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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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sich em­por­schwan­gen – wun­der­ba­re schwarz­ge­fie­der­te Vö­gel –, lief ich wie­der ein­mal hin­ter der Büh­ne her­um. Auf der rech­ten Sei­te stan­den F.F. und John noch ge­nau­so da, wie ich sie ver­las­sen hat­te, be­we­gungs­lo­se Sche­men, er­starrt und ge­fes­selt.
    Mo­ni­ca hat­te sich von dem Schalt­pult ent­fernt und stand jetzt, ein we­nig ge­bückt, na­he dem Schein­wer­fer, der ein dif­fu­ses blau­es Licht auf den Vor­hang warf.
    Ich ging zu ihr hin­über, als der Geist ge­ra­de von der Büh­ne ab­trat und sich rück­wärts ent­lang des Licht­ke­gels be­weg­te, oh­ne in ihn hin­ein­zu­tre­ten, sei­ne letz­ten Wor­te spre­chend, die noch schreck­li­cher und ein­sa­mer klan­gen, als ich sie je­mals zu­vor ge­hört hat­te:
    »… Le­be wohl mit eins:
    Der Glüh­wurm zeigt, daß sich die Frü­he naht,
    Und sein un­wirk­sam Feu­er be­ginnt zu blas­sen.
    Ade! Ade! Ade! Ge­den­ke mein!«
    Es ver­gin­gen ein, zwei Se­kun­den, ehe im glei­chen Au­gen­blick an zwei ver­schie­de­nen Stel­len Lärm aus­brach: Mo­ni­ca schrie gel­lend auf, wäh­rend gleich­zei­tig im Par­kett und auf den Rän­gen don­nern­der Ap­plaus los­bran­de­te, an­ge­heizt von Gu­thries Leu­ten, aber dies­mal das gan­ze Pu­bli­kum mit­rei­ßend. Mei­ner Mei­nung nach war es der größ­te Bei­fall, den der Geist in der gan­zen Thea­ter­ge­schich­te je­mals be­kom­men hat. In der Tat war mir vor­her nie zu Oh­ren ge­kom­men, daß sich sei­net­we­gen ex­tra ei­ne Hand ge­rührt hät­te. Es war si­cher die un­pas­sends­te Stel­le zum Klat­schen, wenn ich auch zu­ge­be, daß die Vor­stel­lung den Bei­fall durch­aus ver­dient hat. Aber die At­mo­sphä­re war zer­stört, und der an­hal­ten­de Ap­plaus nahm der Sze­ne viel von ih­rem be­droh­li­chen Cha­rak­ter.
    Mo­ni­cas Schrei er­stick­te in den Bei­falls­wo­gen, so daß nur ich und ei­ni­ge an­de­re aus der Trup­pe ihn hö­ren konn­ten.
    Zu­erst dach­te ich, ich selbst sei die Ur­sa­che für den Schrei ge­we­sen, weil ich sie ganz plötz­lich, wie zu­vor Gu­thrie, von hin­ten an­ge­faßt hat­te. Aber an­statt zu er­schre­cken, dreh­te sie sich um und klam­mer­te sich an mich. Ger­tru­de Grain­ger und Sy­bil Ja­me­son nah­men sich ih­rer für­sorg­lich an und ver­such­ten sie zu be­ru­hi­gen.
    Der Bei­fall war ab­ge­klun­gen. Der Prin­zi­pal, Don und Joe ta­ten ihr Bes­tes, um die Si­tua­ti­on zu ret­ten, wäh­rend aus den Schein­wer­fern ein ro­sa­ro­ter Licht­schein auf die Büh­ne fiel: Die Däm­me­rung brach über Hel­sin­gör her­ein. Schließ­lich be­herrsch­te sich Mo­ni­ca und er­zähl­te uns in has­tig her­vor­ge­sto­ße­nen Wor­ten, was sie zum Schrei­en ge­bracht hat­te. Der Geist, sag­te sie, sei für einen kur­z­en Au­gen­blick an den Rand des blau­en Licht­ke­gels ge­tre­ten, und da­bei hät­te sie durch sei­nen Schlei­er ein Ge­sicht ge­se­hen, das dem Ge­sicht Sha­ke­s­pea­res aufs Haar glich. Ja, so sei es ge­we­sen. Spä­ter ge­riet ih­re Si­cher­heit et­was ins Wan­ken, aber als sie uns das er­zähl­te, war sie noch ab­so lut si­cher, daß sie Sha­ke­s­pea­re höchst­per­sön­lich und nie­mand an­de­ren ge­se­hen ha­be.
    Ich mach­te die Er­fah­rung, daß man nicht ent­setzt auf­schreit oder sich nach au­ßen hin be­son­ders ex­al­tiert be­nimmt, wenn man so et­was hört. Es bringt einen eher zum Schwei­gen. Aber ich fühl­te mich ziem­lich elend, wäh­rend gleich­zei­tig mei­ne Ver­är­ge­rung we­gen des Oui ja-Bret­tes wie­der wuchs. In der Tat war ich zu­tiefst er­regt und oben­drein ver­dros­sen und ge­reizt, so als hät­te ei­ne rie­sen­wüch­si­ge Krea­tur die Spiel­zeug­welt mei­nes Uni­ver­sums in Un­ord­nung ge­bracht.
    Sy­bil und Ger­tru­de schi­en es ge­nau­so zu er­ge­hen. Wir wa­ren we­gen die­ser gan­zen Sa­che al­le sehr be­stürzt, und auch Mo­ni­ca war auf ih­re Wei­se ein­ge­schüch­tert. Gleich wür­de der Vor­hang nach je­ner Sze­ne fal­len, mit der der ers­te Akt en­det. Dann wür­den auch die Büh­nen­lich­ter auf­leuch­ten.
    Als der Vor­hang schließ­lich fiel – mit ei­ner wei­te­ren Run­de Ap­plaus von jen­seits der Ram­pe – und wir über die Büh­ne

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