18 Geisterstories
ein sauberes Pokerblatt. Hat aber alles nichts genützt. Als die beiden ankamen, warst du schon hinüber.«
»Ich bin aber nicht hinüber. Ich bin hier.«
An dieser Stelle mischte sich Pa ein. »Nun mach mal ‘n Punkt, Opa. Wir haben dich gesehn. Wir sind Zeugen.«
»Zeugen?« Opa zerrte an den Hosenträgern, ein sicheres Zeichen dafür, daß er in Wut geriet. »Was soll der Quatsch? Habt ihr vielleicht die Absicht, vor Gericht auszufechten, ob ich lebendig oder tot bin?«
»Aber, Opa …«
»Halt die Luft an, Sonny!« Opa erhob sich. »Keiner hat ‘n Recht nicht, mich untern Rasen zu buddeln, solang’ ich dagegen bin!«
»Wohin gehst du?« fragte Ma.
»Wohin schon?« entgegnete Opa. »Auf die Vorderveranda wie jeden Morgen. Gucken, was so los ist.«
Und damit ließ er uns in der Küche sitzen.
»Der bringt einen zur Weißglut!« Ma deutete zum Herd. »All das schöne Gemüse, das ich aus dem Garten geholt hab’, um nach der Beerdigung ein Opposum-Stew zu richten! Was sollen bloß die Nachbarn denken?«
»Nun hör schon zu jammern auf!« sagte Pa. »Vielleicht ist er echt noch nicht tot.«
Ma schnitt eine Grimasse. »Wir wissen es beide bes ser. Der spielt wieder mal stur.« Sie gab Pa einen Rippenstoß. »Da hilft nur eins. Du springst jetzt rüber zu Doc Snodgrass. Er soll herkommen und die Sache ein für allemal klarstellen.«
»Schätze, du hast recht«, brummte Pa und verschwand durch die Hintertür. Ma schaute mich und Klein-Susie an.
»Ihr Kinder geht raus auf die Veranda und leistet Opa Gesellschaft. Paßt auf, daß er sich nicht aus ‘m Staub macht, bis der Doc anrückt.«
»Ist gut«, sagte Susie, und wir verzogen uns nach draußen.
Und wirklich thronte Opa in voller Lebensgröße auf seinem Schaukelstuhl, blinzelte in die Sonne und freute sich über die Flüche der Autofahrer, die unseren Schweinen ausweichen mußten.
»Guckt euch das an!« sagte er und deutete auf die andere Straßenseite. »Der fette Kerl in seinem Hupmobil kam angeflitzt wie ‘n Höllenhund. Hatte leicht dreißig Meilen drauf. Ehe er sich’s versah, preschte Bessie aus dem Unkraut und schmiß ihm die Karre glatt in den Graben. Ich hab’ meiner Lebtag noch nie so was Komisches gesehn.«
Susie schüttelte den Kopf. »Du lebst ja auch gar nicht, Opa.«
»Nun fang nicht wieder damit an!« Opa warf ihr einen zornigen Blick zu, und Susie hielt den Mund.
Genau in diesem Moment fuhr Doc Snodgrass in seinem großen Essex vor und parkte genau neben Bessies Hinterteil. Doc und Pa stiegen aus und kamen zur Veranda geschlendert. Pa redete heftig auf Doc ein, und der schüttelte den Kopf, als wolle er nicht glauben, was Pa ihm da erzählte.
Dann entdeckte er Opa draußen und blieb wie angewurzelt stehen. Seine Augen quollen vor.
»Heiliger Antonius!« sagte er zu Opa. »Was machst denn du hier?«
»Was wohl?« entgegnete Opa. »Ist es vielleicht verboten, daß ein Bürger in Frieden auf seiner Veranda sitzt und schaukelt?«
»In Frieden unter der Erde ruhen, das solltest du von Rechts wegen!« polterte Doc. »Als ich dich letzte nacht untersuchte, warst du mausetot.«
»Oder du stockbesoffen«, erklärte Opa.
Pa nickte Doc zu. »Na, was hab’ ich gesagt?«
Doc beachtete ihn nicht. Er baute sich vor Opa auf. »Vielleicht bin ich doch ‘n klitzekleines Stückchen zu weit gegangen«, meinte er. »Was dagegen, wenn ich dich noch mal untersuche?«
»Nur immer zu.« Opa zahnte. »Ich hab’ Zeit.«
So klappte Doc seine kleine schwarze Tasche auf und hakte sich ein Stethoskop in die Ohren. Er klopfte Opas Brust ab und horchte. Seine Finger begannen zu zittern.
»Ich hör rein gar nichts«, sagte er.
»Ich bin ja auch kein Radio.«
»Laß die Witze!« fauchte Doc. »Angenommen, ich verrate dir, daß dein Herz nicht mehr schlägt?«
»Angenommen, ich verrate dir, daß dein Stethoskop im Eimer ist?«
Doc fing zu schwitzen
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