1789 - Der Fluch aus dem Norden
hier mit einem Phänomen zu tun.«
Es war schlimm, das mussten wir zugeben. Und der Mörder wusste Bescheid. Er war gut informiert, durch wen auch immer. Da hatte Raniel schon recht gehabt.
Ich fragte mich nur, warum er den Mörder nicht selbst gestellt hatte, wo er doch der Gerechte war, aber danach zu fragen war überflüssig, denn er zog meistens sein eigenes Spiel durch. Das war leider so.
»Dann weiß Andrax Bescheid«, fasste Suko zusammen. »Er will es nur spannend machen. Und wir können uns fragen, wer als nächstes Opfer auf seiner Liste steht.«
»Einer, den wir kennen und der uns kennt.«
Suko nickte. »Wie der Kapitän.«
»Ja.«
Danach schwiegen wir. Wir würden ihm nichts von unserem Verdacht erzählen, aber reden mussten wir mit ihm. In der Kabine nach Spuren zu suchen hatte keinen Sinn, denn wir waren alles, nur keine Fachleute. Außerdem besaßen wir die entsprechenden Hilfsmittel nicht.
Und es gab doch so etwas wie eine Spur. Beide schnüffelten wir, als hätten wir uns abgesprochen, denn uns war der Geruch aufgefallen.
Suko sprach es aus.
»Ein Parfüm.«
Ich nickte. »Genau …«
»Eine Frau?«
Wir sahen uns an. Keiner wollte eine Antwort geben. Und wir hoben die Schultern, als hätten wir uns abgesprochen.
Suko fragte: »Ist Andrax eine Frau?«
»Nein.«
»Was macht dich so sicher?«
»Dann hätte es Raniel mir gesagt.«
»Meinst du?«
»Ja, denn warum hätte er es mir verschweigen sollen? Kannst du mir das sagen?«
»Nein, das kann ich nicht.«
»Eben.«
Wir schnüffelten noch mal nach. Der Geruch blieb, wenn auch sehr schwach. Parfüm. Dann hatte Ole Damenbesuch gehabt. Aber war diese Dame dann auch seine Mörderin?
Das war die große Frage, und ich wollte sie auch nicht mit einem Ja beantworten.
Es war eine kleine Kabine, in der wir uns aufhielten. Aber zu ihr gehörte noch ein zweiter Raum, die kleine Dusche mit der Toilette.
Da war alles leer. Es roch auch nicht nach Parfüm, höchstens nach Duschgel.
Wir verließen die Kabine und traten hinaus auf den Flur, wo die beiden Männer standen. Der Kapitän redete scharf und flüsternd auf seinen Mitarbeiter ein, und er tat es auch in unserem Sinne.
»Sie werden nichts sagen, kein Wort. Sie haben nichts gehört und nichts gesehen.«
»Ja, Sir.«
»Dann ist es gut.«
Als wir den Kapitän anschauten, sahen wir, dass er bleich geworden war. Er wollte wissen, ob wir etwas herausgefunden hatten, und ich nickte vor meiner Antwort.
»Ich weiß nicht, ob Sie es gerochen haben, aber wir hatten den Eindruck, dass in der Kabine der Geruch nach einem Parfüm schwebte. Ist Ihnen das auch aufgefallen?«
»Nein, nicht.« Er fasste sich gegen die Stirn. »Ich war auch zu überrascht und auch fertig. Es tut mir leid …«
»Das braucht es nicht«, sagte ich. »Wir wollten nur Gewissheit haben.«
Er schluckte und schaute sich um. »Und wie geht es jetzt weiter?«
»Etwas haben Sie ja getan, Mister Winter.«
»Ach, und was?«
»Sie haben Ihren Mitarbeiter schon instruiert.«
»Ja, er wird nichts sagen.«
»Das ist gut. Und auch wir lassen alles so, wie es ist. Die Kollegen aus Norwegen werden keinen Bescheid bekommen.«
»Dann kümmern Sie sich ganz allein um den Fall?«
»Erst mal ja.«
»Was heißt das?«
»Dass wir die nächste Nacht abwarten. Die fahren wir doch durch, wie ich las. Oder nicht?«
»Natürlich.«
»Gut.«
Der Kapitän leckte seine trockenen Lippen. »Glauben Sie denn, dass Sie in der Nacht diesen Fall lösen können und den Mörder finden?«
»Das kann niemand sagen«, erwiderte ich. »Ehrlich gesagt, daran glaube ich auch nicht. Aber wir müssen uns darauf einstellen, dass sich auf diesem Schiff ein Killer befindet, der übermenschliche Kräfte besitzt.«
»Bitte?«
»Nehmen Sie das einfach hin, Kapitän.«
»Ja, das muss ich wohl. Aber da wäre noch eine Sache.«
»Bitte.«
Er hob die Schultern. »Mir geht nicht aus dem Kopf, dass Sie von einem Parfümgeruch gesprochen haben.«
»Ja.«
»Dann könnte der Täter eine Frau sein?«
Ich schwieg. Dabei wartete der Kapitän auf eine Antwort. Ich konnte sie ihm nicht geben. Es war möglich, es war alles möglich, und ich sagte dann: »Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken, Mister Winter.«
»Doch, das muss ich.«
»Okay, aber sorgen Sie dafür, dass trotzdem alles normal abläuft.«
»Werde ich wohl müssen.«
»Danke.«
Er scharrte mit seinen Füßen und fragte: »Dann werden Sie also einen Mörder jagen?«
»Deshalb sind wir
Weitere Kostenlose Bücher