blieb in meiner Höhe stehen und nickte der Tür entgegen.
    »Sie ist noch hier«, sagte er mit leiser Stimme. »Das spüre ich genau.«
    »Du meinst bei den Kindern?«
    »Wo sonst…?«
    Wir durften keine Sekunde mehr verlieren. Die Kinder schliefen hinter der Tür, sie waren ruhig, wir hörten kein Geschrei, kein Durcheinander von Stimmen, doch das beruhigte weder den Gerechten noch mich.
    Wir konnten nur beten, dass Jamila die kleinen Gäste noch verschont hatte…
    ***
    Lautlos hatte sie die Tür zum Schlafsaal geöffnet und ebenso lautlos wieder geschlossen. Dicht hinter der Tür blieb sie stehen und ließ ihre Blicke durch den vor ihr liegenden Schlafsaal gleiten, bei dem nicht alle Betten belegt waren, aber was sie sah, das freute sie schon. Es gab genügend Opfer. Die Welt würde aufhorchen, wenn man das entdeckte, was später in den Betten liegen würde.
    Staub…
    Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln. Sie fühlte sich blendend, denn jetzt war sie allein. Niemand würde sie mehr stören, und sie konnte sich Zeit lassen.
    Gnade kannte sie nicht. Sie war Luzifers Botin, und sie wollte zugleich, dass ihre Mutter stolz auf sie war.
    Niemand hatte ihr Kommen bemerkt, kein Junge erwachte. Sie hörte das leise Schnarchen oder Röcheln. Hin und wieder auch ein Stöhnen, und sie nahm auch wahr, wie sich manches Kind im Schlaf von einer Seite auf die andere wälzte.
    Ihr Plan stand fest. Bevor er in die Endphase ging, wollte sie sich die Kinder anschauen. Auch mal in die entspannten Gesichter schauen, die so unschuldig aussahen.
    Das würde bald vorbei sein. Sie sah sich plötzlich als einen weiblichen Herodes an, denn auch er hatte damals zahlreiche Kinder töten lassen.
    Sie würde das auch tun, nur eben aus anderen Motiven heraus, und so drehte sie sich nach rechts, denn diese Seite wollte sie sich als erste vornehmen.
    Es gab keine zweistöckigen Betten. Zwischen ihnen existierte ein genügend breiter Gang. So hatten die Kinder Platz, um sich auszuziehen. Ihre Kleidung lag auf dem Boden.
    Sie schaute sich die beiden Jungen an. Der eine lag rechts von ihr auf dem Rücken. Sein Mund war nicht geschlossen, und aus seiner Kehle drangen leise Schnarchlaute. Manchmal zuckte er zusammen, ansonsten hielt ihn der Schlaf fest im Griff.
    Sie blickte nach links. Auch dieser Junge schlief. Er hatte den Mund geschlossen und lag auf der Seite. Sein Gesicht zeigte einen entspannten Ausdruck, und sie war

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