1728 - Luzifers Botin
freigegeben, die von Gestalten bewohnt wurde, die sich als Engel bezeichneten, es für Raniel aber nicht waren, denn er sah in ihnen das, was sie wirklich waren.
Dämonen!
Ja, es waren Dämonen, Geschöpfe, die von Lilith zur Welt gebracht worden waren. Wie groß ihre Zahl war, wusste auch Raniel nicht. Die konnte in die Tausende gehen, aber im Moment war das für ihn auch nicht interessant, denn er konzentrierte sich auf das, was ihm hoch über seinem Kopf geboten wurde.
Es sah aus wie ein riesiges Gemälde, von dem der Gerechte weder den Anfang noch das Ende sah. Es bedeckte sein gesamtes Blickfeld, und obwohl das Bild etwas Konkretes hatte, wirkte es auch irgendwie abstrakt.
Da hatten sich zahlreiche nackte Körper zusammengefunden, die neben- und übereinander lagen, als würden sie kopulieren. Ihre Gesichter waren deutlich zu erkennen, obwohl sie so weit entfernt waren. So sah er die Fratzen, die mal lächerlich, dann auch wieder hämisch wirkten. Das war Liliths Armee, die da auf ihn nieder starrte.
Ihre Töchter oder deren Nachkommen, die alles andere waren, nur keine Engel.
Er atmete tief ein. Er pumpte sich regelrecht auf, und den Griff seines Schwertes hielt er mit beiden Händen fest. In einer derartigen Situation war er fest entschlossen, sich zum Kampf zu stellen, auch wenn er mit einer Übermacht rechnen musste.
Sie würden kommen. Vielleicht nicht alle, sondern erst eine Vorhut schicken. Er wusste auch, dass er auf ihrer Abschussliste stand. Sie sahen ihn als Verräter an, weil er einmal zu ihnen gehört hatte. Aber das lag lange zurück, jetzt wollte Raniel nur Gerechtigkeit, und zwar seine eigene.
So sehr er sich auch anstrengte, inmitten der dicht an dicht liegenden Körper war Jamila nicht zu entdecken. Sie hatte die Gelegenheit genutzt und sich versteckt, aber er glaubte nicht, dass sie verschwunden war.
Etwas machte ihn trotz allem froh. Es war ihm und John Sinclair gelungen, die Schüler zu retten, vorerst zumindest, denn jetzt hatte Jamila andere Probleme, die sie erst lösen musste, und das war Raniel. Er hatte ihr eine Niederlage beigebracht, und so etwas vergaß sie nicht. Da wurde ihr Rachedurst unerträglich.
Es war auch weiterhin kein fremder Laut zu hören. Raniel stand allein in der Stille, den Blick in die Höhe gerichtet und darauf wartend, dass etwas geschah.
Noch hielt sich die andere Seite zurück, und je länger das Bild blieb, umso weniger glaubte er an einen Angriff. Das hier wirkte wie ein Vorspiel, das ihn einschüchtern sollte.
Er dachte zudem an Lilith, die Mutter des Ganzen. Eine Königin der Nacht, eine Person, die mit dem Teufel buhlte oder gebuhlt hatte. Die auch jetzt noch vorhanden war in der Vielschichtigkeit eines negativen Himmels, denn so wurde die Wohnstatt der Dämoninnen genannt.
Es war schon stark, was Lilith da alles aufgefahren hatte. Jede Menge an Dämoninnen. Möglicherweise Enkelinnen oder Urenkelinnen, wenn man an den Ursprung dachte, und es lag auf der Hand, dass sie ihre Macht und ihre Verbündeten verteidigen würde.
Es würde etwas passieren, davon ging der Gerechte aus. Nur war er nicht in der Lage, es zu beeinflussen. Er musste leider darauf warten, dass die andere Seite den ersten Schritt tat.
Und das geschah.
Allerdings recht überraschend für den Gerechten, denn er hatte mit etwas anderem gerechnet, aber nicht mit der kalten und unpersönlichen Stimme, die ihn plötzlich erreichte.
»Ich sehe dich sehr gut, Raniel! Und ich erkenne deine Einsamkeit, deinen Frust und weiß auch, dass du dich nicht mehr so fühlen kannst wie sonst…«
Der Gerechte hatte die Botschaft verstanden, doch er reagierte nicht. Er ließ sich nicht ins Bockshorn jagen und dachte scharf darüber nach, wer da mit ihm gesprochen haben könnte. Jamila jedenfalls war es nicht gewesen, aber diese kalte Stimme war ihm trotzdem nicht unbekannt, obwohl er mit der Sprecherin eigentlich nicht viel zu tun gehabt hatte und sie mehr im Hintergrund blieb als eine Stütze des verdammten Höllenreichs.
Es war Lilith!
Als ihm das klar wurde, da lachte er auf. Damit hatte er nicht gerechnet und er fragte sich, ob er darauf jetzt stolz sein sollte, dass sie mit ihm Kontakt aufgenommen hatte.
Es schien die Dämonin zu ärgern, dass er keine Reaktion zeigte, denn sie fragte: »He, was ist los? Warum reagierst du nicht?«
»Muss ich das?« Raniel lachte gegen den Himmel. »Nein, das habe ich nicht nötig. Du hast dich versteckt. Du hältst dich zurück. Du hast eine andere
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