1756 - Herr der Milchstraße
unschuldig am Tode Klerins war wie sie auch.
Als der Künstler sich schließlich erheben durfte, bot er einen jämmerlichen Anblick. Er war eine gebrochene Persönlichkeit, die nicht mehr die Kraft hatte, sich gegen die mörderische Energie der Prinzessin zu wehren.
„Du hast es geschafft", sagte der Leibwächter anerkennend. „Das Geständnis ist überzeugend."
Sie seufzte. „Hoffentlich mache ich keinen Fehler", meinte sie.
„Es kann kein Fehler sein, dem Fürsten den Mörder zu liefern!"
Sie blickte ihn an, und ein spöttisches Lächeln glitt über ihre aufgeworfenen Lippen.
„Und wenn der Fürst den Prinzen Klerin selbst ermordet hat?" fragte sie. „Was wird er dann denken, wenn ich ihm einen Täter präsentiere, wo er doch genau weiß, daß er es auf keinen Fall gewesen sein kann?"
Erschrocken trat der Leibwächter einen Schritt zurück.
„Du meinst, Adrom könnte Klerin, seinen eigenen Sohn, getötet haben?"
„Bei Adrom ist alles möglich", versetzte sie, griff nach einem goldenen Becher und trank einen winzigen Schluck von dem Getränk, das sich darin befand.
Es war außerordentlich aromatisch und schmeichelte der Zunge. Sie hätte gern mehr getrunken, doch sie fürchtete die berauschende Wirkung des Getränks. Bei dem bevorstehenden Gespräch mit Adrom wollte sie auf jeden Fall nüchtern sein.
„Warum hätte Adrom das tun sollen? Seinen eigenen Sohn ...?"
„Prinz Klerin war eine Lichtgestalt! Er war eine ganz besondere Persönlichkeit, die beim Volk ungewöhnlich beliebt war. Die Leute haben ihn förmlich angebetet, und alle haben in ihm den Fürsten gesehen, der Adrom nachfolgen wird. Doch das hat Adrom keineswegs gefallen. Er war eifersüchtig auf Klerin. Er neidete ihm seine Popularität und hat ihm bei vielen Gelegenheiten verboten, sich in der Öffentlichkeit blicken zu lassen. Er allein wollte im Mittelpunkt stehen, und er ertrug es nicht, wenn sich das ganze Interesse auf Klerin richtete. Er haßte es, wenn man Klerin zujubelte und ihn, den Fürsten, kaum beachtete. Er ist ein gefährlicher Mann, der solche Dinge hin und wieder auf seine Weise regelt."
„Und trotzdem wagst du es, ihm Karas Promeos als Täter zu präsentieren?"
„Es ist ein Spiel", lächelte sie.
„Aber ein überaus gefährliches Spiel!"
„Vielleicht!" Sie stellte den Becher zur Seite, nahm ein langes, seidiges Band und warf es dem Künstler um den Hals. Dann legte sie es sich über die Schulter und führte Karas Promeos wie einen Hund aus dem Salon. „Darin liegt der Reiz des Spiels. Es ist mit einem Risiko behaftet."
„Und was ist, wenn Adrom wirklich der Täter ist?"
Sie blieb stehen und blickte den Leibwächter lächelnd an.
„Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten: Vielleicht amüsiert es den Fürsten, daß ich der Polizei die Arbeit abnehmen wollte. Vielleicht nimmt er das Opfer dankbar an, damit niemand darauf kommt, daß er es war. Im schlimmsten Fall findet er es lächerlich, was ich getan habe, und schickt mich weg mit meinem Künstler. Oder aber er wird mißtrauisch, und das wäre dann wirklich unangenehm!"
Sie wippte bei jedem Schritt auf den Fußballen, als sie den Salon nun verließ, um Adrom Cereas von Mereosch das geständige Opfer zu übergeben.
Sie war erst wenige Schritte gegangen, als ihr Kanzler Herengoor entgegenkam. Erstaunt blickte er sie an.
„Wer ist das?" fragte er.
„Der Mann hat gestanden, Prinz Klerin ermordet zu haben. Ich bin auf dem Weg zu Adrom, um es ihm zu sagen."
Kanzler Herengoor senkte abwehrend den Kopf, drehte ihn etwas zur Seite und blickte sie mit seinem rechten Auge durchdringend an.
„Der Zeitpunkt ist schlecht gewählt", bemerkte er. „Perry Rhodan, der Herr der Milchstraße, ist auf dem Wege zu uns nach Antantotas. Adrom wird ihn empfangen, und bis dahin steht ihm nicht der Sinn nach solchen Dingen."
„Aber es ist ungeheuer wichtig, daß ich mit ihm rede und ihm den Mörder seines Sohnes übergebe", ereiferte sie sich. Sie zupfte so energisch an dem Band, daß der Kopf des mit Drogen Betäubten haltlos hin und her flog.
„Die meisten Probleme in unserer Welt werden von Frauen zu uns hereingetragen, die sich wichtig vorkommen", behauptete er, wobei seine Stimme an Schärfe gewann.
Erschrocken blickte sie ihn an.
War sie denn nicht wichtig? War sie nicht die Favoritin des Handelsfürsten? Und war es nicht ihre Pflicht, ihm zur Seite zu stehen und ihm einen Übeltäter zu übergeben, wenn sie seiner habhaft geworden war?
Überrascht
Weitere Kostenlose Bücher