1791 - Im Dorf der Verdammten
einfach in der Luft.
Und er tat etwas.
Er lief von uns weg. Es war ihm jetzt egal, ob wir ihn gewarnt hatten oder nicht. Er wollte das durchziehen, was für ihn wichtig war, und das war eben Irma.
Sie wartete schon auf ihn.
Er war der Romeo, der in Julias Arme lief. So hatte sie auf ihn gewartet. Beide umschlangen sich so intensiv, als wollten sie sich nicht mehr loslassen.
»Die Hexe und der Gockel«, formulierte Bill.
»Das klang aber nicht nett.«
»Ja, ich weiß auch nicht, ob es nett wird. Aber wenn sich uns schon mal die Chance bietet, sollten wir sie auch nutzen und uns diesen Vogel aus der Nähe anschauen.«
»Du willst sie stören?«
Bill war dieser Meinung.
»Okay, ich bin dabei.«
Die beiden hatten sich und die Welt um sich herum vergessen. Sie hielten sich auch weiterhin umarmt, und wir hörten die schmatzenden Laute, wenn sie sich küssten.
Ist ja auch alles nicht schlimm, wenn es zwei normale Menschen taten. Doch dafür hätte ich in diesem Fall keine Hand ins Feuer gelegt.
Wir gingen nicht so schnell, weil wir sie nicht stören wollten. Bis in die Nähe schafften wir es, da blieben wir auch stehen und stellten fest, dass man uns inzwischen gehört hatte. Die beiden ließen voneinander ab und drehten uns ihre Gesichter zu.
Sie hoben sich schwach von dem schwarzen Hintergrund ab. Das helle Kleid tat sein Übriges. Ein schönes Paar. Es gab nichts Gespensterhaftes an ihnen.
So gut verstanden sich die beiden doch nicht, denn es war die junge Frau, die sich aus dem Griff lösen wollte, und Tony hatte etwas dagegen.
»Nein«, rief er, »nein, das lasse ich nicht zu! Ich will dich jetzt haben. Ich will, dass du bei mir bleibst. Dass du mich beschützt. Ist das klar?«
Mit dieser Fortsetzung hatten wir nicht gerechnet. Wäre es hell gewesen, dann hätten wir mehr gesehen. So bekamen wir nur mit, dass sich zwei Personen in der grauen Dunkelheit auseinandersetzten, wobei keiner nachgeben wollte.
»Der ist verrückt«, sagte ich.
»Warum?«
»Weil er vergessen hat, wer sie wirklich ist.«
Bill nickte. »Stimmt. Er hätte daran denken sollen, dass er es mit einer Hexe zu tun hat. Die kann ihn fertigmachen, wenn sie will.«
»Und deshalb sollten wir eingreifen.«
Okay, wir hatten die Absicht, doch dabei blieb es, denn genau in diesem Augenblick hörten wir den Schrei. Und wir wussten, dass Tony Black ihn ausgestoßen hatte.
Sein Körper erhielt einen Stoß, sodass er sich von Irma löste. Die hatte ihren Spaß. Sie fuchtelte mit beiden Armen und schickte ihm Worte hinterher, die sich anhörten wie Flüche.
Wenn sie das tatsächlich waren, dann führten sie zu einem grausamen Ziel. Tony Black, der Wirt, dieser schon ältere Mann, war Irma machtlos ausgeliefert. Sie war in ihrer Abrechnung grausam und ließ ihm keine Chance.
Er taumelte zurück. Ob jetzt sein Sterben begann oder ob es schon früher angefangen hatte, wir konnten es nicht sagen, wir mussten es hinnehmen. Wir sahen, dass er nach hinten kippte und auf den Rücken fiel.
Sein Körper war plötzlich hell, was nicht an einem herrlichen Licht lag, das ihn überschwemmte, sondern daran, dass die Kräfte der Hexe Wirkung zeigten.
Wir bekamen bestätigt, was wir auch dachten, denn Irmas Stimme gellte auf.
»Hexenfeuer soll vernichten und alle seine Wünsche richten.« Sie schrie die brennende Person an. »Tot sollst du sein! Asche sollst du werden, damit nichts mehr von dir bleibt auf Erden …«
Dichten konnte sie. Es war auch möglich, dass wir hier alte Hexensprüche hörten, jedenfalls hatten sie ihre Wirkung nicht verloren. Es ging uns natürlich quer, dass dieser Mord praktisch vor unseren Augen durchgeführt worden war, und ich besaß die besseren Gegenmittel. Deshalb versuchte ich zu retten, was noch zu retten war, und eilte auf die Gestalt zu.
Es war grauenhaft. Tony Black lag noch immer auf dem Rücken. Aber Flammen hatten jeden Teil seines Körpers erfasst. Und es war kein normales Feuer, sondern ein Hexenfeuer, ein magisches, das auch nicht aussah wie ein normales Feuer, denn über den Körper des Mannes hatten sich kleine grüne Flämmchen ausgebreitet, und das wirklich vom Kopf bis hin zu den Füßen.
Ich dachte an mein Kreuz. Damit wollte ich die Flammen löschen, und das schaffte ich auch. Kaum dass ich neben dem Brennenden kniete, bewegte ich mein Kreuz über die Flammen hinweg.
Es klappte.
Als hätte ein Sturmwind über die Gestalt geblasen, so waren die Flammen plötzlich verschwunden, und vor mir lag eine
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