1758 - Zombieland
seine Füße Schnee auf, und der Wind trieb kleine Kristalle vor seinem Gesicht entlang.
Er nahm Kurs auf Karina, blieb dann vor ihr stehen und schien auf eine Frage zu warten.
Karina tat ihm den Gefallen.
»Du bist Basil?«
»Ja.«
»Gut. Dann setz dich bitte.«
Das tat Basil. Er sagte mit leiser Stimme: »Wir haben leider nicht so viel Zeit und...«
»Warum nicht?«
»Das sage ich dir später.«
»Einverstanden.« Karina nahm den Geruch der alten Kleidung wahr und fragte mit leiser Stimme: »Wer bist du eigentlich?«
»Einer, der eigentlich hätte vergessen sein müssen. Ich bin schon zu alt.«
»Okay, aber man hat dich wohl nicht vergessen.«
»So ist es.«
»Und warum nicht?«
»Man brauchte mich.«
»Wer?«
»Das ist ein Problem«, gab er zu.
»Warum?«
»Ja, die Zeiten haben nicht alles weggespült. Ich habe mal für die Firma gearbeitet, die auch dich bezahlt. Damals hatte sie nur einen anderen Namen. Egal, es ist lange her.«
»Und jetzt?«
Er hob die Schultern an. »Ich sehe eine große Gefahr auf uns zukommen. Eine, von der ich dachte, dass sie nicht mehr existiert, aber ich habe mich geirrt.«
Karina hatte bereits etwas erfahren und wiederholte das Gehörte nun. »Du hast von Rasputin gesprochen und diesem Zombieland.«
»Das stimmt.«
»Und was kannst du mir darüber sagen?«
»Dass es ihn gibt. Dass er nicht tot ist. Dass Rasputin lebt. Man sagt es nicht offiziell, aber wer Ohren hat, der kann es hören. Sogar hier in Lettland, wo ich meine restlichen Lebensjahre verbringen will, denn hier kenne ich mich aus.«
»Wo ist er?«
Basil drehte Karina das stoppelbärtige Gesicht zu. »Ich weiß es nicht genau.«
»Gut, dann frage ich anders. Was ist mit dem Zombieland? Was hat es damit auf sich?«
»Es ist eine Folge dessen.«
»Du meinst Rasputin?«
»Ja. Es sieht alles danach aus, dass sich gewisse Dinge wiederholen, und das hätte ich nicht gedacht. Ich habe vorhin von einem Vergessen gesprochen. Leider ist das nicht eingetreten. Man hat sich an mich erinnert und dabei auch an manche Dinge, die ich zu meiner Glanzzeit getan habe. Sie waren nicht immer so, dass sich unsere Seite darüber freuen konnte. Aber man hat mich in Ruhe gelassen, obgleich mich nicht wenige Menschen als Verräter ansahen. Aber man brauchte mich wohl. Da hat man über vieles hinweggesehen und mich an der langen Leine gehalten. Dann kam das Ende der UdSSR. Alles wurde anders. Die große Veränderung schlug zu, und ich konnte davon profitieren. Man zog mich nicht zur Rechenschaft. Ich bewegte mich frei, fühlte mich aber nicht so richtig frei, denn oft genug begegnete ich Menschen, die ich aus alten Zeiten kannte. Man sprach nicht viel darüber. Höchstens im vertrauten Kreis. Aber die Zeit schloss die alten Wunden. Man kam wieder zusammen. Die alten Verbindungen waren noch da. Es gab Netzwerke, und das habe ich besonders zu spüren bekommen.«
»Inwiefern?«
»Nun ja, man wusste, was ich vor den neuen Zeiten getan hatte. Und jetzt hatte man mich. Es gab noch zahlreiche Menschen, die eine Rechnung mit mir offen hatten, und trotz meines Alters wurde ich wieder in das Netz hineingewoben.«
Eine Frage lag Karina auf der Zunge. Sie musste sie einfach stellen.
»Du arbeitest wieder für den Geheimdienst?«
»Irrtum...«
»Ach?«
»Ich arbeite für eine Organisation. So musst du das sehen. Es ist nicht der Geheimdienst, aber die Organisation ist sehr mächtig, das kann ich dir sagen.«
»Sind es die Erben Rasputins?«
Basil saugte die Luft ein. Dabei schaute er gegen die Mauern der Leichenhalle. »Man kann es so sagen.«
»Gut. Und was hat das jetzt alles mit mir zu tun?« Sie stellte die Frage vorsichtig, doch sie ahnte, dass es für sie allmählich gefährlich werden konnte, obwohl sie nichts getan hatte, zumindest nicht hier in Riga. Ihr Einsatzgebiet lag weiter östlich, und sie hatte das Gefühl, in einer Falle zu stecken.
»Du bist für sie wichtig, Karina.«
»Das weiß ich.« Sie musste lachen. »Ich habe der Bande schon oft genug Probleme bereitet.«
»Das wissen sie auch.«
»Und weiter?«
»Deshalb musst du aus dem Weg geräumt werden. Das haben sie sich fest vorgenommen.«
Karina blieb gelassen. »Ist mir nicht neu. Wir mögen uns nicht und sind wie Feuer und Wasser.«
»Man scheint schon Respekt zu haben. Jedenfalls will man dich aus dem Weg schaffen, und man ist schon so weit, dass man einen Killer engagiert hat.«
»Aha. Kennst du ihn?«
Basil nickte vor sich hin.
Karinas Augen
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