18 Gänsehaut Stories
Hütte.
In der Hütte dieses armseligen Palastes brannte ein Feuer, Büffelhäute lagen auf der Erde, und auf einer derselben kauerte der alte kranke Häuptling; die größten Zauberer des Stammes heulten, schrien und machten einen Lärm, durch welchen der Kranke nur noch elender gemacht werden mußte, einen Lärm, der selbst einen Gesunden hätte krank machen können.
Der Medizinmann leitete den Chor und den Trauertanz; der Wald erscholl von dem Lärm, welchen diese wunderliche Feierlichkeit veranlaßte; den Gottheiten des Landes wurden Opfer und Gebete dargebracht.
Sechs junge Mädchen waren damit beschäftigt, die nackten und kalten Glieder des Greises zu reiben. Eins von ihnen, ein sehr hübsches Mädchen von kaum sechzehn Jahren, weinte bei dieser Arbeit.
Der Schotte erkannte, daß diese ganze Behandlungsweise nur Massasoits Tod bewirken würde. Als Europäer und Weißer galt er für einen geborenen Arzt. Er benutzte das Ansehen, welches er in dieser Hinsicht hatte, entfernte die Lärmenden und näherte sich dem Häuptling.
»Wer kommt zu mir?« fragte der Greis.
»Jock, der weiße Mann.«
»Oh!« versetzte der Häuptling und reichte ihm die vertrocknete Hand. »Wir werden uns nicht wiedersehen, Jock.«
Obgleich Jock wenig medizinische Kenntnisse hatte, so bemerkte er doch ohne Mühe, daß der Häuptling an einer einfachen Verdauungsstörung litt; er kam ihm zu Hilfe, befahl, daß man um ihn her schweige, setzte ihn auf eine kärgliche Diät und bereitete ihm dann ein ausgezeichnetes schottisches Gericht, welches die Stelle einer Arznei vertreten mußte.
In drei Tagen war Massasoit wieder hergestellt. Das Heulen der Indianer und die Tänze begannen von neuem; allein dieses Mal drückten die Hymnen der Wilden nur noch die Gefühle des Danks und der Freude aus.
Massasoit ließ Jock in seiner Hütte sich setzen, reichte ihm seine Pfeife und zeigte ihm seine Tochter Anauket, das jüngste und hübscheste von den Mädchen, welche Muirland in der Hütte gesehen hatte.
»Du hast kein Weib«, sagte der alte Krieger zu ihm; »nimm meine Tochter und ehre mein weißes Haupt.«
Jock erbebte; er dachte an Tuilzie und Spellie, er dachte daran, wie schlecht ihm seine früheren Heiraten gelungen waren.
Allein das junge Mädchen war sanft und gehorsam. Eine Heirat in einer einsamen Gegend ist nur mit wenig Förmlichkeiten verknüpft und pflegt ebensowenig nachteilige Folgen für einen Europäer zu haben. Jock fügte sich daher, und die schöne Anauket gab ihm keinen Grund, seine Wahl zu bereuen.
Es war an einem schönen Herbstmorgen, am achten Tage ihrer Vereinigung, als beide im Boot den Ohio hinunterfuhren. Jock hatte seine Jagdflinte mitgenommen. Anauket war an solche Züge gewöhnt, da das Leben des Wilden zum größten Teil aus ihnen besteht, weshalb sie ihren Mann unterstützte und ihm half. Das Wetter war prachtvoll; die Ufer des schönen Flusses boten den Liebenden bezaubernde Aussichten dar; Jock bemerkte ein Perlhuhn mit strahlenden Flügeln, er zielte, schoß, und der tödlich getroffene Vogel fiel in dichtes Gebüsch.
Muirland wollte eine so schöne Beute nicht verlieren, band sein Boot an und stieg an Land, um den Vogel zu suchen. Vergebens durchstreifte er das Gebüsch; seine schottische Hartnäckigkeit trieb ihn immer tiefer und tiefer in den Wald. Bald sah er sich zwischen hohen Bäumen, als plötzlich ein strahlendes Licht durch das Laub fiel und bis zu ihm drang. Er zitterte. Das unerträgliche Licht zwang ihn, seine Augen zu schließen. Das Auge ohne Lid blickte ihn an.
Spellie war über das Meer gekommen, hatte die Spur ihres Mannes gefunden und seine Fährte verfolgt; sie hatte ihr Wort gehalten, und
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