18 - Eine Taube bringt den Tod
noch am Feuer zu schaffen machte. »Du kannst gehen. Wir kommen allein zurecht.«
Der Mann nahm es zur Kenntnis und schien froh, den Raum verlassen zu dürfen.
Riwanons Blick wanderte von Fidelma zu Iuna und wieder zurück zu Fidelma.
»Wie nun weiter, gute Schwester aus Hibernia? Du hast gestern gesagt, du hättest Erfahrung im Enträtseln von Fällen unnatürlichen Todes. Ich ersuche dich um Rat. Mehr noch, ich beauftrage dich hiermit, den Mord aufzuklären und werde deine Schlussfolgerungen nicht in Frage stellen. Du hast mein Wort.«
»Dein Vertrauen ehrt mich«, erwiderte Fidelma. »Aber ich bin eine Fremde in einem fremden Land. Ich kenne eure Gesetze nicht und bin folglich nicht in der Lage, sie sachgemäß auszulegen.«
»Das erwarte ich auch nicht«, entgegnete Riwanon freundlich lächelnd. »Mir liegt nur daran, dass du herausfindest, wer das Verbrechen begangen hat. Die Rechtsprechung ist dann unsere Angelegenheit.«
»Ich würde vorschlagen, wir setzen uns alle. Du auch, Iuna.«
Die Hausvorsteherin erschrak angesichts der Aufforderung, ließ sich jedoch gehorsam in den ihr am nächsten stehenden Armsessel sinken.
Aller Augen richteten sich erwartungsvoll auf Fidelma.
»Ich möchte mit dir beginnen, Iuna. Du sagtest vorhin, du wärest zufällig am Gemach des Abts vorbeigekommen und hättest ihn in dem uns bekannten Zustand vorgefunden. Was führte dich zu so ungewohnter Zeit dorthin?«
Budic entfuhr ein befremdliches zynisches Grunzen, was ihm einenärgerlichen Blick von Riwanon einbrachte. Er machte ein betretenes Gesicht und schwieg.
»Es gehört zu meinen Aufgaben, dafür Sorge zu tragen, dass morgens alles für den Tagesablauf vorbereitet ist. Dazu muss ich früh aufstehen«, erklärte Iuna gefasst. »Ich habe darauf zu achten, dass die Diener Wasser hereingebracht haben, damit es heiß gemacht werden kann, dass die Herdstellen hergerichtet sind, um neues Feuer zu entfachen, denn über Nacht durften sie ausgehen. Auch frisches Brennholz muss herbeigeschafft werden. Es gibt vielerlei Dinge zu erledigen.«
»Das erklärt, warum du so zeitig auf warst, aber nicht, was dich zu dem Zimmer des Abts geführt hat.«
»Mein Zimmer liegt neben dem von Lady Trifina, denn wenn sie hier weilt, bin ich ihre Kammerfrau, und so kann sie mich jederzeit rufen und meine Dienste in Anspruch nehmen.«
»Und wo hat Trifina ihr Zimmer?«
»Ganz am Ende des Ganges. Ich verließ mein Zimmer und ging den Flur entlang …«
»Ohne Kerze?«, unterbrach sie Fidelma. Du hattest keine in der Hand, als ich dir begegnete.«
»Die Kerze im Gemach des Abts war meine.«
»Was genau geschah? Berichte, wie sich die ganze Sache abgespielt hat. Du gingst den Flur entlang …«
»Ich wollte gerade am Zimmer des Abts vorbei, als ich etwas hörte, es klang wie ein Stöhnen. Im Glauben, der Abt fühlte sich schlecht, blieb ich stehen und klopfte an. Es kam keine Antwort. Ich bemerkte, dass die Tür angelehnt war und stieß sie auf.«
»Angelehnt? Nicht geschlossen?«
»Angelehnt«, bestätigte das Mädchen.
»Sprich weiter.«
»Ich stieß die Tür auf und fragte in den Raum hinein, ob ihm etwas fehle oder ob er etwas brauche. Ich vernahm keine Antwort.«
»Auch kein Stöhnen?«
»Es war vollkommen still. Ich hielt meine Kerze hoch, betrat das Zimmer und sah den Abt im Bett liegen. Ich glaube, ich sprach ihn an, wollte wissen, ob alles in Ordnung wäre. Wieder keine Antwort. Ich ging hinüber zum Bett, setzte die Kerze ab und beugte mich über ihn. Dabei spürte ich etwas Hartes … es war der Griff von dem Messer, das in seiner Brust steckte. Plötzlich hatte ich Blut am Kleid. In panischer Angst drehte ich mich um und stürzte aus dem Zimmer …«
»Und bist fast mit mir zusammengestoßen«, beendete Fidelma den Satz für sie. »Noch einmal, du sagst, du hast ihn stöhnen gehört, bevor du in sein Zimmer gingst?«
»Ja.«
»Vielleicht ein Todesseufzer«, ließ sich Budic vernehmen. Wie abwesend starrte er ein Loch in die Decke und nahm Fidelmas ärgerlichen Blick gar nicht zur Kenntnis.
»Im allgemeinen führt solch eine Verletzung zum sofortigen Tod«, fuhr Fidelma fort. »Irgendetwas anderes hast du nicht gehört? Nichts, was darauf hindeutet, dass jemand den Raum durch einen zweiten Ausgang verlassen hat? Der Mörder muss schließlich drin gewesen sein.«
»Es gibt dort ein Fenster«, antwortete das Mädchen ruhig.
»Als du das Zimmer betreten hast, ist dir da aufgefallen, ob das Fenster offen war?«
»Nein,
Weitere Kostenlose Bücher