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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Ge­dächt­nis, daß vor al­len Din­gen un­se­re Ehe ge­heim­ge­hal­ten wer­den muß, denn sprichst du dar­über, so wer­den wir wahr­schein­lich für im­mer ge­trennt.«
    Und ich ver­sprach ihr, ge­hor­sam zu sein in al­len Din­gen – ich muß­te an das Schick­sal Ura­shi­mas den­ken –, und sie ge­lei­te­te mich durch die vie­len Zim­mer – al­le leer und schön – zum Ein­gang zu­rück. Dort nahm sie mich wie­der beim Hand­ge­lenk, und plötz­lich wur­de al­les dun­kel vor mei­nen Au­gen, und ich wuß­te nichts mehr von mir, bis ich mich al­lein am Fluß­ufer ste­hend fand, dicht ne­ben der Brücke Na­ka­no-ha­shi. Als ich in die Ya­shi­ki zu­rück­ging, hat­ten die Tem­pel­glo­cken noch nicht zu läu­ten an­ge­fan­gen. – Abends ging ich wie­der zur Brücke – um die be­stimm­te Stun­de –, und sie war­te­te dort be­reits auf mich. – Wie­der wie das ers­te­mal zog sie mich in das tie­fe Was­ser und führ­te mich an den wun­der­sa­men Ort, wo wir un­se­re Braut­nacht ge­fei­ert hat­ten. – Und je­de Nacht seit­dem ha­be ich sie ge­trof­fen und bin den­sel­ben Weg mit ihr ge­gan­gen. – Auch heu­te nacht war­tet sie si­cher­lich auf mich, und lie­ber möch­te ich ster­ben, als ihr ei­ne Ent­täu­schung be­rei­ten, dar­um muß ich jetzt ge­hen.
    Aber noch­mals laß dich bit­ten, Ka­me­rad, sag nie­mand auch nur ein Wort von dem, was ich dir an­ver­traut ha­be!«
    Der al­te Ashi­ga­ru war eben­so er­staunt wie be­un­ru­higt durch die­se Er­zäh­lung.
    In­stink­tiv fühl­te er, daß Chu­go­ro ihm die Wahr­heit ge­sagt hat­te; aber die­se Wahr­heit er­öff­ne­te bö­se Aus­bli­cke. Mög­li­cher­wei­se war das Er­leb­nis Chu­go­ros nichts als Sin­nes­täu­schung, viel­leicht aber ei­ne von fins­te­ren Mäch­ten zu ver­derb­li­chen Zwe­cken her­bei­ge­führ­te Sin­nes­täu­schung!
    War der jun­ge Mensch nun tat­säch­lich be­hext oder nicht, je­den­falls war er zu be­mit­lei­den und nicht zu ta­deln; Ge­walt an­zu­wen­den war kei­nes­falls am Plat­ze – des­halb er­wi­der­te der Ashi­ga­ru freund­lich:
    »Ich wer­de nie­mals über das spre­chen, was du mir an­ver­traut hast, nie­mals, vor­aus­ge­setzt, daß du ge­sund und am Le­ben bleibst. Geh und su­che das Weib auf, aber – hü­te dich vor ihr! Ich fürch­te, ein bö­ser Geist hat dich in sei­ne Net­ze ge­lockt.« Chu­go­ro lä­chel­te nur über die­se War­nung sei­nes al­ten Ka­me­ra­den und eil­te da­von.
    Ei­ni­ge Stun­den spä­ter kehr­te er mit selt­sam ver­stör­ter Mie­ne in die Ya­shi­ki zu­rück.
    »Hast du sie ge­trof­fen?« frag­te flüs­ternd der Ashi­ga­ru.
    »Nein«, er­wi­der­te Chu­go­ro, »sie war nicht dort. Das ers­te­mal, daß sie nicht ge­kom­men ist! Ich glau­be, sie kommt nie mehr wie­der! Ich hät­te dir die Sa­che nicht er­zäh­len sol­len! – Narr, der ich war, mein Ver­spre­chen nicht zu hal­ten …«
    Der Ashi­ga­ru ver­such­te ver­ge­bens, ihn zu trös­ten.
    Chu­go­ro leg­te sich nie­der und sprach kein Wort mehr. Er zit­ter­te am gan­zen Lei­be wie von Käl­te durch­schau­ert.
    Als die Tem­pel­glo­cken die ers­te Mor­gen­stun­de ver­kün­de­ten, ver­such­te Chu­go­ro auf­zu­ste­hen, fiel aber be­wußt­los zu­rück.
    Er war sicht­lich krank – tod­krank.
    Ein chi­ne­si­scher Arzt wur­de ge­holt.
    »Was ist das? Der Mann hat ja kein Blut mehr …«, rief er aus, als er Chu­go­ro sorg­fäl­tig un­ter­sucht hat­te. »Es ist nichts als Was­ser in sei­nen Adern! Da wird es schwer sein, ihn noch zu ret­ten. – Was für ei­ne bös­ar­ti­ge Sa­che mag das sein?«
    Man ließ nichts un­ver­sucht, Chu­go­ro am Le­ben zu er­hal­ten, aber um­sonst.
    Er starb, als die Son­ne un­ter­ging.
    Da er­zähl­te der al­te Ashi­ga­ru sei­nen Ka­me­ra­den die gan­ze Ge­schich­te.
    »Ah, hab’ ich mir’s doch ge­dacht!« rief der chi­ne­si­sche Arzt. »Kei­ne Macht der Welt hät­te ihn ret­ten kön­nen. Er ist nicht der ers­te, den sie um­ge­bracht hat!«
    »Wer ist die­se ›sie‹ – oder was ist sie?« frag­te der Ashi­ga­ru. »Ein Fuchs­dä­mon?«
    »Nein, sie spukt hier am Flus­se seit al­ters­grau­en Zei­ten. Sie liebt das Blut der jun­gen …«
    »Al­so ein Schlan­gen­weib?

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