1739 - Justines grausamer Urahn
gewollt. Das Blut dieser Mystikerin hat dir nicht gut getan. Aber es gibt nichts, was sich nicht ändern ließe. Deshalb bin ich hier. Ich werde dich wieder zu dem machen, was du mal gewesen bist.«
»Und wie soll das geschehen?«
»Du wirst normales und auch frisches Blut trinken. Es muss zu einem Austausch kommen.«
Justine deutete ein Nicken an. Dann lachte sie scharf. »Ich habe ja die Auswahl – oder?«
»Klar. Du wirst mir sagen, wessen Blut du trinken willst, und ich werde dafür sorgen.«
Trotz ihrer Schwäche fing die Cavallo an zu zittern. Sie hatte ihren Spaß, sie sah sich wieder auf der Siegerstraße, und sie wandte sich an Sheila Conolly.
»So schnell kann sich das Blatt wenden, meine Liebe. Und dein Blut zu trinken wird mir ein Vergnügen sein...«
***
Sheila wünschte, sich verhört zu haben, aber das hatte sie nicht. Sie hatte jedes Wort verstanden, und plötzlich spürte sie eine Todesangst in sich aufsteigen.
Die Cavallo schaute sie an. Sie lächelte. Sie war schwach, doch man sah ihr die Schwäche nicht mehr richtig an. Sie schaffte es, sich aus dem Sessel zu stemmen. Körperlich war sie nach wie vor schwach, das würde sich erst ändern, wenn Sheilas Blut in ihr floss.
Der Urvampir hatte laut genug gesprochen. Auch Serena und Bill waren die Worte nicht entgangen, und besonders Bill Conolly hatte das Gefühl, dass sich sein Schreck in eine heiße Glut verwandelte, die seinen Brustkorb durchschnitt.
Er war nicht ausgeschaltet. Ihm taten nur einige Knochen weh, und Bill wollte auf keinen Fall, dass die Cavallo das Blut seiner Frau trank. Serena, die auch noch im Zimmer saß, tat nichts. Sie blieb bewegungslos sitzen, aber Bill konnte nicht auf dem Boden bleiben und sich nur Gedanken machen. Er musste etwas tun.
Er sagte nichts, was ihm schwerfiel, er zog seine Beine an, drehte sich etwas und schaffte es auch, sich mit der Hand abzustützen.
So kam er auf die Beine. Nicht geschmeidig, was ihn ärgerte. Er gab möglicherweise eine lächerliche Figur ab, aber das war ihm egal. Es schmerzte ihn fast körperlich, dass er keine bessere Figur abgab, und Sheila waren seine Bemühungen auch nicht verborgen geblieben.
»Bitte, Bill, lass es...«
»Nein«, keuchte er, »das ist ganz allein meine Sache. Ich will nicht, dass du...«
Die Cavallo kicherte. Es hörte sich an wie ein schriller Schrei. Dann rieb sie ihre Hände, grinste voller Vorfreude und präsentierte ihre beiden Blutzähne.
Bill hatte sich schon einen Plan ausgedacht. Er wollte sich vor seine Frau stellen. Seine Bewegungen waren noch recht langsam, aber er unterdrückte die Schmerzen und riss sich zusammen.
Dann hatte er Sheila erreicht.
Er stellte sich vor sie. Keuchend sagte er: »Ihr könnt mein Blut trinken, aber lasst sie in Ruhe.«
»Ich will aber dein Blut nicht!«, hetzte die Cavallo. »Ich habe mich für Sheilas entschieden. Und wenn ich dann noch nicht satt bin, werde ich meine Zähne in deinen Hals schlagen und dich leer saugen. Ist das nicht ein prächtiger Vorschlag?«
»Für dich, Justine, nicht für mich. Aber du kannst es ja versuchen.«
Er stand vor Sheila und breitete seine Arme aus. »Los, hol sie dir doch. Oder bist du zu schwach?«
Der Fortgang des Geschehens gefiel dem Urvampir nicht. Er hatte nicht viel gesagt, das tat er auch jetzt nicht, aber er ließ es nicht mehr zu, sondern handelte. Er stand praktisch zwischen der blonden Bestie und dem Reporter. Nur ein klein wenig drehte er sich nach links. Dabei holte er aus und schlug zu.
Bill schaffte es nicht, seinen Kopf rechtzeitig zur Seite zu bringen. Zwar zuckte er leicht nach hinten, doch der Schlag war zu genau gezielt.
Der Handrücken rammte gegen sein Kinn. Bill sah plötzlich Sterne vor seinen Augen blitzen. Er verlor die Übersicht und kippte nach hinten.
Wieder prallte er auf. Am Hinterkopf spürte er den scharfen Schmerz, dann wurde ihm für einen Moment schwindlig, sodass er glaubte, bewusstlos zu werden.
Der Zustand trat nicht ein. Bill lag auf der Seite, hielt die Augen offen und stellte fest, dass er noch sah, aber ein Schleier vor seinen Augen lag.
Auch sein Gehör funktionierte. Der Urvampir sprach ihn an. »Ich könnte deinen Schädel zertreten, aber ich lasse es sein. Justine will auch dein Blut trinken, und dabei ist es wichtig, dass dein Hals freiliegt.«
Bill hatte verstanden und er hatte auch begriffen, dass er im Moment keine Chance hatte. Er war zudem waffenlos. Alle Trümpfe lagen in den Händen der Gegenseite.
»Sheila
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