1770 - Blutfalle
damit gab sich die Vampirin nicht zufrieden. Sie wollte der Sache auf den Grund gehen, und das konnte sie nur, wenn sie nachschaute.
Die nächste Tür lag ihr gegenüber. Ein Schritt reichte aus, um sie zu erreichen. Justine wusste, dass sie nicht abgeschlossen war. Sie ging hin, öffnete sie, schaute in einen Raum ohne Möbel und sah auch hier niemanden.
Sie schloss die Tür wieder und dachte nach. Was tun? Wohin gehen? Das Haus durchsuchen oder einen Blick ins Freie werfen, und das von der Veranda an der Rückseite?
Der Gedanke war kaum in ihr hochgekommen, da setzte sie ihn schon in die Tat um. Sie musste den Wohnraum durchqueren und konnte dann die Veranda betreten.
Auch im Wohnzimmer hielt sich niemand auf. Allerdings war jemand hier gewesen. Ihre empfindliche Nase nahm einen recht stechenden oder scharfen Geruch wahr, den sie bisher in diesem Haus noch nicht wahrgenommen hatte. Er war ihr neu und er gefiel ihr nicht. Da war etwas Fremdes eingedrungen.
Die Veranda war überdacht. Vom Wohnraum aus konnte sie betreten werden. Es war so etwas wie ein Wintergarten. Es gab die Scheiben nur an den Seiten, nach vorn hin war die Veranda offen und man hatte einen freien Blick.
Sie ging davon aus, dass sich jemand im Haus aufgehalten hatte und jetzt nach draußen gegangen war.
Sie betrat die Veranda. Ihr Blick glitt in den Wald hinter dem Haus. Ein Mensch war nicht zu sehen, auch Matthias entdeckte sie nicht.
Aber sie sah die Bewegung zwischen den Bäumen. Ein Tier war es nicht, das dort herumlief. Dafür war es zu groß. Es kam eigentlich nur ein Mensch infrage.
Justine ging so weit vor, bis sie das Ende der Veranda erreicht hatte. Da hielt sie an und konzentrierte sich auf den Wald, der zum Greifen nahe vor ihr lag.
Ja, dort huschte jemand durch die Lücken zwischen den Stämmen. Sie erkannte die Person nicht und wusste nur, dass es sich um einen Menschen handelte. Oder um ein menschenähnliches Wesen. So genau erkannte sie es nicht.
Es war jedenfalls nicht Matthias, der dort umherirrte. Wer dann? Wer traute sich in diese Gegend? Oder war die Collins mit ihrem Freund Sinclair hier, um das Haus vom Wald her unter Kontrolle zu halten? Es war alles möglich. Bei dem Gedanken an den Geisterjäger erlebte die Blutsaugerin so etwas wie einen Adrenalinstoß. Sie war bereit, den Kampf anzunehmen.
Sekunden später erlebte sie eine Enttäuschung. Da verließ die Gestalt die Deckung zwischen den Bäumen.
Justine traute ihren Augen nicht, denn sie schaute auf einen nackten Mann...
***
Auch er sah sie an, aber er zeigte keinerlei Reaktion. Er schien zu Eis geworden zu sein, und Justine, die man nicht so leicht überraschen konnte, fragte sich jetzt, woher diese Gestalt kam. Einfach nur aus dem Wald, das glaubte sie nicht.
Sie schaute ihn genauer an.
Das lange graue Haar fiel ihr auf, aber auch der muskulöse Körper. Er trug wirklich keinen Fetzen am Leib und er hatte, wenn sie in das Gesicht schaute, tote Augen.
So kamen sie ihr vor. Augen ohne Leben. Vergleichbar mit denen eines Zombies.
Sie sagte nichts, der andere sprach ebenfalls nicht. Und es drang auch kein Wort aus seinem Mund, als er den linken Arm anhob und die Hand zu seinem Mund führte. Er öffnete ihn und griff mit seinen Fingern hinein.
Justine fragte sich, was das sollte. Die Antwort erhielt sie wenig später, denn der Mann holte etwas aus seinem Mund hervor, das er zwischen seine Finger klemmte und das nach unten hing.
Es war ein Stück Fleisch. Oder zumindest etwas in diese Richtung. Etwas Blutiges, vielleicht auch etwas Sehniges, das er nicht mehr schlucken wollte.
Er schüttelte den Kopf und warf es weg. Justine hatte alles gesehen und sie fragte sich, wie es weitergehen würde. Dieser nackte Typ, der aus dem Wald gekommen war, würde sicherlich nicht mehr zurückgehen. Er sah das Haus, und das schien für ihn wichtig zu sein, denn er gab sich einen Ruck und ging auf die Veranda zu.
Also doch. Er wollte ins Haus.
Im Kopf der Blutsaugerin bewegten sich die Gedanken rasend schnell. Sie überlegte, ob sie eingreifen sollte. Ihr war zudem noch etwas aufgefallen. Eigentlich hätte sie nach seinem Blut gieren müssen, doch das passierte bei ihr nicht, und darüber wunderte sie sich schon.
Der Mann kam auf sie zu. Sie sah ihn jetzt besser und musste feststellen, dass er tatsächlich leere Augen hatte. Dafür war sein Mund nicht geschlossen, und die Umgebung der Lippen glänzte blutig.
Er hatte gegessen, das stand für Justine fest. Nicht
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