18 Geisterstories
anzuvertrauen.
Dabei hat es wie ein harmloser Scherz angefangen. Wir waren zu fünft auf Freddys Bude, als Tina vorschlug, nur so als Experiment einmal Verbindung mit dem Jenseits aufzunehmen.
Bei mattem Kerzenlicht war der Kreis um den runden Tisch schnell geschlossen. Zuerst spürte ich gar nichts. Der Tisch stand fest am Boden – kein Poltergeist rührte sich – gar nichts.
Aber dann hatte ich mit einem Male das Gefühl, leichter und leichter zu werden. Die vier anderen Gesichter im matt flackernden Kerzenlicht verschwammen zu blassen Schemen, und wie aus einem unendlich hohen Gewölbe herab hörte ich plötzlich eine hallende Stimme:
»Pamela –! Pamela –!«
»Ich komme!« hörte ich mich gegen meinen Willen antworten. »Ich komme.«
Im nächsten Moment erfaßte mich ein glühend heißer Luftstrom und wirbelte mich empor, bis ich in einem Element von ungeheurer Helligkeit fast zu ersticken und zu zerschmelzen drohte.
Und um mich her – überall – war die hallende Stimme und rief:
»Warne sie! Warne die Fliegenden vor dem neunten Tag! Wenn du nicht hilfst, werden sie alle am neunten Tag abstürzen und sterben in Feuer und Rauch!«
»Wer bist du?« Meine Stimme klang dünn und kläglich in dieser unermeßlichen weißen Wolke, in der ich zu schweben schien. »Wer wird stürzen? Welche Fliegenden?«
Aber die hallende Stimme wiederholte nur beschwörend: »Am neunten Tag!« Und noch einmal leiser und wie ein verschwindendes Echo: »Am neunten Tag – war ne sie – von der Frau im Meer –«
»Wer bist du, Frau im Meer?« konnte ich noch einmal fragen.
Doch dann packte mich wieder der glühend heiße Luftstrom, und jetzt wirbelte er mich aus der schwindelerregenden Höhe herab und wie in einen schwarzen Höllenschlund. Ich stürzte und stürzte und schrie auf, als ich plötzlich aus der Schwärze über mir gespenstisch bleiche Fratzen auftauchen sah. Sie grinsten mich böse und höhnisch an, und ihre Lippen bewegten sich. Doch ich hörte immer noch nichts anderes als dieses Rauschen und Brausen in den Ohren wie von dem Sturz in unergründliche Tiefen.
Bis dann die Dunkelheit sich lichtete und die Gesichter deutlicher wurden. Da erkannte ich, daß es meine vier Partner von der spiritistischen Sitzung waren. Sie standen über mich gebeugt, und ich lag auf der Couch.
»Pamela-Mäuschen, hat dich der Geist von Tante Frieda umgeschmissen?« fragte Freddy mit gutmütigem Spott. »Kippt einfach um und benimmt sich dann wie ein echtes Medium. Das war ja eine prima Schau. Was hat dir denn der Geist von Tante Frieda erzählt?«
Da waren meine Lippen mit einem Male wie versiegelt. Irgend etwas Unheimliches schien noch außer uns fünf in diesem Zimmer mit dem unruhig flackernden Kerzenschein zu sein: ein Geist – ein Wesen, das mir das Sprechen verbot.
Aber warum?
Ich konnte mit dieser Botschaft aus dem Jenseits nichts anfangen und hätte sie am liebsten vergessen. Bis mir Freddy wenige Tage später erzählt, daß er für seine Firma nach New York fliegen soll.
Da erinnere ich mich an die Warnung der hallenden Stimme, und ein eisiger Schreck packt mich.
»Etwa am neunten?« frage ich bestürzt.
Da sieht mich mein Freund Freddy erstaunt an. »Stimmt. Woher weißt du das?«
»Du darfst am neunten nicht fliegen«, sage ich beschwörend.
Gleich darauf hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen. Denn Freddy lacht in seiner sorglosen Art, gibt mir einen Kuß auf die Wange und fragt spöttisch: »Hängt das etwa mit der Hokuspokus-Schau von vorgestern abend zusammen? Du glaubst doch nicht etwa im Ernst an diesen Quatsch mit Stimmen aus dem Jenseits?«
Was soll ich da sagen?
Und doch ahne ich – spüre ich mit jeder Faser meines Wesens, daß Freddy in Todesgefahr ist – und mit ihm viele andere ahnungslose
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