18 - Geheimagent Lennet und die Doppelgängerin
und sorgenvoll an.
»Diese Person erklärt", sagte er, »daß ihre Freunde sie Gra-Gra nennen. Meine Tochter hat sich noch nie mit einem derart albernen Namen rufen lassen!«
»Auch das ist eine wichtige Einzelheit", bemerkte der Staatssekretär. »Allmählich fügt sich eine Art Puzzle zusammen.
Ich fange an, Ihnen Glauben zu schenken, Herr Präsident. Auf jeden Fall warten wir zunächst einmal, bis dieser Mous...
Mous...«
»Mousteyrac, Herr Staatssekretär!«
»...sagte ich doch! - Mousteyrac uns anruft, dann verhaften wir das Mädchen, und sie wird uns schon sagen, wo sich die echte Graziella Andronymos aufhält.«
»Ja, das ist wirklich unsere einzige Hoffnung", erwiderte Didier, glücklich darüber, daß es noch einen Lichtblick gab, aber enttäuscht, daß dieser dem FND und nicht der Polizei zu verdanken war.
In diesem Moment klingelte das Telefon. Der General hob ab.
»Für Sie, Herr Hauptkommissar", sagte er und reichte Didier den Hörer.
»Ja? Oh..., ja... ja... hm...« Ohne noch etwas zu sagen, legte Didier wieder auf und betrachtete die Runde mit sorgenvollen Blicken.
»Was ist denn los? fragte der Staatssekretär.
»Der dritte Verunglückte ist eben wieder zu sich gekommen.
Er war drei Stunden bewußtlos. Er hat dem Personal seinen Namen genannt. Er heißt Hauptmann Mousteyrac.« Während Paris von Polizeibeamten bis in die kleinsten Winkel durchkämmt wurde, um die echte oder die falsche Graziella ausfindig zu machen und so den »Schnitzer des FND", wie der Minister des Innern sich ausgedrückt hatte, zu korrigieren, schlich sich im Tausende von Kilometern entfernten Land mit dem schönen Namen »Ebenholzküste" der Chef des Nachrichtendienstes vorsichtig in das Arbeitszimmer des abwesenden Präsidenten.
Nach der Unterredung mit dem Privatsekretär hatte sein Gewissen ihm keine Ruhe mehr gelassen. Schließlich wußte das kleine Fräulein ja nicht, daß ihr Vater nach Frankreich geflogen war, und vielleicht hatte sie auch gar keine Gelegenheit, ihn dort zu besuchen. Hatte er, der Chef des Nachrichtendienstes, das Recht, eine codierte und vielleicht wichtige Meldung nicht weiterzuleiten? Und selbst wenn das Mädchen nur um Geld bat oder von einem bestandenen Examen berichten wollte, dann hatten doch weder er noch dieser kleine Emporkömmling von Privatsekretär darüber zu entscheiden, ob die Nachricht von Belang war oder nicht! »Nein", sagte sich der altgediente Unteroffizier, »da hab ich was versiebt, aber das bringe ich wieder in Ordnung!« Und so nahm er es auf sich, mindestens der Indiskretion, vielleicht sogar der Spionage verdächtigt zu werden, und drang heimlich in das Arbeitszimmer des Präsidenten ein, während der Privatsekretär in der Stadt war.
Er fand das Telegramm sofort und nahm es an sich. Ganz leise schloß er die Tür des Büros wieder. Mißtrauisch blickte er nach allen Seiten und verschwand auf Zehenspitzen wieder in seinem eigenen Zimmer. Niemand hatte ihn gesehen.
Sofort machte er sich daran, die verschlüsselte Nachricht eigenhändig nach Paris durchzugeben.
In Frankreich übernahm ein Postbeamter die Nachricht, übertrug die Morsezeichen in Buchstaben und leitete die Meldung zur Botschaft der Ebenholzküste weiter.
Das Verhör
Während der Hauptverkehrszeit durch Paris zu fahren, war eine Sache für sich. Sie brauchten fast eine dreiviertel Stunde.
Sie hatten Georgette die Augen verbunden, und das Mädchen kauerte auf dem Sitz, ohne einen Ton zu sagen. Auch die anderen sprachen nicht. Das hatte Lennet angeordnet, um Georgette noch mehr zu verunsichern und sie mürbe zu machen für ein Verhör.
Nur Graziella konnte sich nicht immer beherrschen. Ab und zu schimpfte sie leise vor sich hin: »Ob die schon mal was von 'ner grünen Welle gehört haben...?« Endlich erreichten sie die Garage der Familie Valdombreuse.
Poli stieg aus, packte Georgette fest am Arm und führte sie in den Keller.
»Sie können das Tuch jetzt von den Augen nehmen!« flüsterte er ihr ins Ohr. »Der Chef kommt gleich. Und der ist alles andere als angenehm. Also - ich beneide Sie wirklich nicht!« Nach diesem tröstlichen Zuspruch drehte Poli sich auf dem Absatz um, knallte die Tür hinter sich zu und schloß sie zweimal ab.
Georgette zog sich das Tuch vom Gesicht und sah sich um.
Sie stand mitten in einem kleinen Raum mit grauen Wänden und einer so niedrigen Decke, daß sie sie mit der Hand berühren konnte, ohne sich zu strecken. Durch zwei vergitterte Luken konnte
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