1789 - Der Fluch aus dem Norden
Weiß er, wer Sie beide sind?«
»Aber klar.«
»Und?«
Suko grinst Olbring ins Gesicht. »Er hat sich gefreut, dass zwei Männer vom Yard die Reise begleiten. Das ist nun mal so, und wir können es nicht ändern.«
»Schön.«
»Und was ist mit Ihnen?«, fragte Suko.
Olbrings Augen leuchteten. »Sie brauchen sich um mich keine Sorgen zu machen. Ich bleibe auch.«
»Dann sehen wir uns wohl öfter.«
»Wird sich nicht vermeiden lassen.« Der Norweger strahlte, als hätte er ein besonderes Geschenk erhalten.
»Haben Sie denn einen Plan?«
Olbring ging bis zur Balkontür vor und schaute durch das dicke Glas. »Schöne Aussicht haben Sie hier. Ich muss mich mit einer Innenkabine begnügen. Da gibt es nicht mal ein Fenster.«
»Jeder bekommt das, was ihm zusteht«, sagte ich.
Olbring lachte und drehte sich um. »Wie sieht es denn mit Ihren Plänen aus?«
»Die gibt es nicht«, sagte ich.
Er schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Jetzt wollen Sie mich auf den Arm nehmen. Sie müssen doch einen Plan haben.«
»Den gibt es tatsächlich nicht.«
»Und was suchen Sie dann hier auf dem Schiff?«
»Eine gewisse Erholung«, sagte ich und nickte dem Norweger zu. Der fühlte sich wohl leicht auf den Arm genommen. Er wollte etwas erwidern, überlegte es sich aber anders und ließ seinen Mund geschlossen.
»Ja, dann werde ich mal gehen. Wir sehen uns dann zum Essen.«
»Meinen Sie?«
»Ja, Suko, das meine ich. Wir sitzen nämlich am selben Tisch. Schön, nicht?«, fragte er knirschend und machte sich auf den Weg. Die Tür knallte er hinter sich zu.
Ich winkte mit beiden Händen ab. »O je, der ist geladen.«
»Woran wir nicht unschuldig sind.«
»Stimmt auch wieder.«
Ich wollte mal wieder auf den Balkon und stellte mich ins Freie. Die Landschaft lag vor mir wie ein Gemälde. Lange würden wir nicht mehr am Kai liegen, dann stachen wir in See.
Auch Suko kam zu mir. »Eine Idylle«, fasste er das Bild zusammen.
»Das kannst du laut sagen. Aber du weißt ja, wie das mit Idyllen so ist. Sie können von einem Augenblick zum anderen zerplatzen. Das haben wir oft genug erlebt.«
»Klar. Damit müssen wir hier auch rechnen.«
Noch brauchten wir mit nichts zu rechnen. Der Meinung jedenfalls war ich. Ob sie zutraf, würde die Zukunft ergeben. Meinetwegen brauchte sie nicht zuzutreffen. Ich konnte auch gut ohne das ganze Theater leben und mich so auf die Schiffstour konzentrieren.
Ich schaute immer wieder auf das Wasser. Sonnenstrahlen hatten die Wellen mit einem Glitzern übergossen. Ich dachte wieder an unseren unbekannten und unsichtbaren Feind und fragte mit halblauter Stimme, ob er sich wohl schon auf dem Schiff befand.
Suko hatte zugehört. »Meinst du, dass er sich hier irgendwo verborgen hält?«
»Das kann ich mir durchaus vorstellen.«
»Ja, nicht auszuschließen. Ich frage mich, wie er ungesehen an Deck kommen will. Es ist alles gut abgesichert. Es wird auch kontrolliert, und da habe ich schon meine Bedenken …«
»Einer wie Andrax schafft es. Wir müssen davon ausgehen, dass er gewisse Fähigkeiten besitzt.«
»Dann kann er sich auch unsichtbar machen – oder?«
»Das will ich nicht hoffen.«
Wir schraken beide zusammen, als wir die Schiffssirene hörten. Es war so etwas wie ein Weckruf, der auch die hintersten Teile der Stadt erreichte und den Gästen klarmachte, dass es für sie Zeit war, wieder an Bord zu kommen.
»Und jetzt?«, fragte Suko.
»Schauen wir uns mal um.«
»Auf dem Schiff?«
»Wo sonst?«
»Dann bin ich doch dabei«, sagte Suko und war der Erste, der auf die Kabinentür zuging …
***
Ole Olbring war nicht nur leicht angesäuert, er war sogar sauer, denn er hatte sich von den beiden Engländern nicht ernst genommen gefühlt. In ihm war der Gedanke aufgekommen, dass die beiden Männer mehr wussten, als sie zugeben wollten. Er fühlte sich wie ein grüner Junge, der einfach abserviert worden war.
Das wollte er sich nicht gefallen lassen. Er nahm sich vor, die beiden unter Kontrolle zu halten. Einen ersten Schritt hatte er gemacht, denn er saß mit ihnen während des Essens am selben Tisch. Das zu managen war kein Problem gewesen. Er musste wissen, weshalb die beiden auf dem Schiff waren. Diesen Job hatte man ihm übertragen.
Seine Innenkabine war wirklich keine Offenbarung. Für frische Luft sorgte eine Klimaanlage, die ihm zu laut war, aber er wollte sich nicht beschweren. Er war kein James Bond und stand erst am Beginn seiner Karriere. Dazu gehörte es auch,
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