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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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an. Er kram­te einen Spie­gel her­vor und hielt ihn Opa vor den Mund. Da­nach zit­ter­ten sei­ne Fin­ger noch viel schlim­mer.
    »Siehst du das?« frag­te er. »Der Spie­gel ist klar. Das be­deu­tet, daß du schon vor län­ge­rer Zeit dei­nen letz­ten Schnau­fer ge­tan hast.«
    Opa schüt­tel­te den Kopf. »Küm­me­re dich um dei­nen ei­ge­nen Schnau­fer! Du hast ei­ne Fah­ne, die das stärks­te Mu­li um­haut.«
    »Na war­te, dir ver­geht die Stur­heit noch!« Doc hol­te einen Wisch aus der Ta­sche. »Da, sieh dir das an!«
    »Was ist das?«
    »Dein To­ten­schein.« Doc deu­te­te mit dem Zei­ge­fin­ger. »Lies mal, was in der Zei­le da steht. To­des­ur­sa­che: Herz­still­stands Und das ist amt­lich. Das gilt vor Ge­richt!«
    »Bit­te – geh ru­hig hin und ver­such dein Glück!« spot­te­te Opa. »Was meinst du wohl, wem der Rich­ter mehr glaubt – mir oder dei­nem Fet­zen Pa­pier?«
    Doc schluck­te, und sei­ne Au­gen tra­ten noch ein Stück aus ‘m Kopf. Er schaff­te es kaum, den To­ten­schein weg­zu­ste­cken, so zit­ter­ten ihm die Hän­de.
    »Ist Ih­nen nicht ganz wohl?« frag­te Pa.
    »Ich fühl mich hun­de­elend«, stöhn­te Doc. »Ich fahr jetzt zu­rück in die Pra­xis und leg mich ‘ne Wei­le hin.« Er pack­te sei­ne Ta­sche und lief zum Au­to, oh­ne sich noch ‘n ein­zi­ges Mal um­zu­dre­hen.
    »Bleib aber nicht zu lang lie­gen!« rief ihm Opa nach. »Sonst kommt ei­ner und schreibt ‘n Wisch, wo drauf steht: To­des­ur­sa­che – Suff!‹«
     
    Mit­tags hat­te kei­ner von uns Ap­pe­tit. Kei­ner au­ßer Opa, wohl­ge­merkt.
    Der setz­te sich an den Tisch und ver­drück­te nach­ein­an­der Boh­nen, Mais­grüt­ze, zwei Por­tio­nen Kut­teln und zwei Rie­sen­stücke Rha­bar­ber­stru­del mit Va­nil­le­so­ße.
    Ma ist im all­ge­mei­nen mäch­tig stolz, wenn die Leu­te in ihr Es­sen rein­hau­en, aber Opa schi­en sie’s heu­te nicht zu gön­nen. So­bald er fer­tig war und wie­der raus auf die Ve­ran­da ging, sta­pel­te sie das Ge­schirr auf der An­rich­te und be­fahl uns, den Ab­wasch zu über­neh­men. Sie ver­schwand kurz im Schlaf­zim­mer und kam mit Um­schlag­tuch und Hand­ta­sche wie­der.
    »Was hast du denn vor?« woll­te Pa wis­sen.
    »Ich geh in die Kir­che.«
    »Am hel­lich­ten Don­ners­tag?«
    »Bis Sonn­tag kann ich nicht war­ten«, er­klär­te Ma. »Vor al­lem nicht, wenn die Hit­ze wei­ter an­hält. Du hast sel­ber die Na­se ge­rümpft, als Opa zum Es­sen rein­kam.«
    »Das war Opa?« Pa hob die Schul­tern. »Ich dach­te, die Kut­teln hät­ten einen lei­sen Stich.«
    »Mei­ne Kut­teln? Nie und nim­mer!«
    »Und was hast du jetzt vor?«
    »Es gibt nur noch eins – al­les in die Hän­de des Herrn le­gen!«
    Und weg war sie. Su­sie und ich mach­ten uns an den Ab­wasch, wäh­rend Pa mit ei­ner mäch­tig düs­te­ren Mie­ne durch den Hin­ter­aus­gang ver­schwand. Ich sah durchs Kü­chen­fens­ter, wie er die Schwei­ne füt­ter­te. Man merk­te ge­nau, daß er mit sei­nen Ge­dan­ken ganz wo­an­ders war.
    Su­sie und ich troll­ten uns auf die Ve­ran­da und be­hiel­ten Opa im Au­ge.
    Ma hat­te recht mit der Hit­ze. Man kam sich vor wie in ei­nem Höl­len­back­ofen. Opa schi­en nichts zu mer­ken, aber mir fiel auf, daß er ganz schön schier roch.
    »Guck die vie­len Flie­gen, die um ihn rum­schwir­ren!« sag­te Su­sie zu mir.
    »Bscht!«
    Aber die Schmeiß­flie­gen surr­ten so laut, daß wir kaum ver­ste­hen konn­ten, was Opa sag­te. »He, Kin­der!« rief er. »Kommt doch ‘n Weil­chen her!«
    »Die Son­ne brennt so arg«, wi­der­sprach Su­sie.
    »Find’ ich aber gar nicht.« Opa hat­te nicht mal einen Schweiß­trop­fen auf der Stirn.
    »Und die Schmeiß­flie­gen!«
    »Die tun mir nix.« Ein di­cker Brum­mer lan­de­te mit­ten auf sei­ner Na­se, doch Opa zuck­te nicht mal zu­sam­men.
    Su­sie mach­te ein ängst­li­ches Ge­sicht. »Du, der ist wirk­lich tot«, flüs­ter­te sie.
    »Sprich lau­ter, Kind!« mahn­te Opa. »Es ge­hört sich ein­fach nicht, so rum­zu­nu­scheln.«
    In die­sem Mo­ment bog Ma mit Re­ve­rend Pea­bo­dy im Schlepp von der Stra­ße her zu un­serm Haus ab. So heiß es war, sie hat­te ganz schön Fahrt drauf. Der Hoch­wür­den stöhn­te und schnauf­te, aber sie blieb erst dicht vor der Ve­ran­da

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