18 - Eine Taube bringt den Tod
erschallte ein kurzer Trompetenruf.
Riwanon schaute auf. »Ah, unsere Gastgeber kehren heim, Macliau oder Trifina.«
Bruder Metellus, der sich in den Gepflogenheiten auskannte, widersprach. »Mit einem Signal wie diesem wird nicht die Ankunft einer Person hohen Ranges angekündigt. Er stand auf, ging zur Tür der Großen Halle und spähte hinaus. Sie hörten, wie er überrascht Luft holte, auch bekreuzigte er sich. »Lupus in fabula« , murmelte er. Der Wolf in der Fabel. Eadulf versuchte, die Redensart zu deuten und kam rasch dahinter, dass sie in seiner Sprache heißen würde: wenn man vom Teufel spricht, ist er schon da.
»Was gibt es, Bruder Metellus?«, fragte er.
»Abt Maelcar. Er ist nicht allein, ein Bruder begleitet ihn.«
Kurz darauf betrat der Abt die Große Halle. Die dunklen Augen erfassten die dort Versammelten und wurden groß, als er Bruder Metellus und dann auch Fidelma und Eadulf entdeckte. Seine Verwunderung war ihm anzusehen. Dann verweilte sein Blick auf Riwanon, und sogleich wirkte er erleichtert. Mit raschen Schritten ging er zu ihr und blieb mit einer leichten Verbeugung vor ihr stehen.
»Da bin ich, Schwester.« Er hatte die Worte in seiner Muttersprache gesagt, aber inzwischen war Fidelma mit den Lauten so weit vertraut, dass sie einfache Wendungen verstand.
Nur einen Augenblick lang wirkte die Königin verärgert, errötete leicht und verzog dann den Mund zu einem amüsierten Lächeln.
»Dass du hier bist, sehe ich selbst, Abt Maelcar«, sagte sie auf Latein. »Wir befinden uns in Gesellschaft von Gästen, die im Umgang mit dem Lateinischen keine Schwierigkeiten haben«, fügte sie erläuternd hinzu. »Wir werden uns deshalb in dieser Sprache unterhalten.«
»Ich bin gekommen so schnell ich konnte«, erklärte der Abt.
»Aha. Und aus welchem Anlass?«
Mit einer solchen Frage hatte er nicht gerechnet. Er schaute sie verdutzt an.
»Der König hat mich rufen lassen.«
Schweigen.
»Mein Gatte ist nicht hier, Abt Maelcar«, tat Riwanon nach einer Weile kund. Sie sprach leise. »Er ist zwei, drei Tagesritte von hier entfernt mit anderen auf Wildschweinjagd. Wer hat dir eine Nachricht von ihm überbracht?«
Der arme Mann war vollends durcheinander. Er machte eine hilflose Armbewegung.
»Nun verstehe ich gar nichts mehr. Ein Bote kam zur Abtei Gildas und sagte, der König verlange meine Anwesenheit auf der Burg des mac’htiern von Brilhag. Und zwar sofort. Zusammen mit meinem Schreiber Bruder Ebolbain, der draußen auf Abruf wartet, bin ich unverzüglich hierhergeeilt.«
Auch Riwanon verstand die Welt nicht mehr.
»Willst du damit sagen, dass mein Gatte jeden Moment hier erscheinen müsste? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so einfach seine Jagd abbricht, bloß um hierherzukommen. Wann ist der Bote bei dir in der Abtei gewesen?«
»Heute in aller Frühe. Mein Gefährte und ich sind die ganze Strecke zu Fuß gelaufen. Es hieß, der König wäre mit seinem Gefolge eingetroffen und wünschte mich dringend zu sprechen.« Einer plötzlichen Eingebung folgend blickte er vorwurfsvoll Budic an. »Warst du es, der eine Botschaft von deinem Vater übermittelt hat?«
Der grinste nur zynisch. »Ich bin Befehlshaber der Leibgarde meiner Herrin. Ich bin kein Bote.«
»Du musst schon entschuldigen, wenn auch ich noch einmal frage«, mischte sich Fidelma ein, die bei dem Gespräch hellwach geworden war. »Wann hat dir wer die Nachricht übermittelt, Abt Maelcar?«
Der alte Abt hatte nur einen empörten Blick für sie übrig und wollte ihre Frage schlichtweg übergehen. Riwanon aber beugte sich vor und verlangte leise und entschieden: »Meine Schwester von Hibernia erkundigt sich nach wesentlichen Umständen, Abt. Ich erwarte eine Antwort.«
Abt Maelcar wurde rot ob des Tadels.
»Ich habe ja schon gesagt, heute Morgen in aller Frühe«, erwiderte er verdrießlich und schaute dabei die Königin, nicht Fidelma an. »Ein Bote, angeblich von König Alain gesandt, erschien in der Abtei und übermittelte mir die Nachricht, der König sei mit seinem Gefolge eingetroffen und bedürfe dringend meiner Gegenwart. Ich hatte noch ein paar geistliche Aufgaben zu erledigen …« Er zuckte wie beiläufig mit den Achseln. »Sowie ich die hinter mich gebracht hatte, machte ich mich mit Bruder Ebolbain auf den Weg.«
»Und wo ist jetzt der Bote des Königs? Ist er mit dir und Ebolbain gegangen?«, drängte Fidelma.
Der Abt blickte wieder zu Riwanon, als erwarte er ihr Einverständnis, ehe er
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