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179 - Gefangene der Traumzeit

179 - Gefangene der Traumzeit

Titel: 179 - Gefangene der Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Aruula dankend abgelehnt hatte, an einem Kerzenleuchter an.
    »Ihr habt wohl etwas missverstanden«, erwiderte Zarrat paffend. »Der Turm ist nicht etwa mein Besitz. Er gehört dem Alchimisten Xordimor, dem Nachfahren einer üblen Sippschaft aus degenerierten Jüngern der Schwarzen Magie.«
    Die aus seinem Munde kommenden blauen Rauchwölkchen verwandelten sich auf faszinierende Weise in Kringel. »In ziemlich genau zwölf Stunden«, fuhr er fort und deutete auf eine Taschenuhr, die er zuvor auf den Tisch gelegt hatte, »jährt sich zum neunundneunzigsten Male der Tag, an dem die Weißen Magier des Reiches Gallusien Xordimor und seine gespenstischen Helfershelfer in diesen Turm verbannt haben…« Zarrat seufzte. »Ach, hätten sie den Bann doch nur auf neunhundertneunundneunzig Jahre ausgedehnt! Aber es war wohl nicht möglich, ohne der Welt neben der Finsternis noch ein Übel aufzuerlegen.«
    Er merkte wohl, dass Aruula die Bedeutung seiner Worte rätselhaft war. »Ich muss wohl etwas weiter ausholen…«
    Hinter ihm öffnete sich der Zelteingang. Der stattliche schnauzbärtige Hauptmann trat ein, dem Aruula schon am Feuer begegnet war. Der Graf nahm ihn wahr, war aber offenbar nicht bereit, sich stören zu lassen.
    Ein Wink genügte. Der Hauptmann blieb stehen und zupfte an seinem Bart. Er war ein dunkler Typ, irgendwie das exakte Gegenteil von Maddrax. Er hatte die Miene des treuen Haudegens, dem man sein Leben bedenkenlos anvertrauen konnte.
    »Die Dynastie, der Xordimor entstammt«, fuhr Graf Zarrat fort, »ist in Gallusien so berühmt wie alt. Ihr gehörten immer hochbegabte Alchimisten an, die jede Pflanze auf die Möglichkeit geprüft haben, ob sie eine Substanz enthält, die dem Menschen eine besondere Kraft verleiht. Deswegen mussten die Sippen, wenn sie glaubten, brauchbare Substanzen gebraut zu haben, auch Selbstversuche wagen. Oft hat es sich für sie ausgezahlt, aber leider nicht immer.«
    Er schaute den am Eingang wartenden Hauptmann an.
    »Der Alchimist Xordimor«, sagte der Graf, »war wohl das Ergebnis eines fehlgeschlagenen Selbstversuchs seines Erzeugers.« Er bemerkte Aruulas fragenden Blick und fügte hinzu: »Als Xordimor zur Welt kam, war er missgestaltet. Als wäre dies noch nicht schlimm genug, wurde er von Gelüsten getrieben, die er nicht lange vertuschen konnte.« Zarrat seufzte. »Vor fast neunundneunzig Jahren mussten sich die Weißen Magier des Reiches zusammentun, um ihn mit einem Bann an den Turm zu binden, den Ihr draußen gesehen habt.«
    Er deutete zum Zelteingang, an dem der Hauptmann noch immer stand. »Und zwar zusammen mit all den Helfershelfern, die in seinen Diensten standen.« Er schüttelte sich. »Seit diesem Tag steht für Xordimor und sein Gesinde die Zeit still. Doch bekanntlich hat die Magie auch Schattenseiten, denn ohne sie wäre es ja ein Leichtes, alles Übel der Welt einfach wegzuzaubern!«
    Aruula stutzte. Wie wahr! Wieso hatte sie noch nie darüber nachgedacht?
    »Seitdem herrscht in der Welt ewige Nacht.« Zarrat breitete die Arme aus. »Leider sind inzwischen alle Magier gestorben, die Xordimor seinerzeit gebannt haben.« Sein trauriger Blick maß Aruula. »Doch das Schlimmste ist: Das magische Buch, das den Bannspruch enthält, fiel kürzlich einer Feuersbrunst zum Opfer.«
    »Oh!« Aruulas Kinnlade sank herunter.
    »Um den Bann zu erhalten, muss der Bannspruch nach neunundneunzig Jahren wiederholt werden«, sagte Zarrat.
    »Geschieht dies nicht, ist er aufgehoben – und Xordimor kann den Turm als freier Mann verlassen und den Rest seines natürlichen Lebens nach seinem eigenen Gutdünken verbringen.«
    »Und das ist in zwölf Stunden der Fall?«, fragte Aruula schockiert.
    »Wenn er freikommt…« Der Graf befeuchtete aufgeregt seine Lippen. »… wird er die Nachkommen jener, die ihn einst in den Turm verbannt haben, über die Klinge springen lassen. Ich weiß es. Er wird uns alle töten, mit Elixieren, die kein Medikus je nachweisen kann!«
    »In elf Stunden, Durchlaucht«, warf der Hauptmann ein. Er trat näher, beugte sich ans Ohr seines Herrn und meldete ihm etwas, das Besucherohren wohl nicht hören sollten.
    »Wirklich?« Die Miene des Grafen zeigte Frohlocken. »Das will ich sofort sehen!« Er stand auf. »Kommt Ihr mit, Gnädigste?«
    Aruula nickte. Sie hatte an diesem Abend ohnehin nichts Besseres vor.
    ***
    Auch wenn zwischen ihrem Kennenlernen und dem Moment, in dem sie das Zelt verließen, eine Stunde vergangen war, konnte sie den Lauf der

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