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1784 - Rückzug oder Tod

Titel: 1784 - Rückzug oder Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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doch real. Suchend ließ sie ihre Blicke schweifen. In dem Moment zog sie vieles in Erwägung. Vielleicht spien die Schattennischen schon im nächsten Moment das Heer der Operas aus, oder der Korridor zog sich zusammen und zermalmte alles, was sich in ihm befand. NETWORK war unheimlich.
     
    *
     
    Für einen Moment glaubte er, vier Finger an seinem rechten Arm zu spüren, die ihn unnachgiebig festhielten. Aber zugleich überflutete ihn eine Fülle subjektiver Eindrücke, so daß er nicht mehr sicher war, ob er überhaupt etwas gespürt hatte.
    Die Schwärze sog ihn auf. Sie war zäh wie Sirup, und er hatte Mühe, dagegen anzukämpfen. Atlan hatte von anderen Empfindungen gesprochen, aber es war wohl jedesmal anders.
    Vor ihm - ein heller Schimmer. Ein Raum, den er nicht definieren konnte, weil Bezugspunkte fehlten. Und eine flüchtige Bewegung.
    Tekener versuchte mehr zu erkennen, doch im selben Moment zuckte aus dem Nichts ein Insektenschädel heran. Zwischen Chitinplatten sprossen dicke Borsten wie Fühler; zwei kräftige Kieferzangen schnappten dicht vor ihm zusammen.
    Tek prallte instinktiv zurück. Dennoch gewann er den Eindruck, daß der Angriff gar nicht ihm gegolten hatte.
    Neben ihm brach ein dünner, rötlich gepanzerter Arm in die Finsternis ein. Eine Krebsschere tastete suchend umher.
    Das Kaleidoskop einer erschreckenden Kreatur...
    In dem Moment, in dem Ronald Tekener die Gestalt in ihrer Ganzheit erfaßte, schloß sich die zähe Schwärze wieder um ihn.
     
    6.
     
    Level 3, Zimbag.
    Endlich eine sinnvolle Aufgabe.
    Was immer Walter Sievens zu sehen erwartet hatte - seine Vorstellungen entsprachen längst nicht der Wirklichkeit. Der Karussellstandort Bebenheim war verwüstet, die meisten Kantinen von der abstürzenden Fabrik dem Erdboden gleichgemacht. Einen gigantischen Erdwall hatte sie vor sich aufgewühlt, ein Konglomerat aus Schutt und Technik, dessen Bestandteile fest miteinander vermengt waren.
    Dichte Wolkenbänke hingen über Bebenheim, gespeist von dem dunklen, schweren Qualm, der an vielen Stellen träge aus den Trümmern quoll. Ein purpurner Widerschein aufflackernder Brandherde verstärkte die düstere Stimmung.
    Der Gestank von ausgeglühten Legierungen und verschmorten Kunststoffen reizte die Schleimhäute. Die einzige Geräuschkulisse war ein vielfältiges Knistern und Prasseln: stakkatoartig, wenn erhitzte Träger sich abkühlten; dumpf dröhnend, sobald instabile Hohlräume in sich zusammensackten - eine Sinfonie der Zerstörung.
    Erschüttert und fasziniert zugleich nahm Sievens den Anblick in sich auf. Egal wie groß die Fabrik ursprünglich gewesen war, der Absturz hatte sie zusammengestaucht, verformt auf nur noch wenig mehr als einen Kilometer Länge. Am westlichen Rand, von gewaltigen kinetischen Energien in die Höhe geschoben, ragte gut hundert Meter weit ein turmähnliches Gebilde auf, das frühere Strukturen ahnen ließ. Vielleicht ein Komplex von besonderer Wichtigkeit, der besser gegen den Aufprall geschützt gewesen war als alles andere.
    Vergeblich suchte Sievens nach Robotern, die in dem Chaos mit Aufräümarbeiten begonnen hatten. Auch Galaktiker sah er nirgendwo. Bebenheim war verlassen, eine Stätte der Verwüstung und Einsamkeit.
    All das zu reparieren - eine unvorstellbare Aufgabe.
    „Gomasch Endredde, wir wollen dich sehen", murmelte Sievens halblaut. „Wir sind gekommen, um alle Schäden zu beheben."
    Unsanft wurde er von den nachdrängenden Männern und Frauen aus seinen Betrachtungen aufgeschreckt. Sie stürmten blindlings los, als wollte jeder der erste sein, der mit den Arbeiten begann.
    Dabei gab es viel zu tun, viel mehr, als 58 Frauen und Männer jemals schaffen konnten.
    Benommen schüttelte Sievens den Kopf. Er preßte die Hände auf die Schläfen und lauschte dem Dröhnen seines Pulsschlag„.
    Wir brauchen Helfer, dachte er resigniert. Alle anderen haben Bebenheim verlassen weil sie nicht erkannten, wie wichtig die Fabrik für uns ist.
    „Warum gehst du denn nicht weiter?" Mandelliano zog ihn kurzerhand mit sich. „Wir wachsen mit der Größe der vor uns liegenden Aufgaben. Und wir werden Gomasch Endredde sehen, nicht heute oder morgen, aber sehr bald schon. Darum dürfen wir keine Zeit verlieren ..."
    Sievens nickte schwer. Dann ging er weiter. Mechanisch.
    Mandelliano hatte nicht zuviel versprochen. Schweres Räumgerät stand bereit: Antigravkräne, Traktorprojektoren und positronisch gesteuerte Molekularschneider. Eine Handvoll Leute hatte

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