18 Gänsehaut Stories
Indianer sich wirklich dem Haus näherten, ihr Herankommen beobachten, ja sogar ihre Pläne erraten. Und ich sollte nur zu sehr recht behalten, denn schon drang auch der hohle Anprall eines am Landeplatz anlegenden Kanus an mein Ohr. Ich vernahm ganz deutlich, wie es vorsichtig den Uferfelsen heraufgezogen wurde, und wie die beiden Ruderer ihre Paddel unter das Fahrzeug schoben. Auch die folgende Stille deutete ich mir ganz richtig: Die Indianer waren jetzt im Begriff, sich an das Haus heranzuschleichen …
Nun wäre es absurd, mit der Behauptung großzutun, ich wäre angesichts der ernsten Situation und ihres möglichen Ausgangs nicht aufgeregt oder gar geängstigt gewesen, doch ist es die reine Wahrheit, wenn ich sage, daß sich solcher Zustand nicht so sehr auf meine Person bezog. Es war mir durchaus bewußt, daß ich da mitten in der Nacht in eine seelische Verfassung geriet, darin meine Empfindungen nicht mehr als normal bezeichnet werden konnten. Indes, sie waren niemals von irgendwelcher physischen Angst begleitet, und obschon ich während des größeren Teiles der Nacht die Hände nicht vom Lauf meines Gewehres nahm, war mir beständig bewußt, daß sein Beistand mir gegen jenes echte Grauen, dem ich mich da gegenübersah, nur von geringem Nutzen sein konnte. Zuweilen kam’s mir vor – und das mit der größten Deutlichkeit –, als wäre ich in Wirklichkeit gar nicht an dem Geschehen beteiligt, ja nicht einmal darein verstrickt, sondern spielte dabei lediglich die Rolle des Zuschauers – eines Zuschauers überdies, der nicht so sehr auf realer denn auf okkulter Ebene sich befand. Auch waren viele der Empfindungen, die mich in jener Nacht heimsuchten, viel zu vage, als daß man sie hätte beschreiben oder gar analysieren können. Indes, das eigentliche Gefühl, welches mich bis ans Ende meiner Tage verfolgen wird, ist jenes entsetzliche, die Begebnisse insgesamt einhüllende Grauen sowie das unbeschreibliche Preisgegebensein angesichts der Erkenntnis, daß ich, hätte jene äußerste Nervenanspannung auch nur um ein weniges länger angehalten als dies tatsächlich der Fall war – daß ich dann unweigerlich um den Verstand gekommen wäre.
Dabei stand ich die ganze Zeit reglos in meiner Ecke und harrte geduldig der Dinge, die da kommen sollten. Das Haus war so stumm wie ein Grab, aber die wortlosen Stimmen der Nacht tönten mir in den Ohren, und ich vermeinte zu hören, wie das Blut durch meine Adern strömte und in den Pulsen hämmerte.
Falls die Indianer im Sinn hatten, sich von hinten an das Haus heranzumachen, so würden sie die Küchentür versperrt, die Fenster verschlossen finden. Von dieser Seite konnten sie also nicht ohne beträchtlichen Lärm eindringen, und den würde ich auf jeden Fall hören. Der einzige Zugang in das Haus führte demnach über die Veranda, und so heftete ich meinen Blick auf die Tür mir gegenüber und ließ sie nicht eine Sekunde aus den Augen.
Und diese meine Augen paßten sich der Finsternis mit jeder weiteren Minute besser an. Ich konnte jetzt schon den Tisch unterscheiden, der nahezu den ganzen Raum ausfüllte und zu beiden Seiten jeweils nur einen schmalen Gang frei ließ. Auch die geraden Lehnen der eng an den Tisch geschobenen Stühle vermochte ich nun zu erkennen, und sogar meine auf dem weißen Wachstuch ausgebreiteten Notizen zusamt dem Tintenzeug. Und mit einem Mal dachte ich an all die frohen Gesichter, welche sommersüber um diesen Tisch versammelt gewesen, und sehnte mich nach dem Licht der Sonne, wie ich mich noch nie zuvor danach gesehnt.
Zur Linken zweigte, keine drei Fuß von mir, der Gang zur Küche ab, und gleich an seinem Anfang, fast noch im Aufenthaltsraum,
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