1789 - Programm Lebenshilfe
Tréogen verschwunden war, konnte niemand sagen. Er hatte sich scheinbar in Luft aufgelöst.
„Bewahrt Ruhe!" ertönte die Stimme Nero Gammons. „Unsere Hilfstrupps sind unterwegs, um die Verletzten zu versorgen. Richtet Sammelpunkte für die Verwundeten ein. Wir kommen."
Erst jetzt bemerkte Wotan Idal, daß sein Partner aus mehreren Stellen an der Brust blutete. Sein Overall war zerrissen. Er hielt sich zwar noch auf einem Bein, aber der linke Fuß war seltsam angewinkelt und baumelte merkwürdig hin und her.
„Gebrochen", stöhnte der Palpyroner. „Hilf mir!"
Der Robotiker hakte den kleinen Freund unter. Ein Ertruser kam ihm zu Hilfe. Er nahm Zeynter Frescju mit spielerischer Leichtigkeit auf den Arm.
„Wo ist die nächste Sammelstelle für Verletzte?" brüllte er.
Er bekam keine Antwort aus der Space-Jet, die über ihnen schwebte.
Der Ertruser kämpfte sich durch die aufgebrachten Massen. Wotan Idal wich keine Sekunde von der Seite des Freundes.
Überall waren Gleiter und kleine Schwebeplattformen unterwegs, um Verletzte aufzunehmen. Die BASIS-Leute hatten wirklich schnell reagiert. Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Ertruser den Palpyroner an ein Medo-Team übergeben konnte.
Wotan Idal beobachtete, wie zwei weitere Korvetten eintrafen und die Bemühungen der bereits vorhandenen unterstützten.
Ein Mediker untersuchte Zeynter Frescju.
„Für dich ist der Reparatureinsatz beendet", teilte er dem Stöhnenden mit und verabreichte ihm ein schmerzstillendes Mittel. „Du fällst für mindestens zehn Tage aus. Die brauchen wir, bis wir dich wieder zusammengeflickt haben. Vierfacher Schienbeinbruch, mein Freund. Und zweifacher Wadenbeinbruch. Das heilt nicht von heute auf morgen."
Zeynter Frescju erwiderte nichts. Vielleicht war er über die Mitteilung sogar erfreut.
Er starrte Wotan Idal fragend an, während seine Wunden an der Brust mit Schnellverbänden versorgt wurden.
Auch Wotan wußte nicht, was er sagen sollte.
„Es sieht so aus", meinte der Palpyroner, als die schmerzstillenden Medikamente voll wirkten, „daß du ohne mich weitermachen mußt. Es tut mir wirklich leid, aber in Zukunft mußt du deinen Nahrungsbrei selbst holen."
„Das ist meine kleinste Sorge, Zeynter." Es war. das erste Mal seit dem Start aus der Milchstraße, daß er den anderen mit seinem richtigen Vornamen ansprach. „Das Problem liegt woanders. Du wirst mir einfach fehlen. Ich hatte mich so an deine Nörgeleien gewöhnt."
„Freu dich nicht zu früh." Zeynter Frescju versuchte ein gequältes Lächeln. „Wenn dieser Tréogen noch einmal auftaucht, kann's dir auch übel ergehen. Ich glaube, daß ich da eher in Sicherheit bin, wenn man mich auf die BASIS in eine Medo-Station gebracht hat."
„Es gibt überhaupt keinen sicheren Ort in diesem Universum", entgegnete der Robotiker.
Er reichte dem Freund, den man inzwischen mit anderen Verletzten auf einen startbereiten Gleiter verfrachtet hatte, die Hand.
„Vielleicht hast du recht, Wotan. Leb wohl! Ich wünsche dir eine erfolgreiche Reparatur. Meinst du, wir sehen uns einmal wieder?"
„Ganz bestimmt. Wie sagt doch ein uraltes Sprichwort? Unkraut vergeht nicht. Und wir beide, das sage ich dir ganz ehrlich, sind Unkraut."
Der Gleiter mit den Kranken hob ab.
Wotan Idal starrte ihm hinterher, bis er im Rumpf einer Korvette verschwunden war.
Er fühlte sich plötzlich hundeelend.
Aber dann kehrte die innere Stimme wieder zurück und erinnerte ihn daran, daß er etwas für Gomasch Endredde zu leisten hatte.
Repariere!
Mit schweren Schritten kehrte er zu den langen Schlangen zurück, die sich vor dem Regionalkarussell stauten.
6.
Das letzte Kommando, das von der BASIS aus startete, waren Tréogens Wachhunde - Icho Tolot, Ronald Tekener und Alaska Saedelaere. Das hatte seinen besonderen Grund, denn die Space-Jet JERCYGEHL mußte erst noch umgerüstet werden.
Lange zuvor waren 17 Korvetten im Rahmen des Programms Lebenshilfe erneut gestartet. Elf Schiffe suchten die Levels 1 bis 11 auf, um dort das nun modifizierte Programm zu starten.
Nach Level 12 schickte man nur Trupps über die Fernkarussells, da man grundsätzlich vermeiden wollte, Raumschiffe in die Nähe Tréogens zu bringen. Und den vermutete man sicher mit Recht in der Äquatorialstation NETWORK.
Sechs Korvetten wurden auf Zonder-Myry an den Regionalkarussells eingesetzt, die als Sammelpunkte für die Arbeitswütigen bestimmt worden waren. Die anderen Einheiten standen startbereit in Reserve.
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