174 - Jennifers Verwandlung
allein.«
***
Jennifer Bloom durchlief die für solche Fälle vorgesehenen Krankenhausstationen, und man kümmerte sich auch um Bob Ontecan, holte die Glassplitter aus seinem Gesicht und verarztete die kleine Kratzer und Schrammen. Um dem Schock entgegenzuwirken, gab man dem Patienten eine Spritze. Danach entließ man ihn in häusliche Pflege, aber er verließ die Klinik noch nicht.
Er wollte wissen, wie es um Jennifer stand.
Niemand gab ihm Auskunft. Die einen wußten nichts, die anderen wollten ihm noch nichts sagen, baten ihn um Geduld. Er kaufte am Kiosk Zigaretten.
Seit einem Dreivierteljahr rauchte er nicht mehr. Jennifer zuliebe hatte er damit aufgehört, aber nun war er zu schwach, um der Versuchung zu widerstehen. Er brauchte jetzt eine Zigarette, damit sich die Nerven beruhigten.
Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Er zündete sich eine Zigarette nach der anderen an, obwohl er es nicht mehr gewöhnt war, soviel zu rauchen.
Ein paar Türen weiter standen zwei Ärzte vor dem Milchglasschirm und sahen sich die Röntgenaufnahmen an.
»Was ist Ihre Meinung, Dr. Hill?« fragte Dr. Bennett.
John Hill, ein hagerer Mann mit kurzgeschorenem Haar, kratzte sich den Kopf und rückte seine randlose Brille zurecht.
»Sieht nicht gut aus«, antwortete er.
Mike Bennett, älter und kleiner als Hill, nickte beipflichtend. »Meine ich auch.«
Hills Blick wanderte über die Aufnahmen. »Eigentlich ist es unbegreiflich. Wenn ich… Also wenn ich nicht um meinen guten Ruf als hervorragender Diagnostiker zu fürchten brauchte, würde ich sagen…«
»Ja?« fragte Bennett rasch. Anscheinend wollte er bestätigt bekommen, was er auch selbst dachte.
»Es ist wider jegliche Logik«, meinte Dr. Hill und nahm kurz seine Brille ab. Er holte sein Taschentuch aus dem weißen Kittel und säuberte die ohnedies reinen Gläser. Es war eine reine Verlegenheitshandlung.
»Ich hoffe, Sie lachen mich nicht aus, Mike«, sagte er dann, »aber es ist mir schleierhaft, wie ein Mensch mit so schweren inneren Verletzungen leben kann. Nach meinem Dafürhalten müßte die Patientin tot sein.«
Mike Bennett nickte rasch. »Nach meinem auch, John.«
»Aber da das natürlich unmöglich ist, muß irgendwo ein Fehler vorliegen. Vielleicht hat man uns die falschen Aufnahmen ausgehändigt. Ich schlage deshalb vor, die Patientin noch einmal zu röntgen und anschließend mit größtmöglicher Akribie zu untersuchen. Ich bin sicher, daß sich das Rätsel rasch lösen läßt.«
Dr. Bennett nahm die Röntgenaufnahmen ab und legte sie in eine Mappe.
Sie verließen den Raum und kehrten zu Jennifer Bloom zurück, aber das Mädchen war nicht mehr da, und niemand konnte den Ärzten sagen, wohin die Patientin verschwunden war.
Mike Bennett setzte sich sicherheitshalber mit der Polizei in Verbindung, Es war unter Umständen lebensnotwendig, das Mädchen schnellstens in die Klinik zurückzubringen.
Ab und zu kam es vor, daß Patienten, die ärztlicher Hilfe bedurften, im Schock davonliefen und sich einbildeten, in Ordnung zu sein. Und zu Hause brachen sie dann zusammen.
Damit Jennifer nicht das gleiche passierte, informierte Dr. Bennett die Polizei.
Nachdenklich legte er den Hörer auf und musterte seinen Kollegen. »Was sagen wir ihrem Freund?« Hill zuckte mit den Achseln. »Daß er nichts für sie tun könne und nach Hause gehen solle.«
»Er wird sie sehen wollen.«
»Dann sagen wir ihm eben, daß das zur Zeit nicht möglich ist, und empfehlen ihm, morgen wiederzukommen. Bis dahin wird sich das Mädchen hoffentlich wieder bei uns befinden.«
Dr. Bennett rümpfte die Nase. »Irgendwie gefällt mir die Sache nicht, John.«
»Die Polizei wird das Mädchen zu Hause antreffen«, versicherte Dr. Hill. »In längstens einer Stunde haben wir sie wieder bei uns.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr.«
»Gehen wir zu Ontecan?«
Hill nickte.
Als sie erschienen, überfiel sie Bob gleich wieder mit seinen Fragen: »Wie geht es Jennifer? Sie ist doch hoffentlich nur leicht verletzt, oder? Sie war kurz ohnmächtig, ist das schlimm?«
»Machen Sie sich keine Sorgen, Mr. Ontecan«, sagte Dr. Bennett. »Mit Miß Bloom ist alles in Ordnung.«
Bob strahlte. »Wirklich? Darf ich zu ihr?«
»Nein, das dürfen wir leider nicht erlauben«, sagte Dr. Hill.
Bob sah ihn irritiert an. »Aber…«
»Die Patientin darf sich nicht aufregen, verstehen Sie«, sagte John Hill. »Deshalb haben wir sie isoliert und behalten sie bis auf weiteres zur Beobachtung
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