18 Gänsehaut Stories
Küchenschaben als Besitzer des Bodens vorzufinden. Indes, dies Erlebnis reichte gewißlich nicht aus, die Intensität meines plötzlichen Widerwillens glaubhaft zu begründen.
Den Vormittag verbrachte ich zur Gänze über meinen Büchern. Nachdem ich aber um die Mittagsstunde mein Studium unterbrochen hatte, um ein wenig schwimmen und danach essen zu gehen, war ich höchst überrascht, um nicht zu sagen besorgt, feststellen zu müssen, daß mein Widerwille gegen jenes Zimmer, falls überhaupt möglich, noch zugenommen hatte. Als ich nämlich nach dem Essen nach oben ging, um ein Buch zu holen, empfand ich die allerdeutlichste Abneigung davor, den Raum auch nur zu betreten, und war mir während des Aufenthaltes in jenen vier Wänden beständig eines zutiefst widerwärtigen, aus Unruhe und echter Furcht gemischten Gefühles bewußt. Das Ende von alledem war, daß ich Studieren Studieren sein ließ, den ganzen Nachmittag draußen auf dem See mit Paddeln und Angeln verbrachte und, als ich gegen Sonnenuntergang wieder ins Haus zurückkehrte, mit einem halben Dutzend wohlschmeckender Barsche für Abendbrot und Speisekammer versorgt war.
Da mir in jenen Tagen ein gesunder Schlaf besonders wichtig schien, hatte ich schon beim Angeln beschlossen, daß ich, im Falle meine Abneigung gegen jene Kammer nach meiner Heimkehr sich noch ebenso deutlich bemerkbar machen sollte, mein Bett in den Aufenthaltsraum verlegen und dort die Nacht verbringen würde. Das wäre, so machte ich vor mir geltend, durchaus kein Zugeständnis an eine absurde und eingebildete Angst, sondern lediglich eine vorbeugende Handlung, um mir einen gesunden Schlaf zu sichern. Denn eine schlechte Nacht bedeutete ja, daß der darauffolgende Tag für das Lernen verloren war – und das konnte ich mir durchaus nicht mehr leisten.
Dementsprechend transportierte ich also meine Lagerstatt nach unten, schlug sie im Tagesraum auf – in jener Ecke, die der Eingangstür gegenüberlag –, und verspürte eine ungewöhnliche Erleichterung, als diese Arbeit getan war und die Tür zur Schlafkammer sich endgültig vor all der Düsternis, Stille und sonderbaren Angst geschlossen hatte, welche jenen Raum erfüllten.
Der heisere Schlag der Küchenuhr verkündete die achte Stunde, als ich mit dem Spülen des wenigen Geschirrs fertig war und, die Küchentür hinter mir schließend, in den Aufenthaltsraum hinüberging. Alle Lampen brannten, und ihre Reflexspiegel, die ich tagsüber auf Hochglanz poliert hatte, tauchten den Raum in eine Fülle von Licht.
Die Nacht vor den Fenstern war lautlos und warm. Kein Lufthauch regte sich. Die Wellen gaben keinen Laut, die Bäume schienen erstarrt zu sein, und der Himmel war von schweren Wolken verhangen. Die Dunkelheit war heute besonders rasch hereingebrochen, und nicht einmal der Abglanz eines fernen Leuchtens zeigte an, wo die Sonne untergegangen war. Über allem hing eine unheilschwangere, überwältigende Stille, wie sie oft genug den fürchterlichsten Unwettern voranzugehen pflegt.
Ich setzte mich mit ungewöhnlich klarem Kopf zu meinen Büchern, im Herzen das wohltuende Wissen, daß in der Eiskammer noch fünf delikate Barsche des Verzehrtwerdens harrten, und daß der alte Farmer schon am nächsten Morgen mit seinem Nachschub an Eiern und frischgebackenem Brot angerudert kommen werde. Nicht lange, und ich war bis über die Ohren in meine Bücher vertieft.
Mit dem Voranschreiten der Nacht wurde die Stille rings um mich immer profunder. Selbst die Eichhörnchen waren verstummt, und nicht einmal die Dielenbretter und die Wandverkleidung knarrten und knisterten noch länger. Ich aber blieb weiterhin
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