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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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ste­hen.
    »Sieh an, der Herr Hoch­wür­den!« rief Opa. »Wie geht’s im­mer?«
    Re­ve­rend Pea­bo­dy starr­te ihn an. Er mach­te den Mund auf, brach­te aber kei­nen Ton raus.
    »Was ist?« frag­te Opa. »Hat es Ih­nen die Spra­che ver­schla­gen?« Der Re­ve­rend lä­chel­te wie ein Stink­tier, das ei­ne Hum­mel ver­schluckt hat.
    »Kann mir’s schon den­ken. Bei der Hit­ze kriegt man ei­ne aus­ge­dörr­te Keh­le.« Er wand­te sich an Ma. »Los, Ad­die, hol dem Herrn Hoch­wür­den ei­ne klei­ne Er­fri­schung!«
    Ma ging ins Haus.
    »So«, sag­te Opa, »nun ma­chen Sie sich’s mal be­quem.«
    Der Re­ve­rend schluck­te schwer. »Ei­gent­lich bin ich nicht zu ei­nem Plau­der­stünd­chen hier.«
    »Wes­halb neh­men Sie dann den lan­gen Weg auf sich?«
    Wie­der schluck­te der Re­ve­rend. »Nach al­lem, was ich von Ad­die und Doc hör­te, muß­te ich selbst nach dem Rech­ten se­hen.« Er starr­te wie ge­bannt auf die Flie­gen, die Opa um­schwirr­ten. »Aber jetzt wär’s mir lie­ber, ich hätt’ mich auf ihr Wort ver­las­sen.«
    »Was soll ‘n das hei­ßen?«
    »Das soll hei­ßen, daß ein Mann in dei­nem Zu­stand nicht mehr das Recht hat, Fra­gen zu stel­len. Wenn der Herr dich ruft, hast du ihm freu­dig zu fol­gen!«
    »Ich hab’ kein Ru­fen ge­hört«, er­klär­te Opa. »Aber mein Ge­hör taugt auch nicht mehr viel.«
    »Den Ein­druck hat­te auch der Doc. Du scheinst näm­lich nicht zu mer­ken, daß dein Herz zu schla­gen auf­ge­hört hat.«
    »Viel­leicht tickt es ‘ne Spur lang­sa­mer als frü­her. Aber das ist ganz na­tür­lich, wenn man neun­zig auf ‘m Bu­ckel hat.«
    »Und dir ist nie der Ge­dan­ke ge­kom­men, daß die­se neun­zig ganz schön was dar­stel­len? Du hast sehr lang ge­lebt, Opa. Fin­dest du es nicht mal an der Zeit, den Löf­fel weg­zu­le­gen? Wie heißt es in der Bi­bel so treff­lich? Der Herr gibt, und der Herr nimmt!«
    Opa setz­te wie­der sei­ne streit­ba­re Mie­ne auf. »Al­so, mich nimmt er je­den­falls nicht.«
    Re­ve­rend Pea­bo­dy kram­te ein großes Ta­schen­tuch aus sei­nen Jeans und wisch­te sich den Schweiß von der Stirn. »Du fürch­test dich doch nicht et­wa? Schö­ner kannst du’s gar nicht krie­gen als da dro­ben. Al­le Sor­gen und al­le Müh­sal wer­den von dir ge­nom­men. Ganz zu schwei­gen da­von, daß du aus die­ser Prü­gel­hit­ze hier fort­kommst.«
    »Ich spür sie kaum.« Opa strich sich über den Schnau­zer. »Ich spür über­haupt kaum was.«
    Der Re­ve­rend mus­ter­te ihn scharf. »Füh­len sich dei­ne Hän­de steif an?«
    Opa nick­te. »Und nicht nur die.«
    »Dach­te ich es mir doch! Weißt du auch, was das be­deu­tet? Ri­gor mor­tis!«
    »Ich kenn kein Rig­ger Mor­tis«, er­klär­te Opa. »Das Rheu­ma sitzt mir in den Kno­chen, das ist al­les.«
    Wie­der wisch­te sich der Re­ve­rend den Schweiß von der Stirn. »Bei dir braucht man viel­leicht Über­re­dungs­küns­te!« stöhn­te er. »Du scherst dich we­der um die An­sicht ei­nes ge­lehr­ten Dok­tors noch um das Wort des Herrn. Weißt du was? Du bist der sturs­te al­te Ham­mel, den ich je er­lebt hab’.«
    »Tja, ich komm aus Miss­ou­ri«, ent­geg­ne­te Opa mit Wür­de. »Und die Leu­te da wol­len hand­fes­te Be­wei­se sehn, be­vor sie was glau­ben.«
    Der Re­ve­rend steck­te sein Tuch weg. Es war klatsch­naß. Mit ei­nem tie­fen Seuf­zer schau­te er Opa in die Au­gen.
    »Man­che Din­ge muß man ein­fach so glau­ben!« sag­te er. »Mir will auch nicht in den Schä­del, daß du hier rum­sitzt, an­statt dir die Gän­se­blüm­chen von un­ten zu be­gu­cken, und ich muß es trotz­dem glau­ben. Ich schwö­re dir, du hast über­haupt kei­nen Grund, hier ein Thea­ter auf­zu­füh­ren. Mag sein, daß du dich da­ge­gen sperrst, im Grab zu lie­gen. Aber – Asche zu Asche, Staub zu Staub, das ist bloß so ein Spruch! Du brauchst dir das nicht so zu den­ken, daß du jetzt die gan­ze Ewig­keit un­ter der Er­de liegst. Wäh­rend dei­ne Ge­bei­ne auf dem Fried­hof ru­hen, fliegt dei­ne See­le da­von. Ja­wohl, in die Hö­he, ge­ra­de­wegs in die Ar­me des Herrn. Und das wird ein großer Mo­ment, wenn du da oben schwebst, frei wie ein Vo­gel, in­mit­ten der himm­li­schen Heer­scha­ren, mit ‘ner acht­zehn­ka­rä­ti­gen Gold­har­fe und ei­nem

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