1789 - Der Fluch aus dem Norden
Schultern.
Das konnte alles sein. Nur konnte ich mich nicht damit anfreunden. Meines Erachtens gab es einen anderen Grund, doch für den hatte ich keine Beweise.
»Raniel hat einen Fehler gemacht«, sagte ich schließlich.
»Aha. Und warum?«
»Er hätte uns eine genaue Beschreibung von diesem Andrax geben können.«
»Hat er aber nicht.«
Ich warf Suko eine Frage zu. »Und warum hat er das nicht getan?«
»Keine Ahnung. Man kann es nur vermuten.«
»Dann vermute mal.«
»Ja, es kann sein, dass er keine Ahnung hat. Dass er nicht weiß, wie diese Gestalt genau aussieht. So sehe ich das. Okay, ich kann falsch liegen, aber ich denke, dass wir dieses nicht außer Acht lassen sollten.«
»Ja, im Normalfall, Suko. Aber einer wie Raniel ist jemand, der stets gut vorbereitet ist. Das habe ich immer so erlebt. Entweder weiß er wirklich nichts, oder er hat uns bewusst nichts gesagt. Darüber sollte man auch nachdenken.«
»Das wird nichts bringen.«
Möglich, dass es nichts brachte. Aber ich glaubte auch nicht, dass sich Raniel geirrt hatte. Irgendwas stimmte hier nicht oder lief einfach nur anders.
Wir tranken Sukos Flasche leer. Weiter gekommen waren wir nicht. Und bei mir machte sich ein leichter Frust bemerkbar. Vielleicht würde es noch was werden, wenn wir den Hafen verlassen hatten. Da gab es dann nur noch das Schiff und keine Fluchtmöglichkeit mehr.
Inzwischen mussten auch die letzten Passagiere den Kreuzfahrer betreten haben. Da wurde es Zeit, das erste Dinner einzunehmen, und auch wir würden gehen. Wir wollten uns nur noch umziehen. Zwar nicht in Gala erscheinen, damit waren wir auch gar nicht ausstaffiert, sondern eine etwas lockere Kleidung überstreifen.
Unter die Dusche sprangen wir auch noch. Und das war auch die Zeit, in der wir ablegten.
Ahoi!, dachte ich nur und streifte mein Hemd über. Jetzt geht es richtig los.
Den Hafen hatten wir schnell hinter uns gelassen. Wir fuhren auf das offene Meer zu, aber auch auf zahlreiche Inseln, die wie hingeworfen vor der Küste lagen.
Inseln würden uns auch bis zum Ziel begleiten. Das hatte ich mir auf der Karte angesehen.
Suko kam und tippte mir auf die Schulter. »Bist du bereit? Hast du Hunger?«
»Beides.«
»Dann komm …«
***
Ole Olbring konnte oder wollte es nicht glauben. Es war einfach verrückt, wie alles, was er hier auf dem Schiff erlebte. Das konnte nicht sein, er bildete sich das Fell ein, aber das traf nicht zu, seine Hände glitten darüber hinweg, wo sie eigentlich Haut auf den Brüsten hätten spüren müssen.
Er hörte das Lachen der Frau!
Ole sagte nichts. Er konnte auch nichts sagen. Seine Stimme war nicht mehr vorhanden. Es war das Entsetzen pur, das ihn in seinen Klauen hielt.
»Na, fühl weiter …«
Er hatte den Blick gesenkt und schüttelte den Kopf. Er wollte nichts, aber auch gar nichts sehen. Er wollte nur wegschauen. Er wollte die Wirklichkeit verbannen.
Das war nicht möglich, denn noch immer wurden seine Arme an den Handgelenken gehalten und auch bewegt. Sie glitten weg von den Fellbrüsten und fuhren über andere Stellen des Körpers, die ebenfalls mit Fell bedeckt waren.
Das war irre!
Er wollte zurück. Er wollte sich zur Seite drehen. Er wollte die Frau auch von sich wegschieben, was er nicht schaffte. Sie setzte ihm einen zu großen Widerstand entgegen.
Und dann riss sie ihre Arme in die Höhe. Die Hände des Mannes machten die Bewegungen mit, und wenig später wurde der Griff gesprengt. Ole war wieder frei. Das musste er ausnutzen. Er drückte die Frau nach hinten, was ihm auch gelang. Ein kurzer Schlenker und er kam an ihr vorbei.
Die Freude dauerte nicht lange, denn plötzlich war der Fuß da und verhakte sich zwischen seinen Beinen. Er konnte sich nicht halten, geriet ins Stolpern, fiel nach vorn und landete auf dem Bauch.
Er schrie leise auf, wollte wieder hoch und bekam, als er sich aufstemmte, einen Tritt gegen die Rippen, der ihn zurückwarf. Diesmal hatte er anständig etwas abbekommen. Er überrollte sich, stöhnte auch und schnappte nach Luft.
Auf dem Boden der Kabine blieb er liegen. Er konnte nicht mehr hoch kommen, zumindest nicht so schnell. Der Tritt hatte ihn geschwächt. Er brauchte eine Pause.
Bewusstlos wurde er nicht. Er starrte hoch und er sah seine Besucherin dicht vor sich. Sie stand leicht breitbeinig da, hatte die Arme angewinkelt und die Hände in die Seiten gestemmt. Aber da war noch etwas mit ihr geschehen, was Ole Olbring kaum glauben konnte. Ihr Oberkörper war
Weitere Kostenlose Bücher