1741 - Die Shanghai-Falle
Seite drückte, aber wieder gegen die Scheibe.
So einfach wurde er den Gegner nicht los. Seine Pistole steckte in der Reisetasche. Nur dort versteckt hatte er sie mitnehmen können, doch nun hätte sie ihm genutzt, aber er konnte sie nicht herbeizaubern.
Wieder schaffte es sein Gegner, sich an ihm festzuklammern. Aus der Nähe sah Suko das Gesicht, und er hatte den Eindruck, eine Totenmaske vor sich zu haben. Selbst in den Augen entdeckte er kein Leben. Zwei Hände wollten seine Kehle umklammern. Dazu ließ es Suko nicht kommen. Mit einem Kopfstoß beförderte er den Angreifer zurück, bis der gegen das Geländer prallte.
Und da hatte Suko den Eindruck, dass die Zeit langsamer ablief, obwohl das nicht stimmte. Er sah seinen Feind dicht vor sich, und er sah auch, wie er schwankte. Es bestand die Chance, dass er über das Geländer hinweg nach unten kippte. Dagegen hätte Suko auch nichts gehabt, aber er hatte etwas anderes vor. Er wollte erfahren, um wen es sich bei diesem Angreifer handelte.
Jetzt bekam er auch Gelegenheit, den Kreis zu schlagen, und so rutschten die drei Riemen aus dem Peitschengriff hervor.
Dem anderen war nicht verborgen geblieben, was da ablief. Er konnte die Peitsche nicht kennen, wollte sich aber gegen ihren Schlag wehren und riss beide Arme hoch, um sein Gesicht und einen Teil des Körpers zu schützen.
Suko schlug trotzdem zu – und traf perfekt! Die Riemen aus Dämonenhaut wickelten sich um die Arme des Angreifers. Suko hörte das Klatschen, zog die Peitsche wieder zurück und wollte gegen den Körper treten. Das ließ er bleiben, weil etwas Bestimmtes passierte.
Die Gestalt fing an zu zittern. Das begann bei den Beinen, erfasste dann den anderen Teil des Körpers, erreichte den Kopf, und einen Moment später kippte der Kerl zurück.
Wie gesagt, das Geländer war nicht hoch. Es gab niemanden, der ihn festhielt, und so kippte er rücklings darüber hinweg und fiel in die Tiefe.
Suko war mit einem Schritt am Geländer, um den Flug zu verfolgen. Er machte sich schon Vorwürfe, weil er den Mann nicht vor seinem Flug bewahrt hatte, doch als er genauer hinschaute, da machte er eine Entdeckung, die seine Augen groß werden ließen.
Die Gestalt raste dem Boden entgegen, doch unterwegs geschah etwas mit ihr.
Sie löste sich auf.
Suko sah den Körper und auch die Staubfahne, die sich aus oder von ihm löste. Zwar wurde sie vom Wind erfasst, aber sie glitt auch dem Boden entgegen.
Mann und Fahne?
Nein, nur noch die Fahne, denn der Mann war zu Staub geworden, zu winzigen Teilen oder Körnern, mit denen der Wind spielte.
Suko stand an der Brüstung und schaute nach unten. Das hier war selbst für ihn eine Überraschung gewesen, wo ihn doch eigentlich nichts mehr überraschen konnte. Oder nur selten.
Eines stand jedenfalls fest.
Er hatte es hier nicht mit normalen Gegnern zu tun. Hier lauerte eine Magie im Hintergrund, bestückt mit Gegnern, die tödlich gefährlich werden konnten.
Er musste davon ausgehen, dass diese zweite grausame Überraschung nicht die letzte sein würde, und es war klar, dass er die Zielscheibe war.
Er drehte sich um. Shao musste wissen, was passiert war. Mit dem Duschen war sie bestimmt fertig.
Suko zog die Tür so weit auf wie möglich, schob die Gardine zur Seite, schaute in das Zimmer – und glaubte in einem falschen Film zu sein.
Er sah Shao.
Aber er sah auch, dass sie um ihr Leben kämpfte!
***
Im ersten Augenblick war Shao so überrascht, dass sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. Schreien? Zurückweichen?
Das war nicht ihre Sache. Auch sie war eine Kämpfernatur, allein schon bedingt durch ihre Vergangenheit, denn sie war die Letzte in der langen Ahnenkette der Sonnengöttin Amaterasu.
Das half ihr jetzt nicht. Sie konnte sich auch nicht auf Suko verlassen, und das wusste der Eindringling genau, dessen Lippen anfingen zu zucken.
Man ließ Shao keine Zeit mehr, eine Entscheidung zu treffen, denn der Fremde sprang sie an.
Im Flur war es zu eng, um ausweichen zu können, und so musste Shao die Attacke hinnehmen. Der Mann rannte gegen sie, und Shao war froh, dass er keine Waffe gezogen hatte. Aber sie war auch jemand, die sich nicht so leicht von den Beinen holen ließ. Sie stürzte nicht. Was immer der Angreifer vorhatte, es kam zu einem Patt. Den Schlag hatte sie abwehren können, und jetzt spürte sie für einen winzigen Augenblick den anderen dicht bei sich. Sein Körper kam ihr irgendwie starr vor. Als bestünde er aus einem völlig
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