1789 - Der Fluch aus dem Norden
waren seines Wissens nicht auf dem Schiff.
»Ja, gut, ich habe es kapiert. Sie sind hier. Und jetzt möchte ich wissen, was Sie von mir wollen.«
»Das werden wir schon herausfinden. Aber können Sie sich das nicht denken?« Sie legte den Kopf leicht schief und strich wie zufällig mit den Handflächen über ihren Körper, was dem Kapitän natürlich auffiel. Er hatte auch Augen im Kopf, und er ging davon aus, dass die Frau gekommen war, um ihn zu verführen.
Aber warum?
Darauf wusste er keine Antwort. Er konnte es sich nicht vorstellen. Beide kannten sich nicht. Da erschien man nicht einfach so, um einen anderen Menschen zu verführen.
Und dann gab es da noch das Parfüm. Es war ihm fremd im Prinzip, aber nicht so fremd, als dass er es noch nie gerochen hätte. Vor Kurzem erst. Es hatte sogar den Blutgeruch überdeckt.
Und jetzt hier …
Ihm wurde heiß und auch kalt zugleich. Er warf einen Blick in die Augen der Frau. Der Ausdruck der Augen sagte viel über einen Menschen aus.
Und wie war dieser?
Man konnte von einem kalten Blick sprechen, der ihn praktisch auf der Stelle festnagelte. Da war nichts Freundliches zu sehen. Dieser Blick konnte als tödlich bezeichnet werden. Zudem fing die Besucherin an zu lächeln.
Er glaubte ihr nicht. Das war kein gewinnendes Lächeln. Das war böse, hinterhältig. Ein Lächeln, das auch zur Fratze des Teufels gepasst hätte.
»Gehen Sie!«
»Und dann?«
Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Gehen Sie sofort. Ich will Sie hier auf meinem Schiff nicht mehr sehen.«
»Dein Schiff?«
»Ja, ich habe hier das Kommando. Ich trage die Verantwortung. Gehen Sie in Ihre Kabine und bleiben Sie dort. Oder benehmen Sie sich so, dass Sie anderen Menschen nicht auf die Nerven fallen. Mehr verlange ich nicht von Ihnen.«
»Es ist nicht dein Schiff, mein Freund.«
Der Mann überhörte die Anbiederung. »Ich habe hier das Sagen. Ich bin das Gesetz.«
»Nicht mehr.«
»Ach, und das bestimmen Sie?«
»Ja, Meister, denn die Seabird gehört mir. Ich habe sie längst übernommen. Ich werde hier meinen Segen los, den ich vom Teufel persönlich erhalten habe, ich gebe den Segen der Hölle nur weiter, und dabei kann es auch zu Toten kommen.«
Donald Winter hatte alles gehört. Er wusste nur nicht, was er davon halten sollte. Er konnte den Kopf schütteln, okay, er konnte auch darüber lachen, was er nicht tat, denn die Erinnerung an den Toten war einfach noch zu frisch.
Er spürte die Nervosität. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Es war alles irgendwie verrückt. Er bekam es nicht in die Reihe. Es war einfach zu schlimm.
Als Vorgesetzter hatte er gelernt, sich zu beherrschen. Das fiel ihm immer schwerer, und es war ihm auch eine Frage in den Sinn gekommen.
»Haben Sie den jungen Mann umgebracht?« Donald Winter erschrak über seinen Mut, aber es hatte einfach aus ihm heraus gemusst.
»Ja, das habe ich.«
Es war für ihn ein Schock, dieses Geständnis zu hören. Er hatte das Gefühl, auf einem schwankenden Boden zu stehen. Ihm einen Mord so klar zu gestehen, das begriff er nicht. Das war einfach zu viel für ihn.
Er wollte etwas sagen, was er nicht schaffte. Plötzlich saß seine Kehle zu und außerdem erlebte er eine Veränderung. Nicht bei sich, sondern bei der Frau, und was er da sah, nahm ihm den Atem …
***
Wir wussten, dass es auf diesem Schiff einen brutalen Mörder gab, aber wir wussten nicht, wer er war und wie er aussah.
Wir hatten die Parfümwolke nicht vergessen und würden es auch nicht. Wir wussten nicht, wo wir mit der Suche beginnen sollten, und so kam mir Sukos Vorschlag gerade recht.
»Lass uns an Deck gehen.«
Das taten wir sofort. Es wehte ein kühler Wind. Die Sommertage würden sich hier bald verabschieden, aber wir waren trotzdem nicht die einzigen Passagiere an Deck. Andere standen auch dort und schauten über die Reling hinweg aufs Meer.
Die Sonne hatte sich noch nicht ganz verabschiedet, sie stand tief im Westen wie ein dunkelroter Ball. Es sah aus, als wollten wir direkt in dieses Gemälde hineinfahren.
Suko und ich gingen in Richtung Bug. Wir hatten uns das oberste Deck ausgesucht, und jetzt hielten wir nach einem Ort Ausschau, wo wir uns ungestört unterhalten konnten.
Wir fanden ihn in der Nähe einer Außenbar, die um diese Zeit schon geschlossen war. Die angeschraubten Hocker vor der Bar boten uns Platz.
Wir hockten uns hin, und Suko stellte eine berechtigte Frage. »Und wie geht es jetzt weiter?«
»Haha …«
»Du weißt
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