1777 - Ende eines Unsterblichen
zahlreiche Beiboote im Nordpolgebiet rund um das CHASCH gelandet waren.
Zwischen ihnen und der geheimnisvollen Anlage herrschte hektisches Treiben. Die Sandin-Crypers waren offenbar dabei, allerlei Güter in die Anlage zu schaffen, um sie nach ihren Vorstellungen in einen Tempel zu verwandeln.
„Die ungelösten Geheimnisse des CHASCH haben die Sandins offenbar veranlaßt, hier einen Stützpunkt zu errichten", sagte Nadja. „Ich bin sicher, daß es ihnen nicht nur um einen Tempel geht."
„Davon bin ich ebenfalls überzeugt", stimmte ihre Schwester zu. Nachdenklich blickte sie auf die Monitoren. „Ich frage mich nur, was aus den vielen Origanern geworden ist. Was hat Dan-Sandin mit ihnen vor? Ich kann mir nicht vorstellen, daß er sie in seinem neuen Tempel duldet."
Coram-Till, der bis dahin geschwiegen hatte, versuchte erneut, eine Verbindung zu Sicnar aufzubauen. Nach dem dritten Anlauf meldete sich der Sprecher Dan-Sandins.
„Ich will mit Dan-Sandin selbst reden", forderte der Ambraux.
„Ausgeschlossen", wies ihn Sicnar ab. „Der göttliche und unsterbliche Dan-Sandin ist für niemanden zu sprechen. Ausgenommen Radan-Mech."
„Dann gib mir Radan-Mech", verlangte Coram-Till. „Er dürfte mich noch gut in Erinnerung haben."
„Ich kann ihn jetzt nicht stören", wich Sicnar aus.
Er wurde nervös, und dadurch verriet er sich. Er hatte den Fehler gemacht, Radan-Mech zu erwähnen, der keinen so hohen Rang einnahm wie Dan-Sandin und offenbar für Gespräche zur Verfügung stand.
„Du wirst ihn stören", drängte Coram-Till. „Unsere Mission ist von höchster Bedeutung; noch habt ihr das CHASCH nicht in euren Besitz genommen. Glaubst du, wir hätten übersehen, mit welch hektischer Betriebsamkeit ihr Material in die Anlage schafft? Wir sind nicht blind. Also beeile dich und gib mir Radan-Mech!"
Sicnar wand sich vor Verlegenheit. Ihm war anzusehen, daß er nach einer Ausrede suchte.
Als er nach einigen Sekunden keine gefunden hatte und auch nicht länger mit seiner Antwort warten mochte, versetzte er zögernd: „Ich werde ihm mitteilen, daß ihr da seid, aber seine Entscheidung wird nicht von der Dan-Sandins abweichen. Das CHASCH ist gesperrt für euch."
Wiederum brach er die Verbindung ab.
„Und jetzt?" fragte Mila.
„Wir können nicht ewig warten", fügte Nadja hinzu. „Je länger wir warten, desto mehr richten die Sandins sich im CHASCH ein, bis es schließlich zu spät für uns ist."
Gucky gähnte und reckte sich ausgiebig.
„Wenn Dan-Sandin uns nicht die Erlaubnis gibt, ins CHASCH zu gehen, machen wir es eben ohne seine Zustimmung", sagte er. „Oder hat jemand einen anderen Vorschlag?"
„Du willst gewaltsam eindringen?" fragte Coram-Till. Er dachte kurz über diesen Vorschlag nach, dann schlug er sich die flachen Hände auf die Oberschenkel und nickte. „Das gefällt mir. Die Sandins sind mir ein bißchen zu hochmütig. Es wird Zeit, daß wir ihnen mal auf die Finger klopfen."
„Ich wollte eigentlich so vorgehen, daß sie es gar nicht merken", bremste ihn der Mausbiber.
„Obwohl der Spaß natürlich viel größer ist, wenn wir ihnen auf der Nase herumtanzen."
Sie setzten sich mit dem Haluter in Verbindung, und Icho Tolot teilte mit, daß er auf die RACHES kommen wollte. Etwa eine halbe Stunde darauf betrat er die Hauptleitzentrale. Wenige Worte genügten, um ihn zu informieren.
„Wir gehen ins CHASCH", kündigte er danach mit dröhnender Stimme an. „Auch wenn wir uns dabei über ein Verbot der Sandins hinwegsetzen müssen. Ich würde Rücksicht auf ihre religiösen Gefühle nehmen, wenn ich davon überzeugt wäre, daß sie echt sind. Das bin ich jedoch nicht - das CHASCH hat für sie keine Traditionen. Es ist einfach nur ein geheimnisvoller Ort, den sie sich für ihre Zwecke ausgesucht haben, und sie haben ihn für heilig erklärt, damit ihnen niemand in die Quere kommt, nicht aber weil er aus ihrer Sicht wirklich heilig ist."
„Sag doch gleich, daß es ein fauler Zauber ist", schlug Gucky vor, „dann wissen wir alle, was du meinst."
Auf den Monitoren erschien das Symbol der Sandins: ein von Flammenstrahlen umgebener Körper mit einem Auge im Zentrum. Einige Sekunden verstrichen, dann wich das Symbol dem aufgedunsenen Gesicht eines ungewöhnlich übergewichtigen Sandin-Crypers.
„Ihr wolltet mit mir reden", sagte der Sandin. „Hier bin ich!"
„Radan-Mech?" fragte Coram-Till mit stockender Stimme.
Er hatte den Priester von ihrer letzten Begegnung noch gut in
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