176 - Geliebter Höllenkater
Vergangene Nacht hörte ich sie mit ihm reden!«
Ich bekam eine Gänsehaut. Das Kind befand sich in unermeßlicher Gefahr. Man konnte sich bestimmt nicht darauf verlassen, daß der Kater dem Mädchen nichts tun würde, weil es ihm Unterschlupf gewährte.
Das verfluchte Tier konnte jederzeit auch Linda verletzen. Was das für Folgen hatte, hatte uns George Dawson gezeigt.
Wir mußten mit Linda reden!
***
Das Haus, in dem Paul Kaufman zur Untermiete wohnte, gehörte einer Frau mittleren Alters namens Sarah Skywalker. Das war ein so außergewöhnlicher Name, daß viele ihn nicht für echt hielten, und das war er auch nicht. Jedenfalls war Sarah nicht mit dem Familiennamen Skywalker auf die Welt gekommen. Sie hatte ihn sich selbst zugelegt, vor fünf Jahren, als sie angefangen hatte, Science-fiction-Storys zu schreiben. Davor hatte sie Pollack geheißen, aber dieser Name war ihr nicht zugkräftig genug gewesen.
Sie war eine Frau, die wenig auf Äußerlichkeiten hielt, war schlecht gekleidet und nie richtig frisiert.
Sie wußte, daß sie so attraktiv wie ein gebrauchter Mop war, doch das war ihr egal. Sie wollte nicht anziehend auf die Männer wirken. Sex spielte in ihrem Leben so gut wie keine Rolle. Sie fand, daß sie sich damit eine Menge Aufregungen ersparte.
Wie fast immer saß sie an ihrer Schreibmaschine und arbeitete an einer Geschichte.
Draußen ging soeben Paul Kaufman an ihrem Fenster vorbei. Etwas Schreckliches schien vorgefallen zu sein. Paul war völlig verstört nach Hause gekommen, und Sarah Skywalker wußte heute immer noch nicht, was den jungen Mann so tief erschüttert hatte.
Das war seine Angelegenheit. Sarah Skywalker hatte nicht die Absicht, in ihn zu dringen. Wenn er ihr etwas zu erzählen hatte, würde sie es früher oder später erfahren. Wenn nicht, war es ihr auch recht.
Neugier hatte Sarah Skywalker noch nie geplagt.
Der dicke junge Mann ging am Postkasten vorbei und kam mit schwerfälligen Schritten durch den Vorgarten auf das Haus zu. Sarah Skywalker erhob sich. Sie wollte mit Paul Kaufman reden. Allerdings nicht über sein Problem, sondern über ein anderes.
Sie hörte, wie er die Tür öffnete und trat aus ihrem Arbeitszimmer. Er war in Gedanken versunken, bemerkte sie nicht. Er wäre an ihr vorbeigegangen, wenn sie ihn nicht angesprochen hätte.
»Mr. Kaufman.«
Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn gegen das Schienbein getreten. »Oh, Miß Skywalker.«
Sie musterte ihn. Er war blaß. »Alles okay, Mr. Kaufman?«
»Ja. Doch«, antwortete er geistesabwesend. »Warum fragen Sie?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Aus rein privatem Interesse.«
Er wußte nicht, ob er noch stehenbleiben sollte oder schon weitergehen konnte. Er hatte keine Lust, sich mit jemandem zu unterhalten. Nicht nach dem schrecklichen Erlebnis von gestern. Er hatte seinen besten Freund durch Selbstmord verloren. Das mußte einer erst einmal geistig verarbeiten. So etwas ging nicht von heute auf morgen.
»Sie sind ein angenehmer Untermieter«, sagte Sarah Skywalker.
Sie raspelt Süßholz, dachte Paul Kaufman. Was bezweckt sie damit? Fühlt sie sich einsam?
»Freut mich, daß Sie das sagen, Miß Skywalker«, erwiderte er und sehnte sich nach ›seinem‹ Obergeschoß, nach dem Alleinsein.
»Ich bin mit Ihnen sehr zufrieden«, sagte Sarah Skywalker. »Das ist nicht nur so dahergeredet. Wir kommen wunderbar miteinander aus. Als Sie einzogen, nannte ich Ihnen die Hausregeln, und Sie waren damit einverstanden. Keine laute Musik nach 22 Uhr…«
»… keine Damenbesuche und keine Haustiere«, ergänzte Paul Kaufman. »Ich erinnere mich, und ich habe mich stets an diese Regeln gehalten.«
Sarah Skywalker kniff das rechte Auge ungläubig zusammen. »Sind Sie ganz sicher, Mr. Kaufman?«
»Aber ja.«
»Sie wissen, daß ich großen Wert auf absolute Ehrlichkeit lege, Mr. Kaufman.«
»Wollen Sie mir etwa Unehrlichkeit unterstellen?« Paul drohte ärgerlich zu werden.
»Sie werden mir ein gutes Gehör zugestehen, Mr. Kaufman.«
»Wenn Sie meinen«, erwiderte Paul Kaufman, »Aber ich weiß nicht, worauf Sie hinaus wollen, Miß Skywalker.«
»Es ist mein Prinzip, nie nach oben zu gehen. Sie haben das Obergeschoß gemietet, es gehört Ihnen, solange Sie die Miete pünktlich und ohne Ermahnung bezahlen - und solange Sie sich an die Hausregeln halten. Ich bin sicher, Sie wissen, wovon ich rede, aber wenn Sie unbedingt möchten, daß ich es ausspreche, will ich es gern tun: Sie haben eine Katze in Ihrer
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