18 Geisterstories
gafft ihr so?«
Keiner sagte was, aber ich kannte den Grund ganz genau. War ja immerhin erst in dieser Nacht passiert, daß er seinen Herzanfall kriegte und direkt vor unseren Augen starb. Aber da stand er nun, fertig angezogen, putzmunter und streitbar wie eh und je.
»Was gibt’s denn zum Frühstück?« wollte er wissen.
Ma schluckte. »Sag bloß nicht, daß du essen willst?«
»Was ‘n sonst? Ich bin am Verhungern.«
Ma schaute zu Pa rüber, doch der rollte bloß mit den Augen. So ging sie zum Herd, nahm die Pfanne und klatschte ein paar Eier auf einen Teller.
»Na also, warum nicht gleich«, meinte Opa. »Aber sagt mal, hat’s da vorhin nicht nach Bratwurst gerochen?« Ma brachte Opa ein Stück Wurst. So wie er reinhieb, hatte sein Appetit jedenfalls nicht gelitten.
Bei der zweiten Portion merkte Opa, daß wir ihn immer noch anstarrten. »Warum ißt denn hier keiner?« fragte er.
»Wir haben keinen Hunger«, erklärte Pa, und das stimmte, als wär’s ein Satz aus der Bibel.
»Essen hält Leib und Seele zusammen«, belehrte ihn Opa. »Aber hör mal, müßtest du nicht längst in der Säge sein?«
»Mir ist heut’ nicht nach Arbeit zumute«, sagte Pa.
Opa betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Du hast dich ja richtig fein gemacht. Rasiert und ‘n Hemd wie am Sonntag. Kriegt ihr etwa Besuch?«
Ma warf einen Blick aus dem Küchenfenster und nickte Opa zu. »Du hast es erfaßt. Da kommt er schon.«
Und tatsächlich kam der alte Bixbee die Straße entlang gewetzt.
Ma lief durchs Wohnzimmer zur Vordertür – um ihn abzufangen, schätze ich – aber er wischte ihr eins aus und kam von hinten an. Pa schaltete nicht schnell genug, und so riß Bixbee erst die Küchentür und dann seinen Mund auf. Er bekam beides nicht mehr zu.
»Morgen, Jethro«, begann er mit seiner öligen Stimme. »Ein trauriger Morgen, tja! Ich wollte euch in eurem Schmerz auch nicht stören, aber bei der Hitze, die wir seit zwei Tagen haben …« Er zog ein Bandmaß aus der Tasche. »Ich schreib mir schon mal alles auf, damit wir gleich anfangen können. Je eher wir es hinter uns bringen, desto besser, wenn du verstehst, was ich meine …«
»Tut mir leid«, sagte Pa und stellte sich so in die Tür, daß der alte Bixbee keinen Blick ins Zimmer werfen konnte, »aber du mußt später wiederkommen.«
»Wieviel später?«
»Kann ich nicht genau sagen. Wir sind noch ein wenig unschlüssig.«
»Schön, aber wartet nicht zu lange«, meinte Bixbee. »Mir geht das Eis aus.«
Er trollte sich erst, als Pa ihm die Tür vor der Nase zuknallte. Ma kam aus dem Wohnzimmer, und Pa legte warnend den Finger auf die Lippen, aber er hätte Opa besser kennen müssen.
»Was wollte er denn?«
»Ach, bloß ‘n kleiner Freundschaftsbesuch.«
»Von Bixbee?« Opa wirkte mißtrauisch. »Der hat doch keinen einzigen Freund hier. Spielt den vornehmen Pflanzer aus dem Süden. Dabei is’ er ‘n ganz ordinärer Leichenbestatter.«
»Klar, Opa«, warf Klein-Susie ein. »Der wollte dir auch ‘n Sarg anmessen.«
»Sarg!« Opa fuhr von seinem Stuhl hoch wie unser Eber, wenn er mal an den elektrischen Weidezaun stößt. »Wozu in Dreideibelsnamen brauch ich einen Sarg ?«
»Weil du doch tot bist!«
Das sagte sie einfach so raus. Ma und Pa wollten beide über sie herfallen, aber Opa lachte sich halb kaputt.
»Du meine Güte, Kind, wie kommst du denn auf so was?«
Pa hatte den Gürtel aus der Hose geholt und ging damit drohend auf Susie zu, aber Ma schüttelte den Kopf. Sie baute sich vor Opa auf.
»Das stimmt schon. Du bist heute nacht gestorben: Weißt du das etwa nicht mehr?«
»Mein Gedächtnis ist tadellos«, erklärte Opa. »Ich hat te einen meiner Anfälle, mehr nicht.«
Ma seufzte tief. »Diesmal war es eben kein Anfall.«
»Etwa ‘n kleiner Schlag?«
»Noch schlimmer. Dir ging’s so elend, daß Pa zu Doc Snodgrass rüberlief und ihn aus seiner Praxis klingelte. Vermasselte ihm
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