176 - Geliebter Höllenkater
sprachen?
Wir werden es hinterher wissen, sagte ich mir.
***
Der rote Motorroller, mit dem sie Lennie überfahren hatten, gehörte Warren Adams’ Vater. Adams senior war mit seiner zweiten Ehefrau, Warrens Stiefmutter, verreist. Die beiden hielten sich zu einem Langzeiturlaub in Marokko auf. Wenn sie zurückkamen, sollte dem Roller nicht mehr anzusehen sein, daß Warren damit einen Unfall gebaut hatte.
»Wir werden ihn reparieren«, hatte Warren entschieden. »Zuerst klopfen wir die Delle aus, dann schleifen wir das Blech ab, tragen Kitt auf und lackieren neu. Eine Sache von ein paar Stunden. Du wirst mir dabei helfen.«
»Ich habe zwei linke Hände, wie du weißt«, erwiderte der dicke Paul Kaufman.
»Wessen Idee war es, mit dem Roller zu fahren?«
»Meine, aber…«
»Also wirst du mir auch zur Hand gehen«, fiel der sommersprossige Warren dem Freund ins Wort.
»Meinetwegen«, gab Paul nach. »Aber eine große Hilfe werde ich dir nicht sein. Versprich dir lieber nicht zuviel.«
Die Werkstatt befand sich etwa 50 Meter neben dem Haus. Sie wurde von der Zentralheizung mit so viel Wärme versorgt, daß die jungen Männer die Tür offenlassen konnten.
Paul hielt von Arbeit nicht viel.
Er sah lieber von früh bis spät fern. Das sah man ihm auch an. Trotz seiner Jugend hing ihm schon schwabbeliges Fett über den Gürtel. Er hatte dicke Wangen, und die Ohren schienen in seinen Kopf wachsen zu wollen.
Er spielte den Handlanger höchst widerwillig. Jedesmal wenn er sich schmutzig machte, verzog er das Gesicht.
Warren hämmerte, schliff und kittete. Dann trug er den Lack auf. Paul reichte ihm, was er haben wollte. Schließlich hielt Warren inne und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Fertig«, ächzte er. »Hast du Hunger?«
Paul grinste. »Immer.«
»Dann nimm den Fön und trockne die Lackstellen hier. Ich hole uns inzwischen was zu essen.«
»Das ist heute die erste vernünftige Idee, die ich von dir höre«, sagte Paul und nahm den Heißlufttrockner aus dem Werkzeugregal an der Wand.
Warren Adams verließ die Werkstatt und begab sich ins Haus. In der Küche plünderte er den Kühlschrank. Er legte Käse, Wurst und Fleisch bereit, riß die Packung mit den weichen Weißbrotscheiben auf, holte Majonnaise und Ketchup, schmierte die Poren des Brots mit französischem Senf zu und begann mit dem Belegen und Verzieren.
Als er mitten in der Arbeit war, glaubte er, das leise Miauen einer Katze zu hören.
***
»Du hast auch sofort an die Alte mit der räudigen Katze gedacht«, sagte Mr. Silver. »Stimmt’s Tony?«
»So viele dürre, räudige Katzen gibt es nicht«, gab ich zurück.
»Die magere Lady scheint irgendeine Schweinerei angeleiert zu haben«, vermutete der Ex-Dämon.
Wir standen auf der Straße - zwischen dem Haus von George Dawson und jenem der Sutherlands.
»Ich bin dafür, daß wir uns mit den Sutherlands unterhalten«, sagte ich.
»Ich auch«, nickte Mr. Silver. »Seit sie ihren Kater verloren haben, stinkt irgend etwas zum Himmel, würde ich - milde ausgedrückt - sagen.«
»Ist wirklich vornehm, deine Ausdrucksweise«, erwiderte ich grinsend. »Das kannst du nur von mir gelernt haben.« Ich läutete bei den Sutherlands.
Ein schlanker, dunkelhaariger Mann öffnete. Natürlich wußte er, was im Haus des Nachbarn passiert war. Es erstaunte ihn aber, daß wir ihn deswegen sprechen wollten. Dennoch ließ er uns ein. Wir lernten seine Familie kennen: Meryl Sutherland und die kleine Linda, die uns mit ihren großen Augen mißtrauisch musterte. Wahrscheinlich hatten ihr die Eltern eingeschärft, keinen fremden Männern zu trauen. Ich nahm dem Kind seinen Argwohn nicht übel.
Wie George Dawson standen auch die Sutherlands vor einem Rätsel. Auch sie konnten sich nicht erklären, was mit Captain passiert war.
Schlimm genug, daß ihn irgend jemand so schrecklich zugerichtet hatte. Daß sich der tote Hund hinterher auflöste, sprengte die Vorstellungskraft der Sutherlands.
Mr. Silver ließ die Bemerkung fallen, daß sie und George Dawson nun ein gemeinsames Schicksal verband: Sie hatten beide einen geliebten vierbeinigen Freund verloren; die Sutherlands ihren Kater durch einen bedauerlichen Unfall, Dawson seinen Schäferhund durch diesen mysteriösen Vorfall.
Lindas blaue Augen füllten sich sofort mit Tränen. Ich sah, wie sie die kleinen Hände zu Fäusten ballte und die Zähne in die Unterlippe grub. Tapfer hielt sie die Tränen zurück. Sie schien Lennie - wie das bei Kindern häufig
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