1737 - Das Blut der Zauberin
er nicht. Er hatte auch einen Dickkopf. Ihn aus seiner Heimat zu vertreiben, das ging nicht.
Der Professor befand sich wieder in seinem Haus. Bestimmt nicht allein. Er hatte Serena mitgenommen. Den Weg kannte er ja. Ob die beiden allein oder mit der Blonden gegangen waren, wusste er nicht. Er wollte auch nicht länger darüber nachdenken. Aber so einfach wollte er sich nicht aus dem Spiel schubsen lassen. Das hier war sein Dorf, hier gehörte er hin, und er würde sich nicht ins Bett legen und die Decke über den Kopf ziehen. Nein, jetzt, wo er Abstand zu den Ereignissen gewonnen hatte, wollte er etwas unternehmen, denn diese angeblich Tote interessierte ihn schon und auch die Antwort auf die Frage, wieso sie hatte so lange leben können...
***
Sheila und Bill Conolly saßen vor dem Hoteleingang. Sie wollten vor dem Essen noch einen kleinen Spaziergang unternehmen. Nicht um mehr Appetit zu bekommen, nein, denn beide dachten an Justine Cavallo.
Es war ja keine Großstadt, in der sie sich aufhielten, hier war alles übersichtlich, die Gäste konnten sich praktisch nicht aus dem Weg gehen. Nach einer Weile traf man dieselben Gesichter immer wieder. Sheila hatte nichts dagegen gehabt, sie war zudem froh, dass John Sinclair ihnen versprochen hatte, sich am nächsten Tag in einen Flieger zu setzen, der in Innsbruck landen würde. Dort wollten die Conollys ihn abholen.
»Wo genau willst du hin?«, fragte Sheila.
»Nur mal kurz durch den Ort gehen.«
»Und nach der Cavallo Ausschau halten.«
»Auch das.«
Die beiden gingen los. Es war mehr ein Schlendern. Die zahlreichen anderen Gäste hatten sich ebenso dazu entschlossen, und so waren die Gehsteige gut gefüllt.
»Du rechnest damit, dass uns die Cavallo über den Weg läuft«, meinte Sheila.
»Klar.«
Sheila warf den Kopf zurück und lachte. »Und ich frage mich, was sie hierher getrieben hat. Was will eine Blutsaugerin wie sie in einem Bergdorf?«
»Keine Ahnung. Aber sie ist bestimmt nicht hergekommen, um Urlaub zu machen.«
»Das glaube ich auch nicht«, sagte Sheila und regte sich dann darüber auf, dass sie nie Ruhe hatten.
»Schicksal.«
»Ja, leider, das hat ja damals schon mit meinem Vater begonnen, und dann bist du mir über den Weg gelaufen, wir haben geheiratet und...«
Bill unterbrach sie. »Bereust du es?«
Jetzt schüttelte Sheila den Kopf. »Nein, das bereue ich nicht. Ich hätte mir ein ruhigeres Leben vorstellen können, aber keines ohne dich. Das ist nun mal so.«
Es tat Bill gut, diese Worte von seiner Frau zu hören. Spontan drückte er ihr einen Kuss auf die Lippen und legte dann eine Hand um ihre Schultern. In diesen Augenblicken hatten sie die Sorgen vergessen und wirkten richtig gelöst wie die anderen Urlauber.
Die Straße war mit Lokalen und auch Geschäften gesäumt. Hin und wieder rollten Autos langsam dahin. Der Himmel über den Bergen zeigte ein wolkenloses Blau. Das schlechte Wetter, das auch die Conollys erlebt hatten, war verschwunden.
Die meisten Hotels und Pensionen lagen jenseits der Straße an den Hängen. Auch die Häuser mit den Ferienwohnungen waren dort zu finden, und es gab auch Häuser, die man mieten konnte, um dort allein zu wohnen.
Alles war okay. Nichts unterschied sich von dem normalen Trubel in den zahlreichen Ferienorten. Die Conollys saugten alles auf, aber sie waren auch in eine bestimmte Richtung hin sehr wachsam, denn Justine Cavallo wollte ihnen nicht aus dem Kopf.
Wo steckte sie? War sie in ein Hotel gegangen oder wohnte sie in einer Ferienwohnung?
Die breite Hauptstraße lag bald hinter ihnen. Sie hatten das Ende des Ortes erreicht. Gras war gemäht worden, und in der Luft lag ein würziger Geruch. Die Sonne stand nicht mehr so hoch am Himmel, sodass erste Schatten ins Tal fielen. Die Sicht zu den Bergen war jetzt besser geworden. Über ihnen zwischen Himmel und Erde zogen große Vögel ihre Bahnen. Die Luft war etwas kühler geworden, und es trat bereits eine vorabendliche Ruhe ein.
»Ich denke, wir sollten umkehren«, sagte Sheila.
Bill war ebenfalls der Meinung. Er wollte sich noch einen letzten Rundblick gönnen, und er drehte sich langsam nach links. Dabei schaute er den Hang hoch, der jetzt vor ihm lag.
Drei Hotels waren zu sehen. Die meisten Häuser dort enthielten Ferienwohnungen.
Menschen waren auch zu sehen. Sie saßen auf den Balkonen oder Terrassen und schauten sich die Landschaft an. Dabei gönnten sie sich den einen oder anderen Schluck und ließen es sich gut
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