18 - Geheimagent Lennet und die Doppelgängerin
verglich. Immerhin hatte er geargwöhnt, daß sie eine Doppelgängerin sein könnte! Aber die Abdrücke waren die gleichen. Und auch auf Cocorix würde sie sich verlassen können: Er würde ihre Aussage in allen Punkten bestätigen.
Blandine räumte das Stempelkissen wieder in seine Aktentasche und sagte: »Entschuldigen Sie nochmals, Fräulein Andronymos. Jetzt bleibt uns nichts weiter zu tun, als Ihnen endlich eine gute Nacht zu wünschen. Sie brauchen keine Angst zu haben. Wir wissen zwar, daß gegen Sie irgendein Komplott geplant wird, aber Sie stehen unter dem Schutz des FND.
Hauptmann Mousteyrac wird Sie bewachen. Er bleibt heute nacht hier im Haus und begleitet Sie morgen in die Uni. Und ich möchte niemandem raten, Ihnen einen Schritt zu nahe zu kommen!« Georgette riß die Augen weit auf.
»Na, hören Sie mal", sagte sie entrüstet, »ich habe keinen Leibwächter nötig, und ich will auch keinen! Finden Sie es vielleicht lustig, wenn Ihnen jemand auf Schritt und Tritt folgt? Und was soll ich außerdem meinen Freunden erzählen?«
»Tut mir leid, Fräulein Andronymos, aber ich muß darauf bestehen. Der französische Staat ist für Ihre Sicherheit verantwortlich, und wenn Sie in Gefahr sind, dann beschützen wir Sie eben. Ich verspreche Ihnen aber, daß Hauptmann Mousteyrac sehr, sehr diskret sein wird. Sie werden seine Anwesenheit wahrscheinlich gar nicht einmal bemerken. Ich bitte Sie nun, uns zu gestatten, uns zurückzuziehen. Und wirklich: Sie brauchen keine Angst zu haben. Möchten Sie vielleicht eine Schlaftablette nehmen?« Die beiden Männer gingen zur Tür. Blandine verbeugte sich, von Mousteyrac kam nur ein lakonisches »Schlafen Sie gut!« Kaum hatten die beiden die Wohnungstür hinter sich geschlossen, als Georgette zum Telefon rannte, um ihrem Chef Bericht zu erstatten. Sie hatte den Hörer schon abgehoben, als sie sich plötzlich eines besseren besann.
Wie ich diese Typen kenne, haben die bestimmt ein Abhörgerät im Telefon versteckt! Und der Oberst legt doch so großen Wert auf völlige Geheimhaltung! Wer hindert mich übrigens, den Bericht auf morgen zu vertagen? überlegte sie und begann sich auszuziehen.
Dankbar zog sie sich eines von Graziellas Spitzennachthemden über den Kopf: Noch nie im Leben hatte sie einen solchen Luxus genossen!
Die Drohung
Als Präsident Andronymos in seiner Botschaft in Paris ankam, wartete dort bereits ein Besucher auf ihn.
»Lassen Sie ihn reinkommen!« befahl er.
»Oberst Bensani", kündigte der Amtsdiener an. Ein Mann von etwa fünfzig Jahren trat ein. Er war groß, schlank, sportlich gebräunt und trug einen gepflegten, sehr schmal geschnittenen Schnurrbart, der langsam anfing, grau zu werden. Seinem anthrazitfarbenen Anzug sah man an, daß er von einem teuren Schneider maßangefertigt worden war. Der zarte Duft eines exquisiten Herrenparfüms breitete sich im Raum aus.
»Setzen Sie sich und fassen Sie sich bitte kurz", donnerte der Präsident mit seiner vollen Stimme. »Eigentlich ist es an sich schon ein Fauxpas, daß ich Sie unmittelbar nach meiner Ankunft empfange. Ich gebe Ihnen maximal fünf Minuten.« Oberst Bensani lächelte fein.
»Meinen Sie nicht, Herr Präsident, daß die Sicherheit Ihrer Tochter ein bißchen mehr wert ist?«
»So wie die Dinge momentan liegen, nein!« gab der Präsident trocken zurück.
»In diesem Fall werde ich mich natürlich so kurz wie möglich fassen", lächelte Bensani. »Haben Sie die Zeitungen gelesen?«
»Ja.«
»Dann wissen Sie also, daß Ihre Tochter zur Gegenseite übergelaufen ist und mit uns arbeitet?«
»Meine Tochter? Übergelaufen?« Die Stimme des Präsidenten überschlug sich fast. »Da lassen Sie sich aber mal was Besseres einfallen!«
»Wie Sie wünschen. Sagen wir also, daß Fräulein Andronymos in eine nicht ganz saubere Sache verwickelt ist - zum Beispiel Devisenschmuggel -, und daß wir die nötigen Mittel haben, um einen gewissen Druck auf sie auszuüben", schlug der Oberst liebenswürdig vor.
»Unsinn!«
»Gut, sagen wir mal, sie ist entführt worden und hat die Pressemitteilungen nicht ganz freiwillig gemacht. Hätte sie das nicht getan, hätten wir sie gefoltert!«
»Herr Oberst, Sie vergeuden meine Zeit. Ich habe mich bereits erkundigt. Meine Tochter ist zwar im Augenblick nicht zu Hause, aber sie war heute morgen noch da. Und selbst wenn Sie sie entführt hätten, hätten Sie es niemals geschafft, sie in so kurzer Zeit so weit zu bringen, solche unglaublichen
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