176 - Geliebter Höllenkater
Luder starrte mich an, als wäre ich sein Todfeind«, erzählte Warren weiter. »Ich hielt ihm eine Wurstscheibe hin. Es stürzte sich darauf, als wollte es meine Hand gleich mitfressen. Ich ließ die Wurst fallen und sprang zurück. Die Katze verschlang sie und rannte davon. Erst als sie verschwunden war, merkte ich, daß sie mich verletzt hatte.«
»Hoffentlich hatte dieses räudige Ding nicht die Tollwut«, sagte Paul Kaufman, »sonst mußt du zum Arzt gehen und dir eine Spritze geben lassen.«
***
Wir brachten Peter Sutherland nach Hause. Meryl Sutherland und ihre Tochter sahen uns neugierig an, stellten aber keine Fragen. Peter Sutherland ging zu ihnen und umarmte sie. Wahrscheinlich fragte sich seine Frau, was das zu bedeuten hatte. Ihr fragender Blick suchte meine Augen, doch ich schwieg.
»Linda«, sagte Peter Sutherland heiser. »Lennie ist verschwunden. Er liegt nicht mehr in seinem Grab. Erinnerst du dich an die alte Frau, die du gesehen hast? Sie hat ihn fortgeholt. Vermutlich hat sie ihn mit nach Hause genommen.«
»Warum hätte sie so etwas Schreckliches tun sollen?« fragte Meryl Sutherland.
»Sie kann nicht normal sein«, sagte ihr Mann. »Sie sagte zu Linda, sie könne Lennie vielleicht helfen. Das allein beweist schon, daß sie verrückt ist.«
Mr. Silver erwähnte, daß der Nachbar eine Katze gesehen hatte, die Lennie ähnlich sah.
»Ich weiß nicht, was für ein Tier George Dawson sah«, sagte Meryl Sutherland nervös. »Ich bin jedoch absolut sicher, daß es nicht Lennie war.«
Sie schaute mich dabei an, als erwarte sie von mir eine Bestätigung, doch die konnte ich ihr nicht geben, denn ich wußte mehr als sie.
Ich wußte zum Beispiel, daß verdammt vieles möglich war, wenn jemand schwarze Magie anzuwenden verstand.
Linda schien es mit Fassung zu tragen, daß ihr geliebter Kater nicht mehr unter der Erde lag. Das Kind mit dem engelblonden Haar hielt sich bemerkenswert gut. Vielleicht hatte Linda schon zu viele Tränen um den toten Freund vergossen und wollte nun nicht mehr weinen.
Es klopfte, und Sutherland ging an uns vorbei, um die Haustür zu öffnen.
George Dawson stand draußen.
Obwohl er lächelte, gefror mir das Blut in den Adern, denn der Nachbar hatte seine Schrotflinte mitgebracht. Er richtete die Waffe jedoch nicht gegen Peter Sutherland, sondern gegen sich selbst, und er lächelte dabei unwahrscheinlich zufrieden.
Der Gewehrlauf war senkrecht nach oben gerichtet, die Mündung befand sich unter Dawsons Kinn. Wenn er abdrückte…
Ich startete, stieß Peter Sutherland zur Seite und wollte Dawson die Schrotflinte entreißen, aber ich war nicht schnell genug. Niemand wäre schnell genug gewesen.
Der Schuß brüllte mir aus nächster Nähe in die Ohren - und dann lächelte George Dawson nicht mehr!
***
Nachdem Warren Adams und Paul Kaufman alle Brote gegessen hatten, begutachteten sie den getrockneten Lack. »Jetzt sieht der Flitzer wieder wie neu aus. Dein Vater wird zufrieden sein«, sagte Paul.
»Besser, wir sagen ihm nichts«, meinte Warren. »Sonst kann ich mir den Roller in Zukunft nur noch aus der Ferne ansehen.«
»Er soll froh sein, daß sich jemand ab und zu um das Museumsstück kümmert«, brummte der dicke Paul Kaufman. »Ohne uns würde das Ding doch keinen Meter mehr schaffen.«
»Machen wir eine Probefahrt?« fragte Warren Adams.
»Wozu denn das? Wir haben doch nur am Blech rumgefummelt.«
»Ich möchte sehen, ob sich das Fahrverhalten des Rollers in irgendeiner Weise verändert hat«, sagte Warren.
Paul schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Lust, mit dir eine Runde zu drehen. Es ist zu kalt.«
»Bin gleich wieder da«, sagte Warren und schob den Motorroller aus der Werkstatt.
»Setz deinen Sturzhelm auf.«
»Ach, für die kleine Fahrt.« Warren winkte ab.
»Es kann immer was passieren. Der Teufel schläft nicht.«
Warren hörte nicht auf den Freund. Er trat den Motor an und schwang sich auf das knatternde Gefährt. Mit Vollgas brauste er davon und verschwand aus Pauls Blickfeld. Paul zog seinen Mantel an und trat aus der Werkstatt. Er richtete den Blick zum schmutziggrauen Himmel. Die Wetterfrösche sprachen seit Tagen davon, daß es Schnee geben würde. Aber noch hatte sich keine einzige Flocke gezeigt.
Indessen drehte Warren Adams seine Runde. Der Fahrtwind war eisig, aber das spürte Warren nicht. Eine seltsame Wärme befand sich in ihm. Sie erhitzte seine Muskeln und das Blut. Er fühlte sich großartig, unverwundbar. Am liebsten hätte
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