1764 - Die Killerin
handeln. Dabei wollte ich eigentlich etwas anderes. Ich habe mich mit dem Auge zusammengetan. Es hat Macht, es kann Menschen so wunderbar manipulieren, und das hat es auch getan. Aber dann bist du mir in die Quere gekommen und hast alles ändern wollen. Du hättest Nancy Wilson in Ruhe lassen sollen, hast es aber nicht getan und sie mir weggenommen.«
»Habe ich nicht...«
»Halt dein Maul, du Schlampe!« Die Killerin schüttelte wütend den Kopf. »Und weil du es getan hast, darfst du dabei sein, wenn ich mich räche. Mit dieser Frau habe ich den Anfang gemacht, aber es geht weiter, und zwar gleich.«
Jane hatte die Worte wie Hammerschläge empfunden. Und sie musste sie glauben. Dabei fiel ihr Blick wieder auf die Killerin, die Jane zunickte.
»Was ist?«
»Es geht weiter.«
Jane zeigte Nerven, als sie fragte: »Bin ich jetzt an der Reihe? Bin ich die Nächste?«
Olga grinste. »Das weiß ich noch nicht. Es kommt darauf an, wie du dich benimmst.«
»Was soll das schon wieder?«
Die Killerin wies mit der freien Hand auf die Leiche. »Die ist für dich.«
Jane schüttelte den Kopf. Sie wusste nichts mit der letzten Bemerkung anzufangen.
»Was meinst du?«
»Ich glaube, dass du kräftig genug bist, um sie dir auf die Schulter zu laden.«
Jetzt war es heraus, und Jane wusste nicht, was sie sagen sollte. Hinzu kam das Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen oder in einen Traum zu gleiten, in dem sie die Stimme der anderen hörte.
»Hast du mich nicht verstanden?«
»Doch, das habe ich. Aber was soll ich mit der Leiche?«
»Sie auf deine Schulter laden und nach nebenan schaffen. Und zwar durch die zweite Tür hier. Jetzt werden sich die Schüler dort wohl versammelt haben.« Sie fing wieder an zu grinsen. »Ich bin mal gespannt, was sie sagen werden, wenn man ihnen ihre Sekretärin vor die Füße wirft. Ach, dieser Tag wird noch spaßig werden. Daran können der Teufel und ich nur unsere Freude haben.«
Daran glaubte Olga, und daran glaubte Jane inzwischen auch.
Niemand hatte den Schuss gehört. Vielleicht hatte ihn auch niemand hören wollen.
»Du weißt Bescheid, Jane.«
»Ja.«
»Dann tu, was ich dir gesagt habe. Pack dir die Leiche über die Schulter und schaffe sie ins Nebenzimmer.«
Jane hätte alles andere lieber getan, aber ihr blieb keine andere Wahl. Wenn sie sich weigerte, würde es ihr ergehen wie Gina Peters.
Zwischen ihr und Olga wurde nicht mehr gesprochen. Es war alles klargestellt worden, und Jane fragte sich, was sich hinter der zweiten Tür verbarg. Sie rechnete mit einem Klassenzimmer, wobei sie hoffte, dass es leer war, aber diese Hoffnung würde sich wohl nicht erfüllen, obwohl sie nichts hörte.
Die Killerin half ihr nicht. Sie beobachtete Jane mit ihren kalten Blicken und hielt dabei den Revolver noch immer in der Hand. Sie würde sofort schießen, wenn sie es für nötig hielt.
Jane kämpfte mit der Last. Die Tote war nicht unbedingt eine schwere Frau, aber Tote schienen ein größeres Gewicht zu haben als lebende Personen.
Jane keuchte. Aber sie packte es und wuchtete die Tote über ihre linke Schulter.
»Das ist gut«, lobte Olga.
Jane gab keinen Kommentar ab.
»Dann geh jetzt auf die Tür zu. Es ist eine Doppeltür. Dahinter befindet sich ein Raum, in dem sich mehrere Schüler versammelt haben.«
»Und weiter?«, fragte sie keuchend.
»Geh erst mal.«
Es würde zu einem Problem werden, aber daran wollte Jane jetzt nicht denken. Die Leiche auf ihrer linken Schulter schien immer schwerer zu werden. Sie drückte Jane auch nach links, aber die Detektivin biss sich durch.
Sie hielt vor der Tür kurz an, schöpfte noch mal Kraft und drückte die Klinke. Die erste Tür ließ sich glatt öffnen. Dahinter lag sofort die zweite. Auch sie zog Jane auf. Sie tat es langsam. Sie hatte Stimmen gehört, die jetzt lauter wurden. Jane gelang es, einen Blick in den Raum zu werfen. Sie selbst wurde noch nicht gesehen, weil der Spalt nicht breit genug war.
Sie sah mehrere Personen, die einen Tisch umstanden, auf dem ein Mann saß, der einen schwarzen Pullover trug und dessen graue Haare nach hinten gekämmt waren.
Ihm hörten ein halbes Dutzend junger Menschen zu. Schüler, alles Jungen.
Jane bekam so etwas wie Magenschmerzen, als sie daran dachte, was die Killerin hier alles anrichten konnte. Das wäre fatal gewesen. Sie würde ein Blutbad anrichten und...
»Geh schon!«
Ihre harte Flüsterstimme unterbrach Janes Gedanken. Die Detektivin drückte mit der freien Hand die Tür
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