18 Gänsehaut Stories
nicht standhielten.
Mittlerweile hatte eine Art Instinkt mich bewogen, den Lichtbereich, darin ich mich bisher aufgehalten, zu verlassen und in den tiefen Schatten eines Uferfelsens zu treten, wo ich abwartete, ob das Kanu sich neuerdings zeigen werde. Von meinem jetzigen Standpunkt aus konnte ich trefflich beobachten, ohne selbst beobachtet zu werden – eine Vorsichtsmaßnahme, die mir durchaus angebracht schien.
Es waren noch keine fünf Minuten vergangen, als das Kanu, ganz wie ich vorausgesehen hatte, zum viertenmal mein Blickfeld kreuzte – diesmal nur mehr wenige Bootslängen vom Anlegeplatz entfernt, woraus ich ersah, daß die zwei Indianer beabsichtigten, die Insel zu betreten. Ich erkannte in ihnen die Ruderer von vorhin, und in der Tat, der eine, welcher das Kanu steuerte, war ein riesenhafter Bursche. Auch war es fraglos dasselbe Kanu, und so konnte kein Zweifel mehr bestehen, daß seine Insassen aus irgendwelchen Gründen die Insel zunächst eine Zeitlang umkreist hatten, um eine günstige Gelegenheit zur Landung abzuwarten. Ich spähte mir die Augen aus dem Kopf, um die beiden auch noch im Finstern zu erblicken, aber das Dunkel hatte sie mit Haut und Haar aufgeschluckt, und auch nicht das leiseste Klatschen des kraftvoll ausgreifenden Paddelschlags drang an mein lauschendes Ohr. Das Kanu mußte nun innerhalb kürzester Frist seine neuerliche Runde vollendet haben, und diesmal mochte es geschehen, daß die Männer an Land kamen. So schien es mir durchaus am Platze, darauf vorbereitet zu sein, denn ich wußte nicht, in welcher Absicht die beiden gekommen waren. Und zwei gegen einen (zumal, wenn diese zwei so riesenhafte Indianer sind), noch dazu in tiefster Dunkelheit auf einer einsamen Insel – das entsprach nicht in allen Punkten meinen Vorstellungen von einem erfreulichen Zusammentreffen.
In einer Ecke des Aufenthaltsraumes stand, gegen dessen Rückwand gelehnt, meine Marlin mit zehn Patronen im Magazin und einer elften, wohlverwahrten im gut gefetteten Verschluß. Es war nun wirklich höchste Zeit, ins Haus zurückzukehren und sich in jener Ecke zu verschanzen. Ohne eine weitere Sekunde zu verlieren, eilte ich zur Veranda hinauf, wobei ich mich sorgsam im Schatten der Bäume hielt, auf daß ich in dem Lichtschein nicht gesehen würde. Beim Eintreten zog ich die Verbindungstür zur Veranda hinter mir zu und blies so rasch wie möglich die sämtlichen sechs Lampen aus. Sich in einem grell erleuchteten Zimmer aufzuhalten, wo auch die geringfügigste meiner Bewegungen von draußen beobachtet werden konnte, wogegen ich selbst durch jedes der Fenster nichts als undurchdringliche Finsternis erblickte, das war nach allen Regeln der Kriegführung ein durchaus unnötiges Zugeständnis an einen Gegner, der, falls er tatsächlich in feindseliger Absicht gekommen sein sollte, viel zu durchtrieben und gefährlich war, als daß man ihm auch nur irgendeinen Vorteil hätte einräumen dürfen.
So stand ich denn in der Ecke des Aufenthaltsraumes, den Rücken zur Wand und die Hände auf den Gewehrlauf hinter mir gestützt. Zwischen mir und der Tür zur Veranda stand der Tisch mit meinen Büchern, doch war die Finsternis nach dem Verlöschen der Lampen so tief, daß man fürs erste überhaupt nichts wahrnehmen konnte. Nur nach und nach traten die Zimmerwände aus ihr hervor, hoben die Fenstergevierte sich ganz schwach von der sie umgebenden Dunkelheit ab.
Nach einigen Minuten aber waren die Eingangstür (deren obere Hälfte verglast war) sowie die beiden auf die Veranda gehenden Fenster ganz deutlich zu unterscheiden. Ich war sehr erleichtert darüber, denn jetzt konnte ich, falls die
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