18 - Eine Taube bringt den Tod
endlich sagen, was dich hertreibt? Was ist mit Biscam?«
»Er ist tot, Schwester.« Bruder Metellus drehte sich zu ihr um. »Er und seine Söhne wurden überfallen, sie waren schon in der Nähe der Abtei. Ihre Esel und ihre Waren hat man gestohlen. Und so etwas geschieht kaum eine Meile vor der Abtei. Grässlich ist das, unsagbar grässlich.«
»Du wärst nicht so gerannt, hättest du uns nur diese Nachricht überbringen wollen«, vermutete Fidelma ruhig, »wahrscheinlich hast du uns noch mehr zu sagen.«
Der Mönch nickte. »Einer von Biscams Treibern hat überlebt. Schwer verwundet hat er sich zur Abtei geschleppt. Du musst unbedingt mitkommen und dir anhören, was er zu berichten hat.«
»Das würde ich gern, mein Freund, doch du warst dabei, als Abt Maelcar deutlich gemacht hat, dass ich in der Abtei unerwünscht bin.«
»Dann soll eben Bruder Eadulf mitgehen, er muss es mit eigenen Ohren hören.«
Fidelma erhob sich entschlossen. »Wenn du so darauf dringst, sollten wir alle gehen. Falls Abt Maelcar ernsthaft besorgt ist, dass meine Gegenwart den geistlichen Frieden seiner Gemeinschaft gefährdet, bleibe ich draußen, und Eadulf spricht mit dem Verwundeten. Wo ist der Mann jetzt?«
»Hinter der Kapelle ist ein kleiner Bau für die Kranken und Siechen der Abtei«, erklärte Bruder Metellus erleichtert. »Biscams Eselstreiber liegt dort.«
»Du sagst, er ist schwer verwundet. Hat sich jemand seiner angenommen? Ihn verbunden?«, fragte Eadulf.
Bruder Metellus bestätigte das hastig. »In der Abtei haben wir einen guten Apotheker, der hat die Wunden gereinigt und verbunden. Aber der arme Kerl hat viel Blut verloren.«
Sie verabschiedeten sich in aller Eile von ihrer Gastgeberin und folgten Bruder Metellus zu den Abteigebäuden.
»Wie heißt der Mann?«, fragte Fidelma unterwegs.
»Berran. Er hat für Biscam und seine Söhne gearbeitet.«
»Und was hat Berran so Dringliches zu berichten? Hat das etwas mit den Überfällen auf die Bauernhöfe zu tun, von denen Aourken sprach?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe davon erst gestern gehört, bin ja eine ganze Weile nur auf meiner Insel gewesen.« Bruder Metellus schwieg, und so folgten sie ihm ohne weitere Fragen zur Abtei. Er führte sie zu dem kleinen Bau hinter der Kapelle. Dort gab es nur einen einzigen Raum, in dem ein paar hölzerne Bettgestelle standen, eins davon war belegt. Ein großer schlanker Mönch stand daneben und flößte dem Kranken eine dunkel gefärbte Flüssigkeit ein. Der Apotheker drehte sich nach ihnen um und blickte sie vorwurfsvoll an.
»Der Verwundete braucht Ruhe, muss schlafen«, ermahnte er Bruder Metellus. »Schlaf ist das beste Heilmittel in solchen Fällen.«
Jetzt erst schien er Fidelma zu bemerken, und ihm blieb der Mund offen stehen.
»Schwester Fidelma ist hier auf mein Betreiben. Ich übernehme die Verantwortung«, versicherte ihm Bruder Metellus, ehe er noch Einwände erheben konnte.
Fidelma hatte bereits einen Blick auf den Patienten im Bett geworfen. »Wird er sich wieder erholen?«, fragte sie.
»Seine Verwundung ist nicht lebensbedrohend, falls du das meinst«, erwiderte der Arzt. »Er hat Blut verloren, und die Wunde schmerzt. Aber er ist jung, und über kurz oder lang wird er genesen.«
»War Abt Maelcar hier, um nach ihm zu sehen?«, erkundigte sich Bruder Metellus.
»Ja, er war hier. Der Abt hat sich eben erst in seine Gemächer begeben.«
»Gut.« Metellus winkte ihnen heranzutreten. Der Mann, der dort lag, war bei Bewusstsein und musterte sie; man sah, dass er litt. »He, Berran«, redete Metellus ihn leise an. »Wir bleiben nicht lange. Ich möchte nur, dass du für Schwester Fidelma wiederholst, was du uns erzählt hast … von dem Überfall.«
Fidelma beugte sich zu ihm hinunter. Er war wirklich noch jung, hatte wettergebräunte Haut, hier und da mit Falten, und ein Zucken im Gesicht ließ seine Schmerzen erahnen. Er wandte ihr den Kopf zu, die dunklen Augen blickten wie abwesend.
»Wir waren nicht mehr weit entfernt von der Abtei.« Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Biscam meinte, wir würden noch am Vormittag dort sein. Fünfzehn Esel hatten wir, die waren mit Sachen für die Abtei beladen. Wir waren unser fünf – Biscam, seine zwei Söhne, mein Freund Brioc und ich. Auf unserem Weg von Naoned war alles glattgegangen.« Er blinzelte und machte eine Pause. »Dann geschah es plötzlich. Ich begriff gar nicht, was los war, spürte nur einen
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