18 Geisterstories
bei sich.
Nun saß er schon über vier Stunden und schaute durch die Maske. Grünbläulich leuchtete vor seinem schmerzenden Auge der dünne Aquamarinschliff –. Es war totenstill im Zimmer. Den Namen hatte er gesprochen, auch die Bildung eines Wölkchens gesehen – – –, aber immer wieder hatte ihn sein beobachtender Verstand geweckt.
Lieber Gott, das war ja Blödsinn! Ärgerlich riß er die Maske ab und rieb das gereizte Auge.
Es war überhaupt einer von jenen Abenden, an denen eine wilde Schwermut, ein bleiernes Gefühl verlorener Zeit das Herz des Einsamen befällt. Einer jener Tage, da die totgeglaubten Wünsche und verdorrten Hoffnungen Macht über uns gewinnen. Und in betrübender Reihenfolge tauchen Gedanken und Vorstellungen auf, die wir längst überwunden glaubten.
– Dr. Klaar ging verdrossen aus dem schlechten Restaurant, in dem die jungen Ärzte speisten, nach Hause. Sein Zimmer mit der schwelenden Lampe, den ripsbezogenen Möbeln und dem häßlichen, längst erkalteten Ofen brachte ihn fast zum Weinen. Dann faßte er sich so weit, daß er seine Verstimmung auf die nervenerschütternden Vorgänge des Nachmittags zurückführen konnte. Und dadurch wurde er etwas ruhiger.
Schon zum zweiten Male war er aufgefahren. Etwas Nasses oder Kaltes hatte sein Gesicht berührt, und es war ihm, als schwinde ein zarter Schatten von seinem Bett, in das Dunkel der Ecken sich auflösend. – Er rieb sich die Augen und betrachtete blinzelnd die ruhig brennende Flamme des Nachtlichtes.
– Dann schlief er wieder ein.
Nach wenigen Minuten erschrak er so heftig, daß er noch im Halbschlaf aus dem Bett sprang. Etwas huschte vor ihm her – eine fast durchsichtige Mädchengestalt – und war auch schon verschwunden. – Auf dem Läufer vor dem Bett waren zwei nasse, längliche Flecken – – – auf dem Parkett die feuchten Spuren kleiner, schmale Füße. – – –
– – – Dr. Klaar schrie auf, wie ein erschrecktes Tier – – –. Das Wasser verdunstete schnell – – – der Boden sah aus wie vorher. Und der Arzt stand noch immer an seinem Bett und lallte vor sich hin – – –.
Und dann schrie er wieder auf: »Undine –! – Das ist ja Wahnsinn –! Ich werde wahnsinnig –!«
Bebend riß er das Fenster auf. Eisige Herbstluft wehte ihm entgegen –. Er schauerte zusammen –. Jäh griff er sich mit beiden Händen an den Kopf –. Dann sprang er aus seiner kauernden Stellung auf, riß wie ein Rasender das Kästchen an sich und warf die Steine heraus; einen nach dem andern schleuderte er in die Finsternis – tief unten auf dem Pflaster zersplitterten die spröden Plättchen –. Pergament und Maske hielt er über das flackernde Licht, – er fühlte es nicht, als die Flamme bis zu seinen Fingern loderte.
Und fröstelnd saß er auf einem harten Holzstuhl inmitten des Zimmers, in Todesangst den Morgen erwartend, der mit seinem klargrauen Licht langsam, langsam über die Dächer heraufkroch.
Altersstarrsinn von
Robert Bloch
Der 1917 geborene amerikanische Schriftsteller und Drehbuchautor Robert Bloch braucht nicht extra vorgestellt zu werden. Mit seinem Skript zu Alfred Hitchcocks Horrorfilm ›Psycho‹ ist er weltberühmt geworden. Bloch hat auch die Drehbücher zu einigen anderen großen Horrorproduktionen geschrieben – seine eigentliche Stärke aber liegt, wie seine bravouröse Story ›Altersstarrsinn‹ aufs eindringlichste demonstriert, auf dem Gebiet der makabren Erzählung.
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Am Morgen nach seinem Tod kam Opa zum Frühstück runter.
Irgendwie komisch fanden wir das schon.
Ma guckte Pa an, Pa guckte Klein-Susie an, und Susie guckte mich an. Dann guckten wir alle Opa an.
»Was is’n los?«fragte er. »Warum
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