1747 - So schmeckt der Tod
tat gut, die frische Herbstluft in die Lungen strömen zu lassen.
»Bleibt es dabei?«, fragte Suko.
»Sicher. Auf nach Blackmoore.«
»Genau darauf bin ich gespannt.«
Ob wir die drei Halbvampirinnen dort finden würden, stand in den Sternen.
Zumindest aber hatten wir Hoffnung, und irgendwo mussten wir schließlich anfangen...
***
Die alte Hütte stand dort, wo der Boden felsiger wurde und seine weiche Konsistenz verlor, die tatsächlich etwas Moorartiges an sich hatte.
Die Hütte war nicht sehr groß und sie verdiente eigentlich den Namen Haus, denn sie war aus Stein errichtet worden. Wer das damals vor mehr als siebzig Jahren getan hatte, war in den Annalen der Geschichte verschwunden. Jedenfalls war sie damals wichtig gewesen, denn sie hatte als Waffenlager gedient. Das war während des Zweiten Weltkriegs gewesen.
Als diese Zeit vorbei war, hatte man die Hütte als Liebesnest benutzt. Aber auch diese Zeit lag zurück. Die jungen Leute hatten andere Orte gefunden und wollten nicht erst lange laufen müssen, um das Versteck zu erreichen.
So war die Hütte zwar nicht in Vergessenheit geraten, aber man kümmerte sich nicht mehr um sie. Die Natur hatte sich den damals gerodeten Ort wieder zurückerobert und sich so ausgebreitet, dass der kleine Bau fast überwuchert war. Hinzu kamen die halbhohen Bäume, die einen zusätzlichen Schutz gaben, sodass sie selbst aus der Höhe nicht zu entdecken war.
Vergessen war sie nicht.
Seit einiger Zeit schon diente sie als Versteck für drei Personen weiblichen Geschlechts. Sie stammten aus der Nähe von London, und sie waren einen bestimmten Weg gegangen. Sie hatten sich aus der Grufti-Szene gelöst, weil die ihnen zu langweilig geworden war. Sie wollten mehr erleben und tiefer in eine dunkle Existenz eintauchen, von der sie überzeugt waren, dass es sie gab.
Ein besseres Versteck konnte es für sie nicht geben. Hier warteten sie auf den großen Tag. Aber er war nicht gekommen, und er kam auch nicht, denn diejenige Person, die sie aufgesucht hatte, um sich als ihre Anführerin zu präsentieren, war verschwunden.
Dabei hatten sie ihr so vertraut. Sehr deutlich hatten sie die Macht und die Stärke dieser blondhaarigen Blutsaugerin, die sich Justine Cavallo nannte, gespürt.
Die Blonde hatte ihnen sogar versprochen, sie zu dem zu machen, wovon sie träumten.
Endlich eine richtige Blutsaugerin zu sein und nicht mehr als Halbvampire zu existieren.
Sie hatten darauf gehofft, sie waren voller Vorfreude gewesen, aber es war nichts geschehen. Die Blonde hatte sie im Stich gelassen. Tage und Wochen waren vergangen, ohne dass sie eine Nachricht von ihr erhalten hatten.
Jetzt waren die Zweifel groß. Sie hatten den Glauben an sie verloren. Sie gingen immer mehr davon aus, dass sie im Stich gelassen worden waren, und so mussten sie sich überlegen, wie es mit ihnen weiterging.
Dass sie Blut brauchten, stand fest. Sie mussten es trinken, damit es ihnen nicht schlechter ging. Und so waren sie gezwungen, sich ihre Opfer zu suchen.
Nicht direkt in den nahe liegenden Orten. Dabei gingen sie schlau zu Werke. Sie hatten sich immer Menschen ausgesucht, die so schnell niemand vermisste. Obdachlose, die im Freien lebten und sich in der Nacht in ihre Verstecke zurückgezogen hatten.
Ihr Blut war für die drei Halbvampire die entsprechende Nahrung gewesen, aber das Wahre war es für sie nicht gewesen. So hatten sie beratschlagt und den Entschluss gefasst, dass sie einen anderen Weg einschlagen mussten.
Den Weg zurück.
Nicht mehr so oft das Blut der Menschen trinken. Vielleicht wieder normal werden. Wenn sie ihren Drang unter Kontrolle bekamen, konnte das vielleicht klappen.
Es war nicht so. Hin und wieder mussten sie raus und sich stärken. So war es auch bei dem Autofahrer gewesen, dessen Blut sie getrunken hatten. Da waren sie wieder so wild gewesen, und sie hätten auch den Tod des Mannes in Kauf genommen.
Es war nicht passiert. Man hatte den Mann gefunden, und jetzt gab es einen Zeugen, der sie beschreiben konnte. Bei den Obdachlosen hatte das keine Rolle gespielt, in diesem Fall war es schon wichtig. So mussten sie davon ausgehen, dass sie aufgefallen waren und die Menschen etwas unternehmen würden.
Vorsicht war angesagt. Sie nahmen sich vor, sich weniger in der Öffentlichkeit zu zeigen. In dieser Hütte würde sie zwar niemand aufspüren, aber manchmal unternahmen sie auch Ausflüge in die Umgebung und mischten sich unter die Menschen. Dabei verstanden sie es perfekt,
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