176 - Geliebter Höllenkater
traf den ausgemergelten Körper. Die Katze kreischte zornig auf, stieß sich ab und katapultierte sich dem jungen Mann entgegen.
Er ließ den Schirm fallen und riß die Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen, war aber nicht schnell genug. Ein heftiger Schmerz durchglühte seine Wange.
Er stöhnte.
Wankte.
Die Katze flitzte an ihm vorbei und sprang aus dem Fenster. Kaufman drehte sich um und sah das Tier in weitem Bogen hinausfliegen. Er taumelte zum Fenster und schaute hinaus, aber er sah nicht mehr, wie die Katze landete.
Das widerliche Tier war verschwunden.
***
Unheimliche, unerklärliche Dinge hatten ihren Lauf genommen und fanden ihre schaurige Fortsetzung, ohne daß es jemandem auffiel. George Dawsons Leichnam lag in einer Kühlbox. Noch war nicht geklärt, wann und wie man ihn bestatten sollte. Erst mußten seine Angehörigen ausfindig gemacht werden, und die hatten sich dann für eine Bestattungsart zu entscheiden.
Sollte es keine Angehörigen geben, würde der Staat die Entscheidung treffen, denn Dawson konnte nicht ewig in der Kühlbox bleiben.
Magische Kräfte nahmen allen die Entscheidung ab. Sie durchdrangen den Toten, ergriffen Besitz von ihm und begannen ihr zerstörerisches Werk.
In George Dawsons Körper liefen die gleichen magischen Mechanismen ab wie bei Captain. Bläuliche Dämpfe entstiegen ihm und füllten die Box.
Zwei Ärzte arbeiteten in der Nähe.
Sie sezierten eine junge Frau, deren Todesursache gerichtsmedizinisch geklärt werden mußte. Als die bläulichen Dämpfe aus der Box stiegen, fielen sie einem der beiden Ärzte auf.
»Sieh mal«, machte der seinen Kollegen aufmerksam.
»Sieht nach einem Kabelbrand aus. Verdammt, wenn das Kühlsystem ausfällt, wird sich hier ein Gestank ausbreiten, der nicht auszuhalten ist.«
»Ausgerechnet jetzt muß so etwas passieren, wo nahezu alle Boxen belegt sind.«
Die Ärzte eilten zu dem Kühlfach, aus dem der ›Rauch‹ stieg. Sie öffneten es und staunten, denn… die Box, in der George Dawsons Leiche liegen sollte, war leer!
Der Tote hatte sich - wie sein Hund - aufgelöst.
Dasselbe passierte an anderer Stelle mit Warren Adams’ Leichnam.
»Verstehst du das?« fragte der Arzt, dem der ›Brand‹ zuerst aufgefallen war, seinen Kollegen.
»Nein«, antwortete dieser heiser.
***
»Dieses gottverdammte Biest!« stieß Paul Kaufman zornig hervor.
»In diesem Haus wird nicht geflucht, Mr. Kaufman!« wies ihn Sarah Skywalker zurecht.
»Die verd… Katze hat mich gekratzt!« sagte Kaufman. Er drückte ein dickes weißes Taschentuch auf seine Wange.
»Ist sie noch oben?«
»Nein. Nachdem sie mich verletzte, sprang sie aus dem Fenster und verschwand.«
»Sie sprang aus dem Fenster?« fragte Sarah Skywalker erstaunt.
»Und wie. Das hätten Sie sehen sollen. Wie ein Geschoß flog sie hinaus. Ich habe noch kein so widerliches Tier gesehen. Räudig und klapperdürr war es, und doch so stark, daß man es kaum für möglich halten möchte. Sie hat meinen Regenschirm zerfetzt wie nichts. Sie hätte mich bestimmt viel schlimmer zurichten können, wenn sie gewollt hätte. Es ist mir ein Rätsel, wie sie in meine Wohnung kam.«
»Hauptsache, sie ist fort«, sagte Sarah Skywalker. »Setzen Sie sich, Mr. Kaufman. Lassen Sie mich Ihre Verletzung sehen.«
Der dicke junge Mann nahm ächzend Platz. »Ich hätte dieses kleine Monster erschlagen sollen!« knurrte er.
»Nehmen Sie die Hand mit dem Tuch weg!« verlangte Sarah Skywalker.
Vorsichtig entblößte Paul Kaufman die stark blutende Wunde.
»Das haben wir gleich«, sagte Sarah. »Sieht wahrscheinlich schlimmer aus, als es tatsächlich ist. Ein Glück, daß ich für solche Notfälle alles im Haus habe.« Sie holte den Erste-Hilfe-Kasten.
»Sie haben angenehme Hände«, sagte Paul, während ihn Sarah Skywalker verarztete. »Sie tun mir überhaupt nicht weh.«
Sarah lächelte. »Ich bin kein Schlächter. Darf ich Sie etwas fragen, Mr. Kaufman?«
»Natürlich.«
»Es geht mich zwar nichts an, und ich bin im allgemeinen überhaupt nicht neugierig, aber wo sich jetzt doch die Gelegenheit ergibt, hätte ich gern gewußt, wieso Sie gestern so geknickt nach Hause kamen.«
Pauls Miene verdüsterte sich.
»Sie brauchen es mir nicht zu sagen, wenn Sie nicht wollen«, sagte Sarah.
»Ich habe… gestern meinen besten… Freund verloren«, kam es stockend über Pauls Lippen. Sein Blick war in eine geistige Ferne gerichtet. »Durch Selbstmord.«
»Wie schrecklich.«
»Ja«, sagte Paul leise.
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