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179 - Gefangene der Traumzeit

179 - Gefangene der Traumzeit

Titel: 179 - Gefangene der Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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nieder.
    Die erste Taratze, die sich in den Nacken des Toten verbissen hatte, ließ ihre schlaffe Beute fallen. »Mensssen!«, fauchte sie hasserfüllt. »Isss fresssen eusss aufff!«
    Aruulas Schwerthand zuckte vor und hielt die Bestie in Schach. »Halts Maul!«, fauchte sie zurück.
    »Ja, machen wir dem bösen Spiel ein Ende…« Der Mann mit dem Schlapphut baute sich mit gezücktem Eisen neben ihr auf und hob den linken Arm.
    Aruula sah etwas Dunkles in seiner Hand. Es hatte einen Lauf, doch es knallte nicht. Es puffte nur. Im rechten Auge der Taratze steckte plötzlich ein fingerdicker Dorn. Drei Sekunden später klatschten ihre vier Zentner Fleisch in den Schnee.
    Aruula ließ verblüfft ihre Klinge sinken.
    »Ein Giftdornspeier.« Der Mann mit dem Schlapphut pustete lässig in das Rohr seiner eigenartigen Waffe und steckte sie in die Ledertasche an seinem Gürtel zurück. »Ich bin Graf Zarrat. Vielen Dank für Euer selbstloses Eingreifen, Gnädigste.« Er lüpfte den Hut. Sein Haar war nicht weiß, sondern blond, und aus der Nähe betrachtet sah er fast wie Maddrax aus. Er war etwa fünf Jahre älter als Aruula, also im besten Mannesalter.
    »Darf ich fragen, was Euch in diese finsteren Gefilde verschlagen hat?«
    So sehr ihre Glieder auch vor Anspannung bebten; Aruula beschloss, ihr Wissen zu vervollkommnen, solange die Gelegenheit günstig war. »Gibt es hier auch Ecken, in denen es weniger finster ist?«
    Zarrats Stirn runzelte sich. »Wenn Ihr mich so fragt… eigentlich nur vom Hörensagen.«
    Seine Antwort machte Aruula auch nicht klüger. »Wer waren Eure Begleiter?« Sie deutete auf die verdreht im Schnee liegenden Leichen.
    Zarrat schaute traurig drein, und Aruula hatte den Eindruck, dass er sich zusammenriss, um nicht zu weinen. »Zwei noble Herren, die sich mir angeschlossen haben, das schlimmste Übel der Welt in Schach zu halten.« Er deutete in die Richtung, aus der er gekommen war. »Wir stehen unter großem Druck, deswegen haben wir einen Entspannungsspaziergang unternommen. Ich lasse ihre Leichname von meinen Leuten abholen. Darf ich Euch zu einer kleinen Stärkung in mein bescheidenes momentanes Heim einladen?«
    Aruula nickte. Sie spürte nicht nur die allmählich unter ihren Umhang dringende Kälte: Sie hatte auch Hunger.
    ***
    Zarrats momentanes Heim war ein hohes Zelt. Es stand zusammen mit zwei Dutzend anderen einen Kilometer östlich auf einer Ebene.
    Im Hintergrund ragte ein gigantischer runder Turm in den Himmel, der mindestens hundert Meter hoch war. Seine dunklen Fenster waren vergittert. Ganz oben erblickte Aruula eine mit breiten Zinnen versehene Brüstung, über der sich eine weitere Etage erhob. Sie war mit einem eichelförmigen Dach versehen.
    Zwischen den Zelten knackte ein Holzfeuer, um das sich sechs oder sieben Landsknechte mit Helmen und Harnischen drängten. In den Zelten schienen sich weitere Männer aufzuhalten. Man hörte sie nicht nur schnarchen, sondern auch die leisen Flüche derjenigen, die wegen des Schnarchens nicht schlafen konnten.
    Die Männer am Feuer knallten die Hacken zusammen. Ein Hauptmann trat vor und meldete: »Wache beim turnusmäßigen Aufwärmen!«
    Zarrat informierte ihn über das tragische Ableben seiner Begleiter. Der Hauptmann blickte traurig drein. Den gewöhnlichen Söldnern schien es gleichgültig zu sein.
    Dann stellte Zarrat den Leuten seine Begleiterin vor. »Das beherzte Eingreifen dieser Maid hat Euren Herrn vor einem scheußlichen Ende bewahrt.«
    Die Söldner knallten erneut die Hacken zusammen und schrien »Hurra!«
    Schließlich geleitete der Graf Aruula ins Zelt, in dem ein Kanonenofen bullerte. Es war behaglich warm; außerdem war es mit allerlei Möbeln ausgestattet. Zwei Lakaien – ein junger Mann und eine Magd mit dicken Zöpfen, erwarteten sie zum Nachtmahl.
    Nachdem Zarrat sich das Blut der Taratze aus dem Gesicht gewaschen hatte, bat er Aruula, an der Tafel Platz zu nehmen.
    Die Lakaien fuhren Braten, Käse, Brot und vergorenen Brabeelensaft auf – den Aruula gegen einen Kelch mit Wasser eintauschte –, und man ließ es sich munden. Auf einen Wink des Grafen hin zogen sich die beiden Bediensteten zurück.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Aruula, als sie allein waren.
    »Wieso lebt Ihr in einem Zelt, wo doch gleich dort drüben ein Turm steht, in dem es sicher warm und trocken ist?«
    Graf Zarrat brummte vor sich hin. Dann öffnete er ein Holzkästchen, das grob gerollte Kiffetten enthielt, und zündete sich eine, nachdem

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